Microsofts Yahoo-Angebot gilt als Kriegserklärung gegenüber Google

Google: Microsoft will mit Yahoo-Kauf auch das Web monopolisieren

3. Februar 2008, 23:41 Uhr |

Microsofts feindliches Angebot, Yahoo für 44,6 Milliarden Euro zu übernehmen, hat weltweit viel Resonanz ausgelöst. Die meisten US-Analysten und Kommentatoren sehen einen solchen Schritt als positiv. Doch Google hat bereits kartellrechtliche Beschwerden angekündigt und wirft Microsoft " einen monopolistischen Griff auf das Internet" vor. Das Angebot von Microsoft an Yahoo kommt einer Kriegserklärung gegenüber Google gleich. "Dieser Schritt beweist, wie ernst Microsoft die Google-Konkurrenz nimmt", so Harvard-Professor David Yoffie. Vor allem die Ausmaße des Deals überraschen ihn: "Microsoft hat schon viele Konkurrenzbedrohungen in den vergangenen Jahren erlebt, aber noch keine in der Größe, Stärke und Profitabilität wie jetzt durch Google."

Der Brief von Microsofts CEO Steve Ballmer an das Yahoo-Board beendete eine nahezu einjährige
Verhandlungsphase, in der beide Unternehmen hinter verschlossenen Türen versuchten, eine gütliche
Übernahmeeinigung zu erzielen. Doch jetzt versucht Microsoft mithilfe der Aktionäre, eine solche
Übernahme zu erzwingen. Deren Zustimmung wollen die Redmonder mit einem Superpreis erreichen. So
liegt das gegenwärtige Angebot bei 62 Prozent über dem Yahoo-Schlusskurs vom Donnerstag, dem Vortag
der Microsoft-Offerte.

Doch Wall Street traut dem Angebot noch nicht über dem Weg. Normalerweise steigt der Kurs nach
solchen feindlichen Übernahmeangeboten über den Angebotswert hinaus, da die Investoren davon
ausgehen, dass das noch nicht das letzte Wort ist. Doch der Yahoo-Kurs stieg am Freitag nur um 48
Prozent, was einen Marktwert von nur 37,9 Milliarden Dollar entspricht, also rund sieben Milliarden
weniger als das Microsoft-Angebot.

Einer der Gründe für die Zurückhaltung der Investoren sind die damit verbundenen
Kartellverfahren in Europa und den USA. So wird Google alles daran setzen, dass eine solche
Übernahme nicht zustande kommt. Schon am vergangenen Sonntag schrieb Googles Vice President David
Drummond in einem Blog, dass "Microsoft im Bereich des Internets offensichtlich die gleiche
monopolistische Herrschaft anstrebt, wie sie es bei den PCs bereits geschafft haben". Dabei weist
Drummond darauf hin, dass eine Kombination Yahoo-Microsoft einen überwältigenden Marktanteil bei
Instant Messaging (IM) und E-Mail besäße. Drummond behauptet, dass Microsoft jetzt "einen
monopolistischen Griff auf das Internet" gestartet habe und dass der Suchgigant alles daran setzen
werde, diese Übernahme "im Interesse eines freien Internets" zu verhindern. Später am Abend
widersprach Microsoft-Anwalt Brad Smith dieser Darstellung: "Es ist Google, die eine
marktbeherrschende Stellung beim bezahlten Suchen einnimmt, nur eine Fusion von Yahoo und Microsoft
kann diesem Monopol ernsthaft entgegentreten."

Auch die meisten Analysten halten Googles Argument mit dem IM- und E-Mail-Monopol für nicht
stichhaltig, da das Addieren der jetzigen Marktanteile nicht zulässig sei. "Es gibt sehr viel
Überlappung zwischen Microsoft und Yahoo, das wird vor allem eine Reihe an schmerzlichen
Konsolidierungen bedeuten", sagt William Mahnic von der Case Western University. Außer bei IM und
E-Mail sieht er auch noch Überlappungen beim Webportal, der Suchmaschine, den Landkarten und
verschiedenen Content-Diensten. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass all diese Bereiche weiterhin
parallel betrieben werden", meint Mahnic. Allerdings gehen die meisten Analysten davon aus, dass
das Zusammenfügen über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen wird. "Eine Hauruckaktion würde
möglicherweise zu viele Anwender verprellen und sie in die Arme von Google treiben – also genau den
gegenteiligen Effekt des geplanten Mergers auslösen", so Yankee-Analyst Daniel Taylor.

Einige Analysten spekulieren sogar, dass Google ein besseres Angebot vorlegen und Microsoft
damit erheblich unter Druck bringen könnte. Citigroup-Analyst Mark Mahaney meint, dass die
Synergien zwischen Yahoo und Google wesentlich größer wären als mit Microsoft. "Alles, was Yahoo
fehlt, ist Googles Search-Engine, wenn Yahoo auf Googles Suchfunktion zugreifen könnte, würden
deren Traffic und deren Werbeerlöse schlagartig ansteigen".

Diese Spekulation erhielt noch dadurch Auftrieb, dass sich auch bei Yahoo viele Top-Manager für
eine Kooperation mit Google ausgesprochen haben sollen. Diese befürchten bei einer Fusion mit
Microsoft eine Art Tanz mit dem Bären. Mit den Worten "Microsoft versucht die selbe Strategie wie
damals mit Netscape und Internet-Explorer; sie wollen nur die Konkurrenz ausschalten und dann alles
selbst machen", werden in den US-Medien anonyme Yahoo-Mitarbeiter zitiert.

Laut der Webtraffic-Agentur Comscore betrugen die Search-Anteile im Dezember 58,6 Prozent für
Google, 22,4 Prozent für Yahoo und 9,8 Prozent für Microsoft – wobei die Werte für Google
kontinuierlich ansteigen und die für Yahoo und Microsoft stetig fallen. "Das Anzeigengeschäft in
diesem Business basiert auf einer leistungsfähigen Suchfunktion, und was das angeht, ist der
Zusammenschluss von Yahoo und Microsoft etwa so, als würde man zwei Kranke ins Bett legen und dann
hoffen, dass ein Gesunder aufsteht", so Mahaney über die geplante Fusion.

Diese Ansicht ist weit verbreitet, obwohl verschiedene Suchmaschinentests ergeben haben, dass
Yahoo seine Technik in der jüngsten Vergangenheit erheblich verbessert hat. "Yahoo hat die
Techniklücke bei der Suche schon längst geschlossen, aber es wird wohl noch Jahre dauern, bis sich
das bei den Anwendern herumgesprochen hat", meint Lou Galambos von der Johns Hopkins University.
Seiner Ansicht nach könnte Microsoft mit seiner immensen Marketing-Maschine hierzu einen wichtigen
Beitrag leisten.

Harald Weiss/wg


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