Als Erweiterung für KVM, Audio und USB-Peripheriegeräte will Black Box seinen "Serv Switch DTX" verstanden wissen. Im Vordergrund stehen die Echtzeitfähigkeit und unbeschränkte Entfernungsoptionen. Das Konzept hinter der dazu genutzen Technik kann als Beispiel für eine verstärkte Ausrichtung der Branche in Richtung Highend-Grafik und -Audio dienen.
Wer kennt sie nicht, die Probleme der Erweiterbarkeit proprietärer KVM-Kreuzschienen? Es gibt
sie meist in Bauformen angefangen bei zwei, vier, acht bis hin zu 16 oder 32 simultanen
Konsolenarbeitsplätzen. Will man darüber hinaus erweitern, stößt man allerdings bald an Grenzen und
bekommt oft zu hören, dass es zwar auf Rechnerseite kein Problem sei, konsolenseitig jedoch keine
Möglichkeit zum Wachsen mehr bestehe. Auch in puncto Videosignalqualität unterliegen diese – meist
auf strukturierter Verkabelung basierenden (CATx) und analog übertragenden – Systeme den bekannten
Gesetzmäßigkeiten der Physik. Insbesondere die Dämpfung und die relativ geringe (analoge)
Bandbreite bei gleichzeitiger Störanfälligkeit (etwa Bildrauschen oder Schlierenbildung) stehen den
immer wachsenden Anforderungen für höhere Bildschirmauflösungen bei größeren Übertragungsstrecken
gegenüber.
Zunehmend bereitet besonders im deutschsprachigen Raum die Verwendung von Kategorie 7, also
PiMF-Kabel (Pair in Metal Foil), diesen analogen Übertragungssystemen Probleme. Abgesehen von den
vermeintlichen Defiziten bei der Videosignalübertragung über größere Distanzen erlauben die
internen Integritätsprotokolle der analogen Umschalter meist nur maximale Reichweiten von 300 Meter
von der Quelle bis zur Senke. Diese Schwachstellen zu umgehen stellt nicht nur technisch eine
interessante Herausforderung dar, sondern sollte auch einen wirtschaftlichen Nutzen mit sich
bringen. Eine noch relativ unbekannte Lösung ist die KVM-Verlängerung und Umschaltung über TCP/IP:
Diese Technik wird den heutigen und zukünftigen Anforderungen an eine moderne und flexible
Infrastruktur in vielen Punkten gerecht.
Die Grundlage für diese Übertragungstechnik bildet TCP/IP. Das Besondere daran ist allerdings
die Tatsache, dass auf dieser Basis Algorithmen sowohl ein analoges (VGA) als auch digitales
(DVI-D) Computervideosignal gewissermaßen in Echtzeit von der Quelle bis zur Senke übertragen – und
dies ganz ohne jegliche Dämpfungsverluste. Latenzen oder einen langsamer Bildaufbau wie bei den
bisherigen KVM-over-IP-Systemen, die bereits seit Jahren im Servermanagement eingesetzt werden,
kennt diese neue Technik nicht. Eingesetzt wird diese Lösung daher auch weniger in der sporadischen
Administration havarierender Server.
Einige namhafte Hersteller haben Geräte entwickelt, die sich für kurze bis mittlere
Übertragungswege im LAN- bis Campus-Bereich eignen. Das hohe Tempo dieser Technik verlangt vor
allem nach Bandbreite und kurzen Round-Trip-Delays. Dies sprengt die bisherigen Grenzen der für
analoges VGA-Signal bekannten Möglichkeiten bei Weitem. Homogene Multi-User-Architekturen können
nun auch gebäudeübergreifend aufgebaut werden. Die Systemintegrität und Videosignalqualität bleiben
zudem gewahrt. Die Netzwerktechnik erlaubt es dabei gleichzeitig, Flaschenhälse zu vermeiden. Zudem
bietet sie über bewährte Verfahren wie zum Beispiel Spanning Tree, Rapid Spanning Tree und Trunking
ausreichende Redundanzoptionen.
Daraus ergibt sich eine Zahl von Anwendungsmöglichkeiten, die im Folgenden genauer aufgeführt
sind.
P2P-Verlängerung: Dient die KVM-Lösung als Extender, kann sie selbst bei einer klassischen
Punkt-zu-Punkt-Anwendung Auflösungen bis zu 1920 mal 1200 Punkten bei 60Hz und 24 Bit Farbtiefe und
60 fps (Frames pro Sekunde) garantieren. Die Dual-Head-Version schickt sogar zwei Signale dieser
Auflösung parallel über ein einziges Cat-Kabel und minimiert damit zudem die
Infrastrukturanforderung. Neben den beiden Videosignalen lassen sich Stereo-Audio-Signale in
CD-Qualität gewissermaßen frei Haus liefern. Für den Anschluss von USB-Geräten stehen
beispielsweise beim Serv-Switch-DTX noch zwei weitere Kanäle bereit. Zum einen werden
Speichermedien (Virtual Media) mit Geschwindigkeiten bis rund 12 MBit/s übertragen. Zum anderen
steht ein pseudotransparenter Kanal für den Anschluss eines USB-Smart-Card-Lesers, Grafik-Tabletts,
Scanners oder Printers zur Verfügung. Dies ist nicht alles nur über die maximale Segmentlänge von
100 Metern mit einer Eins-zu-eins-Verbindung möglich: Bei Verwendung von Ethernet-Switches oder
Medienkonvertern ist sogar ein Vielfaches dessen zu realisieren – und auch routebar, unabhängig
davon, ob die Übertragung über Kupfer oder Glasfaser läuft.
Dynamischer Extender: Ohne Verlust der vorab genannten Fähigkeiten lassen sich viele Geräte auch
als dynamischer Extender benutzen. Dann befinden sich mehrere Sende- und Empfangsgeräte im Netz.
Über einen ebenso an das Netzwerk angeschlossenen Steuer- und Authentifizierungsrechner lassen sich
User-Profile einrichten, die einem Nutzer mittels Login – und unabhängig von der verwendeten
Empfängereinheit – immer nur die Aufschaltung auf einen festen Rechner ermöglichen. Dies ist mit
einer Thin-Client-Architektur vergleichbar, in diesem Fall jedoch mit der Leistung einer
Highend-Grafik-Workstation versehen. So lassen sich beispielsweise Hochleistungsrechnersysteme mit
teurer Lizenzsoftware effizienter nutzen, und zwar ohne Wechseln des Arbeitsplatzes. Außerdem
geschieht dies ohne Lizenzrechtsverletzungen, da nur die externen Schnittstellen verlängert werden.
Zudem ist ein so genanntes Pooling (Gruppieren) von DTX-Sendeeinheiten einstellbar: Beispielsweise
kann ein CAD-Anwender immer den nächsten freien Rechner einer Gruppe aufgeschaltet bekommen und ist
somit nicht mehr von dem einen ihm zugewiesenen abhängig.
Die Multi-User-Lösung: Der Matrixmodus erweitert den dynamischen Extender-Modus. Einem
User-Profil ist nunmehr nicht nur ein Rechner zugeordnet, sondern eine beliebige Anzahl, die dann
mittels On-Screen-Menü selektiert und aufgeschaltet werden können. Bekannt ist dieser Vorgang aus
der analogen Multi-User-Matrixumschaltung, er umgeht allerdings deren Limitationen. Bei einem
Netzwerk-Switch spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Port-Eingang oder -Ausgang handelt.
Somit ist auch die Matrix nicht in Stufen eingeteilt wie heutige analoge Systeme. Im Gegenteil, sie
ist frei skalierbar und wächst in Einserinkrementen: Pro Rechner benötigt man einen DTX-Sender, pro
Konsole einen Empfänger; dazu jeweils einen Netzwerk-Port am (Gigabit-)Switch, und damit steht die
Erweiterung.
Abgesehen von der gleich bleibenden Videoqualität über die Distanz sowie den damit
einhergehenden Peripheriesignalen bietet die Netzwerktechnik auch gleich ein Mehrfaches an
Ausfallsicherheit. Sicher bleibt der Ausfall eines Netzwerk-Switches nie völlig ausgeschlossen,
aber klassische Flaschenhälse wie bei der auf Baumstruktur basierenden analogen KVM-Matrix sind dem
DTX unbekannt. Per LWL-Übertragungstechnik ist es auch möglich, gebäudeübergreifende Matrizen
aufzubauen, ohne die Homogenität des Matrixsystems zu verletzen.
Ein Steuerrechner, der den Matrixmodus wie auch den dynamischen Extender-Modus ermöglicht,
übernimmt die Aufgaben der Authentifizierung der zugreifenden Anwender. Weiterhin dient er zur
Administration des Gesamtsystems. Über ihn werden beispielsweise Updates zentral eingespeist und an
die Sende- und Empfangseinheiten verteilt. Während derzeit nur eine interne Authentifizierung
möglich ist, sollen externe Authentifizierungsprotokolle (zum Beispiel LDAP, LDAPS) in absehbarer
Zeit folgen und über Updates zur Verfügung stehen. Der Rechner loggt alle Ereignisse im
Gesamtsystem und macht sie dem Administrator auf Wunsch sichtbar.
Die Ausrichtung dieser neuen Geräte als Hochleistungsüberträger zeigt sich auch in den
Anforderungen an das Netzwerk. Der Bandbreitenbedarf richtet sich nach der zu übertragenden
Auflösung, aber auch nach der Applikation, die letztlich die Änderung des Bildinhalts und damit
das, was an Daten übertragen werden muss, bestimmt. Während sich bei digitalen 1280 mal 1024
Bildpunkten bei 60 Hz Wiederholrate die benötigte Bandbreite im normalen Office-Betrieb oder
Browsen im Mittel nicht über 6 MBit/s bewegt, verschlingt das Abspielen einer DVD mit Audio – also
kontinuierlichem Vollbildwechsel – im Extremfall schon mal 140 MBit/s. Gleiche Anwendungen bei 1920
mal 1200 bei 60Hz verdoppeln diese Werte.
Anders sieht dies bei der Einspeisung eines analogen VGA-Signals aus, das im Office-Betrieb
statt der bei DVI-D üblichen 6 MBit/s aufgrund von Signalrauschen 32 MBit/s benötigt. Für bewegte
Bilder ändern sich die Werte nicht, da ein Vollbildwechsel ohnehin das Maximum darstellt. Abgesehen
von der Bandbreite bevorzugt der Serv Switch DTX zum Beispiel Netzwerke mit RTDs (Round Trip
Delays) von weniger als 20 ms, was auch die oben genannten Einsatzgebiete im Wesentlichen auf LAN
oder Campusnetze beschränkt. Sollte der DTX im Matrixmodus laufen und dabei das gleichzeitige
Wiedergeben eines Videosignals auf mehreren Konsolen erforderlich sein (Sharing), sind
Multicast-fähige Switches nötig.
Die DTX-Übertragungstechnik ist vielfältig einsetzbar: Zum einem soll der DTX als flexible
Bedienkanalverlängerung den klassischen Extendern Paroli bieten, zum anderen den analogen
Umschaltmatrizen aufgrund der überlegenen Videoleistung und DVI-Unterstützung das Wasser abgraben.
Den Mehrwert durch die zusätzliche Übertragung der Peripheriesignale und die damit möglichen
Einsatzgebiete sind in den genannten Beispielen nicht einmal mit eingerechnet.