Mit dem explosionsartigen Wachstum der Bandbreite und dem zunehmenden Einsatz von Power over Ethernet (PoE) steigt auch die Verlustleistung in den Netzwerkschränken. Wo der Anwender bisher primär an Flexibilität und Komfort bei der Verkabelung interessiert war, sind nun auch die Kühlmöglichkeiten für die eingebaute Netzwerktechnik ein Auswahlkriterium für das Schranksystem. Wie bei Servern führt auch hier Überhitzung zu Ausfällen und Schäden an der Elektronik.
Mit der wachsenden Zahl an Endgeräten, die an die Datennetze der Unternehmen angeschlossen sind,
sowie der ständigen Zunahme breitbandiger Anwendungen steigt auch die Leistungsaufnahme und damit
die Verlustleistung der aktiven Netzwerktechnik. Um den Bandbreitenhunger eines Großraumbüros zu
stillen, sind mittlerweile auch auf der Etage leistungsfähige Switches nötig. Wo bis vor Kurzem
noch Verkabelungskomponenten für 10 bis 100 MBit/s eingesetzt wurden, findet man jetzt Komponenten,
die sich für Bandbreiten bis 10 und 40 GBit/s eignen und eine entsprechend leistungsfähige
Elektronik benötigen. Neben der lokalen Verteilung der Daten übernimmt die Netzwerktechnik dabei
oft zusätzlich die Stromversorgung der Endgeräte. Denn mehr und mehr Endgeräte wie IP-Telefone,
-Kameras und WLAN-Access-Points beziehen ihren Betriebsstrom über die Datenleitungen. So nehmen
selbst kleinere Switches für Büroumgebungen mit 24 Ports schnell über 100 Watt Leistung auf. Dafür
ist zum einen die Bandbreite verantwortlich, vor allem aber die Stromversorgung über das LAN (Power
over Ethernet: PoE). Sie erleichtert zwar die Verkabelung der Endgeräte, dafür muss aber die
Netzwerktechnik die für ihren Betrieb nötige Leistung liefern. Laut IEEE-Standard sind das derzeit
bis zu 15,4 Watt pro Port – bei 24 Ports also knapp 370 Watt. Somit steigt die Leistungsaufnahme
und damit auch die Verlustleistung der Netzwerktechnik drastisch an. Der Trend zu "High Density
Networking", also zu hohen Port-Dichten, erhöht überdies die Leistungsdichte in den
Netzwerkschränken. Auf Kupferbasis sind theoretisch über 1.000 Ports pro Schrank möglich. Soweit
wird heute wahrscheinlich kaum ein IT-Verantwortlicher gehen, aber die Zahl zeigt, welche
Dimensionen die Leistungsaufnahme in der Netzwerktechnik erreichen kann.
Hohe Port-Dichten in Netzwerkschränken treten häufig auch in Rechenzentren (RZs) auf, in denen
auf enger und teurer Fläche hochleistungsfähige Switches betrieben werden. Während RZs über
leistungsfähige Klimatisierungslösungen verfügen, um die Verlustleistungen abzuführen, entsteht in
Büroumgebungen jedoch ein Problem: Die Etagenverteiler, in denen die Netzwerktechnik für die
Endgeräte integriert ist und wo die PoE-Leitungen zusammenlaufen, stehen selten in ausreichend
klimatisierten Umgebungen. So kommt es bei den aktiven Systemen schnell zu Hitzeproblemen, was ihre
Verfügbarkeit und Lebensdauer reduziert. Diese sinkt bei einem Anstieg der Betriebstemperatur um
zehn Kelvin über den zulässigen Wert auf die Hälfte.
Für Administratoren bedeutet dies, dass bei der Anschaffung und Aufstellung von
Netzwerkschränken vermehrt auch die Klimatisierung eine Rolle spielt. Dabei haben sie die Wahl
zwischen aktiver und passiver Klimatisierung. Bei letzterer bestimmen die freiliegende Oberfläche
des Netzwerkschranks, sein Material und die Bauweise die Menge an Verlustwärme, die er abführen
kann. Das physikalische Prinzip dahinter nennt sich Eigenkonvektion. Entscheidet sich ein
Administrator für eine passive Klimatisierung, sollte der Schrank daher möglichst frei aufgestellt
werden. Damit er die Wärme optimal "abatmen" kann, ist der Aufbau des Schranks entscheidend.
Rack-Systeme für die passive Klimatisierung verfügen zum Beispiel über abgesetzte Dachbleche und
Entlüftungsaufsätze, um die Wärmeabgabe zu optimieren. Limitierender Faktor bleibt aber die
Umgebungstemperatur. Eigenkonvektion funktioniert nur, solange die Temperatur außerhalb des
Schranks unter der im Inneren liegt. Doch gerade in Büroumgebungen und vor allem im Sommer ist das
nicht immer der Fall.
Deshalb kommen dann aktiv klimatisierte Schränke mit Lüftern zum Einsatz. Die Lüfter optimieren
und beschleunigen die Luftzirkulation und verbessern so die thermischen Eigenschaften des Systems.
Leise laufende Dachlüfter beispielsweise saugen die warme Abluft direkt aus dem Schrank. Innen- und
Einschublüfter sorgen dafür, dass sich keine Wärmenester im Schrank bilden können. Im Rechenzentrum
unterstützen Luftleitelemente – die so genannte vertikale Luftschottung – den Kaltluftverlauf aus
dem Doppelboden an die jeweilige Geräteseite leistungsfähiger Switches, die üblicherweise mit
seitlicher Kühlung arbeiten. Dadurch werden Vermischungen von kalter und warmer Luft sowie
Luftkurzschlüsse vermieden. Außerdem ermöglicht die größere Temperaturdifferenz zwischen Zu- und
Abluft eine effizientere Kühlung. In Umgebungen mit erhöhten Temperaturen beziehungsweise feuchten
oder staubigen Einsatzbedingungen können die Netzwerkschränke mit einem Dachkühlgerät ausgerüstet
werden, das die kalte Luft direkt vor die 19-Zoll-Ebene bläst.
Mit den Möglichkeiten aktiver Klimatisierung lassen sich selbst große Verlustleistungen pro
Schrank bewältigen. In Zukunft werden jedoch noch leistungsfähigere Netzwerksysteme Verbreitung
finden. Ciscos Enhanced Power over Ethernet ermöglicht schon heute bis zu 20 Watt pro Port. Mit
zukünftigen PoE-Standards sollen es bis zu 50 Watt werden. Spätestens dann führt an aktiver
Klimatisierung in Netzwerkschränken kein Weg mehr vorbei.
Da es sich von der Entwicklung bis zum flächendeckenden Einsatz um einen evolutionären Prozess
handelt, treten auch die Probleme, die sich daraus ergeben, oftmals schleichend auf:
Netzwerksysteme sind für eine Lebensdauer von zehn bis 15 Jahren geplant, deshalb ist es bei einer
aktuellen Anschaffung durchaus sinnvoll, auch das Thema Klimatisierung in die Betrachtung mit
einzubeziehen.
In diesem Fall kann es durchaus sinnvoll sein, sich nicht allein auf sich selbst zu verlassen:
Helfen kann dabei ein externer Berater, der über das nötige Klimatisierungs-Know-how verfügt und
mit einem ganzheitlichen Ansatz an die sichere Unterbringung der Netzwerktechnik herangeht. Dabei
werden dann auch weiterführende Anforderungen wie Energieeffizienz und Schalldämmung im Büroumfeld
berücksichtigt.