Nicht alle neuen Features für Keyboard/Video/Maus-Umschalter (KVM-Switches), die derzeit lautstark vermarktet werden, bringen dem IT-Administrator einen Mehrwert. Oft sind diese für spezielle Zielgruppen konzipiert. Wer KVM-Switches zur Server-Überwachung einsetzt, will dass die Systeme an aktuelle Anforerungen anpassbar sind und bei möglichst wenig Platzbedarf größtmöglichen Komfort bieten.
Der KVM-Switch-Markt teilt sich in die beiden Segmente Desktop- und Server-KVMs mit jeweils anderen Schwerpunkten, Zielsetzungen und Anforderungen. Im Desktop-Bereich werden in der Regel zwei bis vier Rechner an einen KVM-Switch angeschlossen. Hier hat die USB-Schnittstelle bereits die traditionelle PS/2-Schnittstelle für Maus und Tastatur überholt. In dieser Geräte-Klasse verlangen die Anwender nach Eigenschaften wie USB-2.0-High-Speed-Geräte-Sharing, Audio-Switching und zunehmend nach digitaler DVI- und HDMI-Monitor- und TV-Unterstützung. Ebenfalls im Kommen sind hier Multi-Head-Grafik-KVM-Switches für mehrere Monitore pro Rechner. Dabei handelt es sich meist um lokale Lösungen, bei denen der Rechner nahe am KVM-Switch steht.
Im Server-Segment dagegen hat die USB- die PS/2-Schnittstelle noch längst nicht eingeholt. Digitale DVI-Grafik und Audiounterstützung fordern Administratoren meist nur, wenn sie im Multimediabereich arbeiten.
Systemadministratoren sitzen nur im Ausnahmefall und bei Wartungsarbeiten direkt an einer lokalen Konsole am KVM-Switch im Server-Raum. Meist wollen sie bei der täglichen Arbeit komfortabel und schnell auf alle im Server-Raum angeschlossenen Rechner von einem Standard-Arbeitsplatz aus zugreifen. Befindet sich dieser Büroarbeitsplatz nicht gleich neben dem Server-Raum, werden Extender-Systeme unverzichtbar. Hierzu gibt es eine breite Spanne von Lösungen.
Will der Administrator von seinem Arbeitsplatz aus auch auf Server an anderen Standorten zugreifen oder ein IT-Dienstleister remote auf die Server seiner Kunden, bieten sich KVM-over-IP-Lösungen an, die man auch Digitale KVM-Switches nennt. Ein KVM-over-IP-Access läuft als sicher verschlüsselter Datenverkehr über das Internet. Da hierbei große Datenmengen in Form von Bildinhalten über das Web transportiert werden, ist eine möglichst breitbandige Anbindung schon fast ein Muss. Bei diesen Zugriffen wird in der Regel mit einem Doppelcursor gearbeitet. Der Administrator öffnet den Bildschirm des Remote-Servers auf seinem Arbeitsplatzrechner entweder in einem Fenster oder im Full-Screen-Modus. Er hat dann weiterhin den Cursor seines lokalen Arbeitsplatzrechners vor sich auf dem Bildschirm und sieht einen zweiten anders gestalteten (zum Beispiel als Fadenkreuz), der seinem lokalen Cursor grundsätzlich etwas hinterherhinkt. Dieser entspricht dem Mauscursor auf dem Remote-Server. Je breitbandiger die Verbindung ist, desto geringer ist die Latenz und auch der Abstand zwischen den abgebildeten Cursorn. Die Verzögerungen ergeben sich aus der Bandbreite der Verbindung sowie aus der Leistungsfähigkeit des KVM-over-IP-Access-Switches. Je effizienter dieser die Bilddaten komprimieren und senden kann, je besser er die Komprimierung an die zur Verfügung stehenden Verbindungen anpassen kann und je schneller dieses System arbeitet, desto geringer ist die Verzögerung. Gute Systeme können auf schnellen Verbindungen sogar Videomaterial übertragen. Allerdings ganz ohne Verzögerungen läuft ein KVM-over-IP-System nie.
Diese Verzögerung ist einer der Hauptgründe, warum viele erfahrene Administratoren nach wie vor gerne Kategorie-5-Extendersysteme einsetzen. Hier werden die Signale in Echtzeit von einem Kategorie-5-Transmitter über ein dediziertes Kategorie-5-Kabel gesendet und von einem Kategorie-5-Receiver wieder in reguläre VGA-, USB-, PS/2- und Audiosignale für eine traditionelle Konsole zurückgewandelt. Gute Standardsysteme überbrücken hier bis zu 300 Meter auch bei hohen Auflösungen von 1600×1200 Pixeln und ermöglichen darüber hinaus den Anschluss eines lokalen Arbeitsplatzrechners an der Remote-Konsole. Somit arbeitet der Administrator wahlweise auf seinem Arbeitsplatzrechner oder remote in Echtzeit auf dem Remote-Server.
Im Einstiegsbereich für Server-KVM-Switches spielt Remote Access kaum eine Rolle. Hier werden an den einfachsten KVM-Switch bis zu acht Server eines kleinen IT-Raumes angeschlossen. Es gibt durchaus noch KVM-Switches ohne OSD (On Screen Display), die den gerade im Zugriff befindlichen Server lediglich über eine LED an der Frontseite des KVM-Switches signalisieren. Sobald die Anforderungen und die Anzahl der Server aber wachsen, werden diese einfachen Systeme unübersichtlich. Die Vielfalt der Kundenwünsche und der Produktoptionen nimmt zu. Um hier nicht dem Kunden eine unüberschaubare Modellvielfalt zuzumuten, und um auch Systeme anbieten zu können, die mit den Anforderungen wachsen und nachträglich aufgerüstet werden können, bieten einige Hersteller modulare KVM-Lösungen an.
So lassen sich 8- oder 16-Port-KVM-Switches oft mit einem KVM-over IP- oder einem Kategorie-5-Extender-Modul erweitern. Viele der Lösungen unterstützen sowohl PS/2- als auch USB-Anschlüsse. Oft sind diese modularen Lösungen kaskadierbar oder alternativ für digitale KVM-Cluster geeignet, bei denen die Administratoren per KVM overIP auf die einzelnen KVM-Switches zugreifen. Bei Lindy beispielsweise wird heute etwa die Hälfte der verkauften modualen KVM-Switches mit einem KVM-over IP-Access-Modul ausgerüstet. Dank der Zuwachsraten können diese KVM-over-IP-Lösungen immer günstiger angeboten werden. Sie werden bereits zum etwa gleichen Preis verkauft wie ein 16-Port-KVM-Switch.
Der Trend geht weg von den Stand-Alone-Geräten, bei denen ein KVM-over-IP-Access-Switch einem KVM-Switch oder einer bereits existierenden KVM-Installation zur Seite gestellt wird. Der Trend geht ebenfalls weg von einzeln zusammengestellten KVM-Geräten. Er geht hin zu voll integrierten modularen Komplettlösungen. Diese 19-Zoll-Bedienkonsolen mit KVM-Switch, LCD-Bildschirm, Touchpad und Tastatur passen in einen 1-HE-19-Zoll-Einschub. Das ist platzsparend, energieeffizient und wird über ein einziges Netzteil betrieben. Die Geräte sind modular erweiterbar und damit an künftige Anforderungen anpassbar.
Im Moment scheint der technologische Motor von der Seite der kontinuierlich steigenden Anforderungen in diesem Segment in etwas ruhigeres Fahrwasser gekommen zu sein. Zurzeit stehen die Konsolidierung und der Ausbau bestehender Lösungen auf der To-do-Liste. Anwender passen ihre KVM-Installationen an aktuelle Anforderungen an, konsolidieren sie und rücken sie auf ein stabiles Fundament.
Die Hersteller optimieren die KVM-Asics, integrieren immer mehr Bauteile auf den Platinen in die Asics hinein und eröffnen so neue Kostensenkungspotenziale. Die Digitalisierung des KVM-Segments wird zunehmen, aber es wird noch lange dauern, bis One KVM per Server in wirtschaftliche Nähe rückt.