Immer trägt jemand anderes Schuld: Die Verteilung der Risiken zwischen Kunden und Lieferanten ist ein steter Quell des Ärgers. Bei Anwendern herrscht oft die Einstellung vor, dass der Dienstleister grundsätzlich eine größere Verantwortung (Schuld) trägt als die IT-Abteilung, die zuvor mit der Aufgabe betraut war. Das kann unter Umständen korrekt sein, doch berechtigt es nicht zu der Überzeugung, dass der Service-Provider stets allein an allem Schuld ist. Das Risiko lässt sich nicht vollständig auslagern. Auch sollte man wissen, dass bei jeder Leistung Fehler gemacht werden. Der Vertrag soll nicht dazu dienen, unrealistische Regressforderungen durchzusetzen, sondern beiden Seiten einen Weg aufzeigen, wie im Falle eines Problems gehandelt wird. Ziel muss es sein, Herausforderungen gemeinsam zu meistern, ohne auf dem alten Grundsatz zu beharren: Partnerschaft – der Partner schafft.
Nach mir die Sintflut: "Ist die Arbeit erst einmal in Indien, hat der Auftraggeber damit nichts mehr zu schaffen. Verantwortung und Kontrolle werden ausschließlich auf den neuen Partner übertragen, der sich um den Prozessablauf und seine Optimierung kümmern darf. Dafür gibt es gutes Geld." Hier kommt ein gutes Argument gegen Outsourcing zum Tragen: "Ich möchte meine Prozesskompetenz nicht vollständig aus der Hand geben." Eben dieses gilt es auf jeden Fall zu vermeiden. Wer die Zügel schleifen lässt, muss sich nicht wundern, wenn die Pferde (des Dienstleisters) eines Tages die Richtung vorgeben. Auftraggeber müssen sich die Frage stellen, ob sie ihren Mitarbeitern vergleichbare Rechte und Freiräume einräumen würden, wenn die Aufgabe noch von der eigenen IT-Organisation geleistet wird. Eine ausgelagerte Tätigkeit sollte ebenso wenig "aus den Augen, aus dem Sinn" sein wie ein interner Job.
Fast immer ist bereits das erste Outsourcing-Vorhaben von überwältigendem Erfolg gekrönt. Dieser Erfolg lässt sich objektiv als den Lernerfolg bezeichnen. Anwender und ihre Kontaktpersonen lernen, miteinander zu kommunizieren, sich gegenseitig zu koordinieren und Fehler zu erkennen. Diese Erkenntnisse lassen sich dann für den zweiten, dritten oder vierten Outsourcing-Vertrag nutzen. Wer nach ersten negativen Erfahrungen die Flinte ins Korn wirft und zu einem Verfechter des Insourcings wird, für den hat sich das Experiment in der Tat nicht gelohnt. Je mehr Erfahrung ein Unternehmen mit dem Outsourcing hat, desto größer ist die Chance auf einen Erfolg!