Die Anforderungen an die Netzwerke im Datacenter unterliegen auch unter Konvergenz-Aspekten einem drastischen Wandel. Die Konvergenz in diesem Bereich erfordert folgende Funktionen:
Anbindung der Server an das Netzwerk: Die Netzwerkhersteller wetteifern inzwischen um den Markt der Server-zu-Netzwerk-Anbindungen und stellen mehrere Möglichkeiten zur schnellen Konfiguration der Komponenten und zur Vereinfachung des Betriebs an. Beispiele hierfür sind Virtual-Connect von HP, Nexus-2100-Fabric-Extender und UCS-2100 von Cisco sowie Fabric -Interconnect 1860 von Brocade. Diese Produkte arbeiten als so genannte „Network Interconnect Controller“ zur zentralen Verwaltung der Netzwerk-Policies und der Managementfunktionen. Einige Hersteller haben auch eine Server/Network-Interconnect-Intelligenz in ihre Access-Switches integriert. Der Nexus-5000 von Cisco stellt mit seinen „Unified Ports“ folgende Technologien auf den Software-konfigurierbaren Ports zur Verfügung: 1-GBit/s-, 10-GBit/s-Ethernet, FCoE oder nativer Fibre-Channel. Juniper bietet inzwischen eine ähnliche Funktionalität mit seinen QFX3500-Produkten.
Konvergenz im Storage-Bereich: Die meisten Anbieter unterstützen inzwischen das IEEE-Data-Center-Bridging (DCB) oder planen dessen Integration. Das DCB entsprang dem Projekt „Converged Enhanced Ethernet (CEE)“. Die DCB-Initiative dient der Verbesserung des Standard-Ethernets und soll den verlustfreien Transport von Speicherdaten gewährleisten. DCB baut auf folgenden vier Mechanismen auf:
Auf Basis von DCB ist das Ethernet erstmals in der Lage, das Verhalten eines Storage-Kanals zu emulieren und ermöglicht so eine breitere Adaption der Storage-Protokolle FCoE und iSCSI im Rechenzentrum. Bis heute befasst sich die Konvergenz im Storage-Bereich hauptsächlich mit der Vereinfachung des Server-I/Os und der Kostensenkung. Cisco ist inzwischen der erste Anbieter der den Storage-Bereich vollständig für das Ethernet öffnen will. Mit der jüngsten Nexus-7000-Ankündigung überwindet Cisco erstmals die 1-Hop-Grenze der Storage-Netze und ist in der Lage, Multi-Hop-FCoEs auf einer Ende-zu-Ende-Basis zu realisieren. Es ist zu erwarten, dass die anderen Hersteller in Kürze mit ähnlichen Ankündigungen folgen werden.
Erweiterbarkeit der Netzwerke: Netzwerke werden immer flexibler und lassen sich inzwischen dynamisch an die jeweilige Business-Logik anpassen. Extreme Networks bietet hierzu eine XML-Schnittstelle in den Switches an. Juniper Networks öffnet seine Junos-APIs für die Entwickler von Drittanbietern. Viele andere Anbieter arbeiten an der Realisierung von Software-Defined-Networks (sdns). Darüber hinaus soll ein kommender Standard namens „OpenFlow“ die Netzsteuerung von dem physischen Netzwerk entkoppeln.
Phase 2: Konvergente Datacenter-Fabrics
Die konsolidierten Netzwerkarchitekturen im Datacenter werden zukünftig nur noch auf zwei Hierarchiestufen mit ge-clusterten Switches aufgebaut. Dennoch wird die Nachfrage nach L2-Datacenter-Netzwerken weiterhin ansteigen. Der Motor hierfür sind die VM-Mobilität, die Echtzeitanwendungen und das Cloud-Computing. Die Weiterentwicklung der Datacenter-Netzwerke wird über folgende Bereiche erfolgen:
Flache Datacenter-Fabric-Architekturen: Im Vorgriff auf die neuen Anforderungen im Datacenter haben viele Netzanbieter bereits ihre Datacenter-Fabric-Architekturen angekündigt. Das gemeinsame Merkmal dieser Architekturen besteht darin, dass diese den Aufbau großer und vor allem „flacher“ (any-to-any) und nicht-blo-ckierender L2-Netzstrukturen ermöglichen.
Die Marktexperten erwarten, dass Standards „Shortest Path Bridging“ (SPB) der IEEE und „Transparent Interconnection of Lots of Links“ (TRILL) der IETF bis zum kommenden Jahr ratifiziert werden. Die Netzwerkanbieter planen bereits die schnellen standardkonformen Anpassungen ihrer Produkte (in Form von Software-Upgrades beziehungsweise neuen ASICs).
Vollständig konvergenter Netzwerktransport: Die Realisierung eines vollständig konvergenten Datentransports im Datacenter wird noch bis zum Jahr 2013 auf sich warten lassen. Hierfür werden folgende Funktionen erwartet:
Storage-Verkehr über Ethernet: In den kommenden zwei Jahren werden viele Netzwerkanbieter ihre Angebote um Multi-Hop-, Ende-zu-Ende-FCoE-Funktionen ergänzen. Dieser Trend wird durch stetig sinkende Preise für Ethernet-Switches unterstützt. Aus diesem Grund werden viele Unternehmen eine mittelfristige Migrationsstrategie, vom Fibre-Channel weg hin zu Ethernet-Lösungen im Storage-Bereich verfolgen. Diese Migration wird nicht einfach werden, da mit der Migration auch organisatorische Veränderungen (Umgang mit sensiblen Daten) einhergehen werden. Durch preiswerte flache L2-Netzstrukturen werden sich die Unternehmen vom Fibre-Channel (FC) und vom FCoE abwenden und verstärkt auf Lösungen aus den Bereichen iSCSI und ATA over Ethernet (AoE) setzen.
Server-zu-Server-Netze: Infiniband wird oft für das High-Performance-Computing (HPC) zwischen Servern eingesetzt. In der Praxis nutzen jedoch mehr als 50 Prozent aller Unternehmen das Standard-Ethernet für die Server-zu-Server-Verbindung. Die zukünftigen flachen Netzwerke werden eine wesentlich höhere Bandbreite und extrem niedriger Verzögerungszeiten bieten. Darüber hinaus werden neue Technologien wie die Converged-Network-Adapter (CNA) einen Remote-Direct-Memory-Access (RDMA) bereitstellen. Dadurch wird die Notwendigkeit der Infiniband-Technologie allmählich in Frage gestellt, denn die HPC-Funktionen für die Massen sind dann auch bald im Ethernet verfügbar.
L4- bis L7-Dienste im gesamten Netzwerk: In den heute installierten Datacenter Netzwerken wird noch mit einer Vielzahl unterschiedlicher Komponenten die L4- bis -7-Funktionen (Netzwerk-Firewalls, Application-Firewalls, Application-Delivery-Controller, WAN-Optimierung Geräte, etc.) realisiert. Die flachen Netzstrukturen werden die Netze in ihrer Bereitstellung von L4- bis -7-Funktionen grundlegend verändern. Die zukünftigen Netzkomponenten werden frei programmierbarer Steuerungsmechanismen bereitstellen, um die L4- bis -7-Dienste direkt ins Netzwerk erbringen zu können. Darüber hinaus werden künftig die L4- bis -7-Dienste über eine Vielzahl von Formfaktoren bereitgestellt: als physische Appliances, VMs oder als Software im Netzwerk. Ciscos Unified-Network-Services (UNS) ist ein gutes Beispiel für die kommenden Angebote. HP und Juniper bieten inzwischen ähnliche physikalische und virtuelle Netzwerksicherheitsfunktionen an.
Die Experten erwarten, dass bis zum Jahr 2013 die Server-Plattformen vollständig in die Netzwerke des Datacenter integriert sein werden. Nach dem Vorbild von Cisco-UCS, Dells „vstart“, HPs „BladeSys-tem Matrix“ und IBMs „BladeCenter“ werden zukünftig die Server für die Virtualisierung ausgelegt und miteinander durch intelligente Software-basierte Netzwerk-Interconnect-Controller verbunden.
Datacenter-Verbindungen für das Cloud-Computing: Durch den Einzug des Cloud-Computings in die Unternehmen muss das Netzwerk im Datacenter auch in der Lage sein, die dynamischen Lasten innerhalb der Rechenzentren und auch der öffentlichen/privaten Clouds aufzufangen. Hierfür müssen die Netzwerke im Datacenter folgende Funktionen bereitstellen:
L2/L3-Transparenz: Die L2-Netzwerke werden sich in Zukunft über mehrere Rechenzentren erstrecken und die Grundlage für die VM-Mobilität, die Business-Continuity und burstartig auftretenden Kapazitätsanforderungen der Anwendungen bereitstellen. Das Bridging der L2-Netzwerke über Rechenzentren hinweg kann durch die Erweiterung der Switch-Cluster (beispielsweise der IRF von HP oder das Juniper-Virtual-Chassis) realisiert werden. Die erweiterten Switch-Cluster nutzen die MPLS/ VPLS WAN-Architekturen (beispielsweise Avaya-VSP-9000) oder das über IP-gekapselte MAC-Routing (beispielsweise Overlay-Transport-Virtualisierung (OTV) von Cisco) zu deren Kopplung. Große Unternehmen müssen für das Cloud-Computing somit eine nahtlose Mobilität der VMs über L3-Domainen garantieren. Neue Routing-Protokolle wie das von Cisco entwickelte Location-ID-Separation-Protocol (LISP) bieten für die Mobilität der IP-Adressen die Fundamente.
Kontrollierbare Datenströme: Die zukünftigen Netze benötigen auch eine wesentlich stärkere Kontrolle der Datenströme. Die Kontrolle wird auf einer abstrakten Ebene, unabhängig vom physischen Netzwerk, erfolgen. Dies ist dadurch begründet, dass das Cloud-Computing erheblich höhere Anforderungen an die Mandantenfähigkeit, die Sicherheit, die Skalierbarkeit der Anwendungen und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften verlangt. Die Q-Fabric von Juniper bietet bereits eine solche Architektur und stellt mit „QF/Director“ die notwendige Kontroll- und Verwaltungsmechanismen für die Network-Fabric zur Verfügung. Die Programmable-Flow-Switches, Controller und die Managementkonsole von NEC bieten ähnliche Funktionen. Die Netzwerkindus-trie ist sich inzwischen einig, dass die zukünftigen Datacenter-Netze mittelfristig nur durch die intelligente Verwaltung der Datenströme kostengünstig betrieben werden können.
Integration in Cloud-Plattformen: In naher Zukunft müssen Netzwerkhersteller im Bereich des Datacenters die relevanten Server-Virtualisierungs-Technologien und auch die neuen Cloud-Standards in ihren Geräten unterstützen. Ab 2013 muss die Unterstützung auch auf die führenden Cloud-Computing-Plattformen ausgedehnt werden. Dieser Prozess hat bereits begonnen, denn Arista Networks hat sein Betriebssystem bereits für fremde Cloud-Management-Plattformen (Cloudscaling, Eukalyptus und Nimbula) geöffnet. Brocade ist aus diesem Grund dem Open-Stack-Konsortium beigetreten und Force10 arbeitet mit dem Cloud-Anbieter Joyent an einer vollständig integrierten Cloud-Lösung. Da der Markt des Cloud-Computings noch in den Kinderschuhen steckt, ist noch kein einheitlicher Trend abzusehen. In diesem Marksegment sind daher die größten Technologieänderungen zu erwarten.