Im Interview: Markus Jung, Geschäftsführer Häwa

Rack-Käufer beachten Folgekosten

13. August 2010, 6:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Durch spezielle Brandschutzschränke ist der Rack-Hersteller Häwa aus Wain in der Branche bekannt. Im LANline-Interview nahm Geschäftsführer Markus Jung zur Marktsituation und zum Umgang mit der Wirtschaftskrise Stellung.

LANline: Wie sieht der Markt für hochwertige IT- und Netzwerkinfrastruktur in
Zeiten der Krise aus?

Jung: Nachdem man vor zwei Jahren ein schnelleres und deutliches Ansteigen der
Hardwareinvestitionen vermutet hatte, sehen wir Verzögerungen von Reinvestitionen, um Budgets zu
schonen und die Klärung der Rahmenbedingungen abzuwarten, etwa bei der Vorratsdatenspeicherung.

LANline: Spüren Sie Konkurrenz durch Billiganbieter, etwa bei hochwertigen
Rack-Systemen oder Brandschutzgehäusen?

Jung: Wir sehen eine deutliche Aufteilung des Marktes für Rack-/Schrank- und
Gehäusesysteme. Bei einem Teil der Anwendungen wird der Schrank bei einem Hardwaretausch
grundsätzlich mit getauscht. Die Installationen leben wenige Jahre und werden bei Veränderungen
komplett erneuert. In diesem Segment spielt nur der Preis eine Rolle. Viele Anwender erkennen aber
die Bedeutung, die IT-Infrastruktur für ihr Unternehmen hat, und achten auf langlebige Komponenten.
Dort spüren wir die Billiganbieter nicht.

LANline: Was hat sich in den vergangenen fünf Jahren im Markt verändert?

Jung: Vielen Endanwendern wird bewusst, dass die Kosten für ein Rack-System nicht
in der Investition liegen. Da Hardware für die verschiedensten Applikationen angeschafft wird,
werden Komponenten mehr und mehr einzeln ausgetauscht. Dann spielen Flexibilität, Kabel-Management
und die Möglichkeit individueller Kühlung die wesentliche Rolle.

LANline: Wie geht Ihr Haus mit der Krise um?

Jung: Da Häwa nur im hochwertigen Marktsegment präsent ist, war der Absatz dieser
Schranksysteme von der generellen Krise nicht betroffen. Die Anfrage nach billigeren Systemen nimmt
zu, unser Problem ist jedoch eher die Aufteilung des Markts in Errichter und Betreiber. Ein
Rack-System, das die doppelte oder dreifach höhere Packungsdichte gegenüber konventionellen
Systemen erlaubt, ist in der Anwendung immer günstiger. Es ist jedoch unterlegen, wenn nach Anzahl
der Türen abgerechnet wird.

LANline: Gibt es individuelle Besonderheiten?

Jung: Die gibt es sicher. Brandschutz ist krisenunabhängig, dort hängt die
Qualitätsanforderung eher von den Rahmenbedingungen ab.

LANline: Der Umweltaspekt??

Jung: ? hat natürlich auch Auswirkungen. In der Unterscheidung zwischen
Investitions- und Folgekosten verlagert sich durch Green IT der Fokus mehr auf den Betrieb.

LANline: Was sollte sich Ihrer Einschätzung nach ändern?

Jung: Für uns ist nach wie vor problematisch, dass das Gehäuse in den Diskussionen
zwischen Betreiber und Errichter eine untergeordnete Rolle spielt. Dabei stellt die
Weiterentwicklung der Hardware immer höhere Anforderungen.

LANline: Können Sie dafür Beispiele nennen?

Jung: Hohe Übertragungsraten erhöhen beispielsweise die Anforderungen an das
Kabel-Management. 48 Patch-Kabel auf einer Höheneinheit funktionieren nur bei sinnvollen
Kabelführungen. Die Leistungsdichte aktiver Komponenten nimmt weiterhin zu, leider sind sich da die
Hardwarehersteller bezüglich der Luftführung nicht einig. Um alle Möglichkeiten nutzen zu können
kommt dem Schranksystem eine Schlüsselrolle zu. Ein anderer Trend heißt "IT Goes Industry". Moderne
Fertigungen sind komplett vernetzt. Damit muss IT-Technik auch im industriellen Umfeld sicher
funktionieren.

LANline: Wo sehen Sie den größten Unterschied zur Office-IT?

Jung: Im Büroumfeld ist die Zukunftssicherheit wichtig. Das heißt, dass auch bei
veränderter Nutzung der Räume die Infrastruktur nicht verändert werden muss. Wir setzen in diesem
Punkt auf Partnerschaften mit Systemhäusern.

Ohne Richtlinien für die Gehäuse

LANline: Worauf achten Ihre Kunden im Moment besonders?

Jung: Wir haben als erstes Unternehmen Zulassungen auf Brandschutzgehäuse
erhalten. Da keine eigenen Richtlinien für Gehäuse vorhanden waren, hat man sich an die
Bauartzulassungen gehalten. Über die Jahre haben sich die Anforderungen sowohl seitens einer
einheitlichen Normung, als auch einer zuverlässigen Anwendung weiterentwickelt. Dabei steht für uns
immer die praktische Anwendung im Vordergrund. Die Gehäuse müssen am Einsatzort genauso
funktionieren wie im Prüffeld. Wir halten Lösungen, die die richtige Anwendung sicherstellen,
aktuell für besonders interessant. Eine sehr praxisnahe Erfindung ist die Einführung eines
Kabelabkühlraums. Da die Kabel am meisten Wärme in das Gehäuse eintragen muss die Isolation auch
bei voller Bestückung sicher funktionieren. Der aktuell größte Wunsch unserer Kunden ist eine
Standardisierung und die Schaffung von Sicherheit der Systeme. Momentan gelten die Zulassungen
generell nur für die geprüfte Kombination von Gehäuse und Einbauten.

LANline: Was ist in diesem Punkt zu tun?

Jung: Viele Anwender wünschen sich ein Gehäuse, das für sich zugelassen ist und
bei Verwendung von zugelassenen Komponenten zu einem zugelassenen Gesamtsystem führt. Die erste
Generation von Zulassungen läuft nach und nach aus. So bestünde jetzt die Chance, neue einheitliche
Rahmenbedingungen sowohl für Gehäuse, als auch für die die einzubauenden Komponenten festzulegen.
Wir halten es nicht für erforderlich, auf die nächste Brandkatstrophe als Innovationstreiber zu
warten.

Wenig Regelungen

LANline: Wie beurteilen Sie grundsätzlich die gesetzlichen und normativen
Rahmenbedingungen für hochwertige RZ-Schränke in Deutschland und Europa?

Jung: Regelungen sind nur in den Bereichen wichtig, wo die Allgemeinheit davon
betroffen ist. IT-Sicherheit spielt für uns aber in verschiedenster Weise eine Rolle. Im Bereich
personenbezogener Daten spielen Datenschutz und Zugangskontrollen die Hauptrolle, bei
sicherheitsrelevanten Anwendungen die Ausfallsicherheit. Was die Schränke selbst betrifft, sehen
wir uns wenig Regelungen ausgesetzt.

Einheitliche Konzepte für Lüfter gefordert

LANline: Was heißt das für die Zukunft?

Jung: Für die Weiterentwicklung halten wir es für sinnvoll, wenn sich die
Hersteller der Komponenten auf einheitliche Lüftungskonzepte einigen können und sich damit für die
Unterbringung gleiche Rahmenbedingungen ergeben. Normierung ist immer der Feind des Fortschritts,
ergibt also erst dann Sinn, wenn sich ein sinnvoller technischer Standard heraus entwickelt hat. So
hätte man zum Beispiel vor fünf Jahren die Schranktiefe auf 800 mm normen können, so aber die
aktuellen Entwicklungen etwa der Blade-Systeme unmöglich gemacht. Derzeit ist der IT Markt nach wie
vor in sehr schneller Bewegung. Wir haben uns mit unserem System darauf eingestellt, auch
zukünftige Entwicklungen abzudecken. Insofern kommen wir mit der Situation ganz gut zurecht.

LANline: Herr Jung, vielen Dank für dieses Gespräch.

transfer

transfer


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+