Netzwerkgehäuse in der Fertigung

Rundumschutz für strukturiertes Ethernet

17. November 2008, 23:56 Uhr | Thomas Reichenbach/dp Thomas Reichenbach ist Projektleiter im Produktmanagement Schaltschranksysteme bei Rittal in Herborn.

Die Migration von Ethernet in den Industriebereich ist voll in Fahrt. Übergreifende Netzwerke sorgen für eine direkte Anbindung von Büro- und Fertigungsumgebung. Dabei erlauben entsprechend ausgestattete Gehäuse eine nahtlose Verknüpfung von der IT-Leitebene bis in die Tiefen des Feldes. Um teure Stillstandzeiten zu minimieren, sollten diese schnell und flexibel zu bestücken, zu erweitern und zu warten sein.

Es gibt mittlerweile individuell konfigurierbare Lösungen für jede Netzwerkhierarchie, die sich
am Konzept der strukturierten Ethernet-Verkabelung gemäß der geplanten Industrienorm ISO/IEC 24702
orientieren.

Da Ausfälle von Maschinen und Anlagen im Fertigungsbereich mit sehr hohen Kosten verbunden sind,
ist ein redundanter Aufbau der strukturierten Industrieverkabelung – anders als im Bürobereich –
enorm wichtig. Eine redundante Sternverkabelung, eine ringförmige Vernetzung oder eine Kombination
der beiden Verkabelungsarten sind nur einige Beispiele für Netzwerktopologien, wie sie in diesem
Umfeld realisiert werden. Auch die zugehörigen Schränke und Gehäuse müssen die geforderte
Verfügbarkeit der Fertigungsanlagen gewährleisten. Dezentralität spielt eine große Rolle bei diesen
Netzwerkstrukturen: Sie sorgt für Flexibilität und Schnelligkeit beim Anschluss neuer "Teilnehmer"
und zahlt sich auch bei nachträglichen Anlagenumbauten aus.

Für den Brückenschlag zwischen klassischen IT-Schränken, die als Standort-, Gebäude- oder
Etagenverteiler ihren Dienst tun, und den unterschiedlichsten Netzwerkteilnehmern, die – wie
Maschinen- und Robotersteuerungen, Industrie-PCs, Bedienterminals oder Industrial Workstations – an
vorderster Front zum Einsatz kommen, benötigt der Anwender spezielle Industrieverteiler und
möglichst kompakte Anschlussdosen mit hoher Schutzart. Denn sie bringen das Netzwerk direkt an die
Maschine.

Besonderheiten

Solche Industrieverteiler verfügen in der Regel über ein System aus Montageschienen,
Kabelführungen, Spleißkassettenablagen und Patch-Feldern, die eine schnelle und übersichtliche
Montage der Einbaukomponenten sowie Kupfer- und LWL-Kabel erlauben.

So erhält der Anwender einen direkten Zugriff auf sämtliche Komponenten, und dies möglichst von
der Kabeleinführung bis zum Switch. Änderungen oder Erweiterungen in der Verkabelung kann er
idealerweise mit wenigen Handgriffen und ohne Störung des laufenden Betriebs vornehmen. Während in
klassischen 19-Zoll-Gehäusen die Verkabelung von hinten und das Stecken von vorn im Schrank
erfolgt, ist der Zugriff bei industriell genutzten Gehäusen oft komplett von vorn. Bei der
Bestückung und dem Innenleben sollten die Gehäuse sich neutral gegenüber den diversen
Ethernet-Ansätzen und herstellerspezifisch ausgelegten Komponenten verhalten.

Um die Sicherheit und Schutzart zu optimieren, ist es sehr praktisch, wenn der Hersteller für
sein Schranksystem zum Beispiel spezielle Flanschplatten mit vormontierten metrischen
Kabelverschraubungen anbietet, die für eine Abdichtung mit hoher IP-Schutzart sorgen.

Da an der Schnittstelle zwischen reiner Netzwerk- und industrieller Steuerungstechnik zwei
Verkabelungskonzepte aufeinander stoßen, ist es sinnvoll, wenn sich die Industrieverteiler
wahlweise mit und ohne Patch-Felder ausrüsten lassen, damit sowohl die IT-Patch-Felder als auch
feldkonfektionierbare Steckverbinder integrierbar sind.

Selbstverständlich sollte eine DIN-Hutschiene für Automatisierungskomponenten integriert sein.
Bei manchen Herstellern lassen sich die Patch-Felder nicht nur auf der Montageplatte, sondern auch
auf der Hutschiene montieren. Generell eignet sich die Hutschiene auch zur Befestigung von
Kabelführungselementen.

Zudem gibt es Hersteller, die die Patch-Felder mit unterschiedlicher Port-Dichte und mit
unterschiedlichen Anschlussbuchsen für die RJ45-Steckersysteme möglichst vieler Hersteller
ausstatten können. Rittal beispielsweise liefert sie mit Modulen von ADC Krone, BTR, Corning,
Dätwyler oder Reichle & De-Massari sowie Tyco Electronics aus. Insbesondere bei hohen
Datenraten ab Gigabit Ethernet ist dies entscheidend, damit die Übertragungsstrecken die Grenzwerte
der künftigen ISO/IEC 24702 einhalten können.

Die Verbindung zwischen den Unterverteilern erfolgt zumeist über LWL-Kabel, für die das
Schranksystem passgenau abgestimmte Spleißkassettenablagen liefern sollte. Denn in den Kassetten
erfolgt eine Aufteilung und Spleißung der mikroskopisch feinen Glasfasern, die dann über Pigtails
auf Steckverbindungen weitergeführt werden. Diese empfindlichen Spleiße und der Kabelvorrat müssen
in den Ablagen sicher geschützt sein. Wichtig ist, vorab zu wissen, wie viele Kassetten ein Schrank
aufnehmen kann. Zudem sollten die integrierten Kassetten jeweils einzeln zu entnehmen sein, damit
bei Erweiterungs- oder Wartungsarbeiten keine Beschädigung der anderen Datenstrecken droht. Es gibt
Hersteller, die eine horizontale oder vertikale Anbringung der Kassetten auf Montageplatte oder am
Systemchassis erlauben.

Um die integrierten Bauteile und Komponenten zu schützen, werden Industrieverteiler mit
Schnittstellenklappen versehen. Diese dichten das Innenleben des Verteilers per Deckel und
Schnappverschluss sicher (IP 65) ab und schützen es zudem vor Fremdzugriff. Für Diagnose-,
Wartungs- oder Programmierarbeiten schließt der Techniker sein Notebook an die jeweiligen
Schnittstellen an. Bei Rittal handelt es sich dabei um einen Einbaurahmen, der mit den
erforderlichen Datensteckereinsätzen (beispielsweise RJ45, SUB-D oder USB) und mit
Steckdosenmodulen bestückt wird.

Bei den Anschlussdosen ist wichtig, dass sie in verschiedenen IP-Schutzklassen für
unterschiedliche Umgebungsbedingungen erhältlich sind. Rittal bietet zum Beispiel eine in
Aluminiumguss gefertigte Anschlussdose gemäß IP 65 mit RJ45-Steckgesicht für die
Automatisierungsprotokolle nach IEC 61918 an, aber auch eine IP-67-Variante aus schlagfestem
Polycarbonat, die zusätzlich kompatibel zur ISO/IEC 24702 ist. Letztere besitzt zwei RJ45-Buchsen
für massive und flexible Kabel (AWG 22 bis 24). Die Kabeleinführung erfolgt von oben oder unten
über Verschraubungen.

Der Anwender sollte möglichst alle Komponenten aus einer Hand beziehen, damit alles
zusammenpasst und auch die Schutzart gewährleistet ist. Manche Anwender wollen den Verteiler in
Eigenregie aus den Einzelteilen des Baukastensystems selbst zusammenstellen. Dazu bieten mehrere
Hersteller mittlerweile entsprechende Onlinekonfiguratoren an. Der bequemere Weg ist es, sich vom
Hersteller hinsichtlich der Ausstattung beraten zu lassen und vormontierte Schränke zu
bestellen.


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