connect professional: Wie arbeiten Ihre Mitglieder daran mit?
Klaft: Wir bieten unseren Mitgliedern eine Plattform, um gemeinsam an aktuellen Herausforderungen zu arbeiten, denen sich die Branche stellen muss. Trotz möglicher Konkurrenz untereinander steht unser gemeinsames Motto „Shaping the digital future together“ über allem. Die Bündelung von Kompetenzen, das Teilen von Netzwerk und Wissen. Das erleichtert das Erreichen gemeinsamer Ziele ungemein. Ebenso gilt diese auch auf europäischer Ebene – auch dort sind wir sehr gut vernetzt. Mit unseren Schwesternverbänden in Holland, Frankreich, Spanien, Italien, Dänemark und Österreich pflegen wir einen intensiven Austausch, ebenso mit der EUDCA und auch als Teil des Climate Neutral Data Centre Pact – zu dessen Vorstand unser Head of Public Affairs, Norbert Lemken, gehört.
connect professional: Haben Sie dazu die richtigen Gesprächspartner auf Bundes-, Landes- und Kommunal-Ebene?
Klaft: Durch die Pandemie, aber auch durch den EU Green Deal und die Debatte um Klimaneutralität und Energieeffizienz ist die Branche zunehmend in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Auch Bundes- und Landespolitiker interessieren sich immer mehr für die Belange von Rechenzentren – insbesondere bei Planungen und Ansiedlungen von neuen Rechenzentren mit allen Facetten und Faktoren. Im Rahmen des Gesetzgebungsprozess rund um das EnEfG (Energieeffizienzgesetz, d.Red.) haben wir ein starkes Involvement der Bundestags-Ausschüsse „Klimaschutz und Energie“ sowie „Digitales“ erlebt. In den letzten Monaten haben wir unser Netzwerk im politischen Berlin – zu den Mitgliedern des Bundestags und zu den Ministerien – stark ausgebaut. Auch zu einigen Bundesländern besteht ein regelmäßiger Austausch, ebenfalls zu den Mitgliedern der Landtage. Aber Ausruhen funktioniert nicht. Wir arbeiten an einem noch intensiveren Austausch mit den relevanten Vertretern auf allen Ebenen. Wir verstehen uns als aktiver Gesprächs- und Handlungspartner, um die Digitalisierung, als treibende Kraft für wirtschaftliches Wachstum voranzubringen. Und natürlich wollen wir dazu beitragen, dass die notwendige Weiterentwicklung der Digitalisierung stärker mit der RZ-Branche in Verbindung gebracht wird.
connect professional: Gab es besonders bemerkenswerte „Ereignisse“ im Zusammenspiel mit der Politik?
Klaft: Es ist auffallend, dass nahezu alle Politiker die notwendigen großen Digitalisierungsschritte in der öffentlichen Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft deutlich sehen. Rechenzentren nehmen sie aber in diesem Zusammenhang nicht als Fundament dieser notwendigen Entwicklung wahr. Möglicherweise war diese fehlende Verbindung der Grund dafür, dass beim EnEfG-Entwurf die Rechenzentren so stark mit Auflagen adressiert wurden. Eine einseitige Belastung mit gesetzlich bindenden Auflagen verhindert allerdings die digitale Weiterentwicklung in vielen Bereichen.
connect professional: Derzeitiges Diskussions-Thema ist die Abwärme-Nutzung der RZs. Sind Sie mit dem Stand der – geplanten – Regelung einverstanden?
Klaft: Falls die Änderungsvorschläge des federführenden Ausschusses „Klimaschutz und Energie“ so übernommen werden – wovon wir ausgehen –, wird immerhin die Pflicht der Ansiedlung neuer Rechenzentren innerhalb eines Fünfkilometer-Radius zu einem Wärmenetz komplett gestrichen. Das ist beruhigend, sind für Rechenzentren doch ganz andere Standortfaktoren relevant – wie eine zuverlässige Stromversorgung, die Nähe zu Umspannwerken und Backbone-Netzen, der Glasfaseranschluss, die Anbindung an Internetknoten und der Abstand zu Gefahrenquellen. Dennoch sind auch im Änderungsvorschlag des EnEfG weiterhin pauschale Quoten zur verpflichtenden Abwärme-Abgabe zu finden. Die Pflicht kann jetzt zwar durch sogenannte Ausnahmetatbestände ausgesetzt werden, trotzdem sorgt das für große Unsicherheit in der Planung. Rechenzentren werden nicht errichtet, um Abwärme zu produzieren. Vielmehr speichern, verarbeiten und übertragen sie gigantische Datenmengen, damit das digitale Leben in Deutschland funktioniert.
connect professional: Sie setzen also eher auf individuelle Lösungen?
Klaft: Das ist richtig, aber sie müssen Teil eines Ganzen sein. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass jedes Rechenzentrum in seinem besonderen Kontext vor Ort als Teil eines regionalen Ökosystems individuell betrachtet werden muss. Die festen Abgabequoten – egal in welcher Höhe – sind per se nicht zu erreichen, wenn nicht klar ist, wer die Wärme abnimmt. Nun sieht das EnEfG eine Abwärme-Readyness vor. Neue RZs sind verpflichtet, Wärmeübergabestationen zu installieren – auch das ist nicht zielführend. Es braucht ein energiewirtschaftliches Gesamtkonzept, Abwärmenutzung muss sowohl für Betreiber als auch für die kommunale Wärmenetzinfrastruktur wirtschaftlich attraktiv sein.
connect professional: Vieles daran war abzusehen …
Klaft: Handwerkliche Fehler in der Politik können vorkommen. Die Reihenfolge der Gesetzesinitiativen zur Energieeffizienz, dem Gebäudeenergiegesetz und der kommunalen Wärmeplanung ist der praktischen Umsetzbarkeit der Auflagen nicht zuträglich. Wir sehen, dass mehrere Gespräche mit verschiedenen Politikern dazu beigetragen haben, dass pragmatische Sichtweisen beim EnEfG stärker zum Tragen gekommen sind. Dennoch ist es kein gutes Gesetz für die Rechenzentrums-Branche geworden.