Die anstehende Bandbreitenexplosion in Rechenzentren und Speichernetzwerken sowie die mangelnde Wirtschaftlichkeit bisheriger Lösungen im Server-Nahbereich erklären, warum die Experten von IEEE 802.3 im Juli des vergangenen Jahres die Spezifizierung einer neuen Generation von Verkabelungssystemen beschlossen haben. 40GBase-T soll einerseits den sich abzeichnenden Bandbreitenengpass und bestehende Längenrestriktionen beseitigen und andererseits Leistungsdichte und Energieeffizienz kostengünstig erhöhen.Im Kontext der Entwicklung künftiger Ethernet-Geschwindigkeiten nimmt das Verkabelungskomitee ISO/IEC JTC1 SC25 WG3 eine besondere Rolle ein. Mit der Erarbeitung des technischen Reports ISO/IEC 11801-99-1 "Guidance for Balanced Cabling in Support of at Least 40 GBit/s Data Transmission" stellte die Industrie einen international abgestimmten Leitfaden bezüglich der Bewertung heutiger und der Machbarkeit künftiger Verkabelungen vor. Nach der Publizierung und Einführung von 10 GBit Ethernet (IEEE 802.3an) im Jahr 2006 schien zunächst einmal Ruhe an der Highspeed-Front eingekehrt zu sein. Doch schon kurz danach entstand mit IEEE 802.3ba ein LWL-Standard für 40 und 100 GBit/s im Backbone und im Core-Bereich von Rechenzentren. Extrapoliert man die weiteren Entwicklungen, dann steht für das Jahr 2015 der Bedarf von 40GBit/s mit Kupfer im Server-Bereich und 400 GBit/s mit LWL im Core-Bereich an. Eine weltweit durchgeführte Bedarfsermittlung zeigt zudem, dass trotz des wirtschaftlichen Tiefs in den Jahren 2009 und 2010 10-GBit/s-Links bereits im Jahr 2015 in die Sättigung gelangen und sukzessive von 40-GBit/s-Links abgelöst werden. Da diese Leistungsexplosion innerhalb der Nutzungsdauer (zehn bis 15 Jahre) heutiger Verkabelungssysteme stattfindet, raten die Experten zu einer gewissen Eile. IEEE 802.3 Project Team 40GBase-T Am 19.07.2012 beschloss die IEEE 802.3 mit großer Mehrheit die Gründung einer Study Group zur technischen und wirtschaftlichen Evaluierung von neuen Übertragungssystemen (NGBase-T) auf Basis von symmetrischer Kupfertechnik. Nachdem bisher Schnittstellen bis 10 GBit/s über symmetrische Kupferverkabelungen normiert sind, will die IEEE 802.3 damit eine Übertragungsrate von 40 GBit/s für dieses Übertragungsmedium vorbereiten. Hintergrund für diese Initiative sind unter anderem die Defizite der bisherigen Lösungen gemäß IEEE 802.3ba. Dazu gehören die Reichweitenbegrenzung auf sieben Meter bei achtpaarigen Twinax-Kabeln (CR4, ToR-Verkabelung) und die mangelnde Wirtschaftlichkeit und Migrationsfähigkeit bei achtfasrigen OM3/OM4-LWL-Kabeln (EoR-Verkabelung). In mehreren Meetings hat die Study Group diverse Beiträge diskutiert, Rahmenparameter evaluiert und Ziele sowie Meilensteine festgelegt. Seit dem Treffen in Orlando (18. bis 23. März 2013) ist es nun amtlich: Die eingerichtete Task Force unter der Bezeichnung IEEE 802.3bq spezifiziert mit 40GBase-T die nächste Ethernet-Generation. Zu den Einsatzbereichen zählen vornehmlich Verbindungen im Rechenzentrum, nämlich bei EoR die Server-Switch-Links von bis zu 30 Meter mit zwei Steckverbindungen und bei ToR die so genanten "Port to Port"-Links über Patch-Kabel von fünf bis zehn Meter Länge. Zu den weiteren allgemeinen Rahmenparametern gehören die Full-Duplex-Operation, eine Unterstützung von 802.3 und des Ethernet-Frame-Formats (Typ und Längenfeld), die minimale und maximale Frame-Größe aus dem 802.3 Standard, eine Fehlerrate von höchstens 10-12, Auto-Negotiation nach 802.3 Clause 28 und das optionale Energy Efficient Ethernet. Außerdem gilt es, eine LAN-Verbindung über strukturierte Verkabelung einschließlich direkter Verbindungen zu unterstützen und die FCC- und CISPR-EMC-Anforderungen für die elektromagnetische Verträglichkeit zu erfüllen. Die gewünschte Bandbreite ist allerdings noch nicht festgelegt. Kenner sind gespannt, ob 1.600 MHz oder 2.000 MHz oder gar eine weitere Frequenz das Rennen macht. Details dazu liefert unter anderem der technische Report ISO/IEC 11801-99-1. Die ISO/IEC JTC1/SC25 WG3 hat bereits im vergangenen Jahr ein Projektteam gebildet, das einen technischen Report mit dem Titel ISO/IEC 11801-99-1 "Guidance for Balanced Cabling in Support of at Least 40 GBit/s Data Transmission" erstellt hat. Mit dem Papier will die IEEE 802.3 Expertise und Unterstützung hinsichtlich der Leistungsbewertung heutiger Verkabelungen und der Machbarkeit von künftigen Verkabelungslösungen liefern. Der technische Report enthält in mehreren Rubriken zum Beispiel Spezifikationen bei Verwendung von Verkabelungsstrecken mit heutigen Komponenten der Kategorien 6A (500 MHz) bis 7A (1.000 MHz) für Längen von 30 Meter. Zudem gibt es Spezifikationen "Klasse I" auf der Basis von künftigen Komponenten der Kategorie 6A extrapoliert bis 1,6 GHz und "Klasse II" auf Basis von künftigen Komponenten der Kategorie 7A extrapoliert bis 1,6 GHz, ebenfalls für Längen von 30 Meter. Der Report macht außerdem Qualifikationsvorgaben gemäß künftiger IEEE-802.3-Spezifikationen für bereits installierte Übertragungsstrecken mit Kategorie-7A-Komponenten. Außerdem nimmt das Papier eine Bewertung der Übertragungskapazitäten und des Reichweitenpotenzials der genannten Verkabelungslösungen in Verbindung mit angenommenen elektronischen Kompensationen und Störleistungsunterdrückungen vor. Ergebnisse im Überblick Für die Kategorie 6A (500 MHz) gilt demnach: Selbst bei größtmöglicher Kompensation ist eine Übertragung von 40 GBit/s bei einer Reichweite von 30 Meter nicht möglich. Für die Kategorie 7A (1.000 MHz) sieht das Papier positive Perspektiven, denn eine Übertragungskapazität 40 GBit/s und eine Reichweite von 30 Meter seien bei geringer Kompensation machbar. Der CNEXT-Wert beträgt 20 dB, CFEXT ist 15 dB und CReturn Loss ist 58 dB. Extrapoliert man die Werte der Kategorie 6A bis zu 1,6 GHz (Klasse I), dann sind eine Übertragungskapazität von 40 GBit/s und eine Reichweite von 30 m bei hoher Kompensation ebenfalls machbar. Die Parameter sind dabei CNEXT = 50 dB, CFEXT = 35 dB und CReturn Loss = 58 dB. Noch besser sieht es zwangsläufig bei einer Extrapolation der Kategorie 7A bis 1,6 GHz (Klasse II) aus: Mit nur geringer Kompensation sind dort 40 GBit/s und eine Reichweite von 30 Meter möglich, und zwar mit CNEXT = 30 dB, CFEXT = 14 dB und CReturn Loss = 56 dB. 40GBase-T funktioniert also nur mit geschirmten Verkabelungslösungen und einer Bandbreite von mindestens 1.000 MHz. Klasse FA/Kategorie 7A würde dafür bereits ausreichend Übertragungskapazität bereitstellen. Klasse I (1.600 MHz) und Klasse II (1.600 MHz) unterscheiden sich wesentlich durch den Kompensationsaufwand. Dabei ist Klasse II eindeutig im Vorteil. 40G-Transceiver lassen sich mit dieser Technik kostengünstiger und energieeffizienter realisieren. Internationale Normierungsbeschlüsse Bezüglich der Inhalte und der Namensgebung gibt es noch keine Harmonisierungserfolge zwischen der ANSI/TIA (US) einerseits und ISO/IEC (International) sowie Cenelec (Europa) andererseits. Die unselige Geschichte um Cat.6A und Kategorie 6A scheint sich auf höherem Niveau zu wiederholen. Fakt ist: Die nächsten Komponentenkategorien werden Kategorie 8, Kategorie 8.1 und Kategorie 8.2 heißen. Entscheidend bei der Diskussion sind die derzeitigen Unterschiede. Für die USA existiert das Dokument ANSI/TIA PN-568-C.2-1, Draft 0.7, das einen Übertragungskanal (Channel) und eine Installationstrecke (Permanent Link) mit einer Kategorie 8 (2 GHz) vorschlägt, ferner Kabel und Steckverbinder ebenfalls nach dieser Kategorie 8 (2 GHz). Nach der TIA gibt es keine Spezifikationen für Kategorie 7 und Kategorie 7A. Kategorie 8 ist lediglich rückwärtskompatibel bis Kategorie 6A (Cat. 6A). Die internationalen Gremien haben Folgendes angestoßen: einen Übertragungskanal und eine Installationstrecke nach einer noch festzulegenden ISO/IEC 11801-x, eine Klasse I (1,6 GHz auf der Basis von Kategorie 6A) und eine Klasse II (1,6 GHz auf der Basis von Kategorie 7A). Für die Kabel sind IEC 61156-9 (46C976NP) und IEC 61156-10 (46C977NP) maßgeblich, und zwar mit Kategorie 8.1 für Klasse I und Kategorie 8.2 für Klasse II. Für die Steckverbinder gelten die IEC 60603-7-81 und IEC 60603-7-82/IEC 61076-3-110/104, ebenfalls mit Kategorie 8.1 für Klasse I und Kategorie 8.2 für Klasse II. Die technische Überlegenheit von Klasse II (mit Kategorie 8.2) resultiert aus den Anforderungen für NEXT, PSNEXT, ACR-F und PSACR-F. Fazit und Ausblick Klar gilt: 40GBase-T funktioniert nur mit geschirmten Verkabelungslösungen, infrage kommen Klasse FA/7A (1 GHz), Klasse I (1,6 GHz auf der Basis von Kategorie 6A) und Klasse II (1,6 GHz auf der Basis von Kategorie 7A). Die Bandbreitenerhöhung oberhalb 1 GHz bringt keinen wirklichen Gewinn. Der Kompensationsaufwand ist bei Klasse II am geringsten und erlaubt eine kostengünstige und energieeffiziente Realisierung von 40G-Transceivern. Zu beachten ist zusätzlich: Nur Komponenten der Kategorie 8.2 sind rückwärtskompatibel zu Kategorie 7 und Kategorie 7A. Zudem bieten sie Reserven für weitere Datenratensteigerungen. Auch wenn die Normengremien in den kommenden Jahren wohl mit der Standardisierung von 40 GBit/s im Server-Bereich und 400 GBit/s im Core Bereich beschäftigt sind, lohnt ein Blick in die weitere Zukunft. Die nächsten Technologiesprünge sind schon vorprogrammiert. 100 GBit/s über vierpaarige symmetrische Kupferverkabelung ist die logische Fortsetzung der Erfolgsgeschichte Ethernet. Aus diesem Grunde beteiligen sich Hersteller wie Leoni an einem Forschungsvorhaben, das Untersuchungen zur Machbarkeit für Kabel, Steckverbinder und Messtechnik zur Aufgabe hat.