Entkopplung von Hard- und Software

Telko-Sektor: Investitionen in Software-Plattformen für Router

21. Juni 2023, 10:00 Uhr | Autor: David B. Hofmann / Redaktion: Diana Künstler
© lightfieldstudios/123rf

Es gibt eine Reihe von Software-Plattformen für Router, die es Benutzern ermöglichen, ihre Netzwerke nach ihren Bedürfnissen anzupassen und zu optimieren. Doch nicht nur User profitieren davon. Auch für Telekommunikationsanbieter ergeben sich daraus – vor allem wenn Open-Source-basiert – Vorteile.

Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

  • Was ist das RDK-basierte Routerkonzept?
  • Welche Betreiber setzen auf Open-Source-Konzepte?
  • Welche gängigen Software-Plattformen für Router gibt es?
  • Was versprechen sich Telekommunikationsanbieter von den Router-Plattformen?
  • Welche Erwartungen verbinden die Telekommunikationsanbieter mit Software-Plattformen für Router?
  • Warum spielen Router überhaupt eine so wichtige Rolle?

Die Deutsche Telekom hat beim Mobile World Congress 2023 in Barcelona bestätigt, dass sie nach Pilotversuchen jetzt ein „RDK-basiertes Routerkonzept“ umsetzen will. RDK steht für die Open-Source-Initiative Reference Design Kit und soll in Zukunft die Software von der Hardware entkoppeln. Die Telekom geht laut eigenen Angaben damit nun einen völlig neuen Weg für LTE, DSL und Glasfaser: „In den USA profitieren schon über 50 Millionen Kabel-Kund*innen von Sicherheit und Neuerungen in schnellen Zyklen, ermöglicht durch die RDK Open Source Community. Bislang begrenzte sich dieses Ökosystem auf Kabelnetze“, heißt es in der Erklärung der Telekom1. In Deutschland wird noch nicht direkt mit den Kunden getestet. Die Planungen sehen vor die neue RDK-B-Software (Reference Design Kit for Broadband) zunächst als Bestandteil neuer Router einzuführen. Später sollen auch Bestandskunden mit ihren Routern die neue Software per Update bekommen können.

Die Telekom ist mit dieser Initiative nicht allein. Im Gegenteil: Die großen Breitband-Kabelnetzbetreiber Comcast und Liberty Global engagieren sich schon seit mehr als zehn Jahren in der RDK Alliance und nutzen die Plattform für Router und Set-Top-Boxen. Swisscom wiederum hält Anteile am französischen Softwareentwickler Soft-at-home und nutzt dessen Plattform für Entwicklung und Betrieb der aktuellen Routergeneration. Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Telekommunikationsanbietern (unter anderem AT&T, Vodafone, British Telecom, Orange) engagieren sich die genannten Netzbetreiber zudem in der prpl Foundation2, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Sicherheit und Interoperabilität eingebetteter Geräte einsetzt und von der Community getragen wird.

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Gängige Software-Plattformen für Router

Es gibt eine Reihe von Software-Plattformen für Router, die von verschiedenen Unternehmen entwickelt und unterstützt werden. Hier sind einige der bekanntesten Plattformen:

  • OpenWrt: OpenWrt ist eine freie und Open-Source-Plattform für Router und andere Netzwerkgeräte. Es bietet eine flexible und erweiterbare Plattform, die es Benutzern ermöglicht, ihre Router nach ihren Bedürfnissen anzupassen. OpenWrt ist besonders beliebt bei Technik-Enthusiasten und DIY-Netzwerkern, da es eine Vielzahl von Anpassungsmöglichkeiten bietet.
  • DD-WRT: DD-WRT ist eine weitere freie und Open-Source-Plattform für Router und andere Netzwerkgeräte. Es bietet ähnliche Funktionen wie OpenWrt, einschließlich VPN-Unterstützung, QoS und VLAN-Unterstützung. DD-WRT ist auch bei Technik-Enthusiasten und DIY-Netzwerkern beliebt.
  • Tomato: Tomato ist eine alternative Firmware für Router, die auf Linux basiert. Es bietet Funktionen wie QoS, VPN-Unterstützung, Bandbreitenüberwachung und drahtlose Repeater-Modi. Tomato ist einfach zu installieren und zu konfigurieren und ist daher bei Benutzern beliebt, die eine benutzerfreundliche Plattform suchen.
  • ASUSWRT: ASUSWRT ist die Firmware-Plattform für Router von Asus, einem führenden Hersteller von Netzwerkgeräten. Es bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche und eine Vielzahl von Funktionen, einschließlich VPN-Unterstützung, QoS und Kindersicherung.
  • TP-Link Archer: TP-Link Archer ist eine Firmware-Plattform für Router von TP-Link, einem weiteren führenden Hersteller von Netzwerkgeräten. Es bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche und eine Vielzahl von Funktionen, einschließlich VPN-Unterstützung, QoS und Kindersicherung.
  • RDK: RDK (Reference Design Kit) ist eine offene Plattform für die Entwicklung von Set-Top-Boxen, Breitband- und Heimnetzwerkgeräten. Es wurde von Comcast, Liberty Global und anderen Unternehmen entwickelt und bietet eine gemeinsame Plattform, auf der verschiedene Unternehmen ihre Geräte entwickeln und bereitstellen können.

Diese Plattformen bieten eine Vielzahl von Funktionen und Anpassungsmöglichkeiten, die es Benutzern ermöglichen, ihre Router und Heimnetzwerke nach ihren Bedürfnissen anzupassen und zu optimieren.

Was versprechen sich Telekommunikationsanbieter von den Router-Plattformen?

Router-Plattformen sind nicht nur für Benutzer ein Gewinn, auch Telekommunikationsanbieter profitieren davon: „RDK-B ist ein wesentlicher Bestandteil der Privatkunden-Breitbandstrategie von Vodafone. In Verbindung mit Industriestandards, wie der User Services Platform (TR-369)3, dem Broadband Forum und der Service Delivery Platform, wird es Vodafone möglich, das Breitband-Erlebnis ihrer Kunden zu verbessern,  einschließlich der Einführung neuer Dienste und der Nutzung anonymisierter Analytik. Und das auf kosteneffiziente und skalierbare Weise“, sagt Oscar Gallego, Global Head of Home Technology & Products bei Vodafone. Bislang stammt die Router-Software vom Hardware-Hersteller, also zum Beispiel von Arcadyan, Sercomm, Sagemcom & Co. Mithilfe der Entkoppelung der Software wollen Telekommunikationsanbieter nun unternehmenseigene Updates ohne Umwege über Hersteller anbieten und so schneller und sicherer werden. Thorsten Müller, Innovation Lead Connectivity bei Deutsche Telekom (ab Juli 2023 in anderer Funktion tätig), sprach auf dem MWC davon, dass es das Ziel sei, die Router für alle zukünftigen Dienste datenfähig zu machen. Die Telekom verspricht sich davon die Möglichkeit, Dienste schneller für mehr Kund:innen bereitzustellen und Daten von den Geräten zu sammeln, die in die Entwicklung neuer Dienste einfließen. Das soll eine vorausschauende Fehlerbehebung unterstützen können, beispielsweise um Probleme bereits zu erkennen, bevor die Nutzer den Kundendienst anrufen.

Durch die Entkopplung von Hard- und Software und die Entwicklung eigener Software hat die Telekom mehr Kontrolle über die Entwicklung von Diensten und Nutzererlebnis. Zudem kann sie eine gemeinsame Reihe von Diensten über verschiedene Hardware und Zugangsnetze hinweg in internationalen Märkten anbieten. Auf ihrem Kapitalmarkttag im Jahr 20214 setzte sich die Telekom das Ziel, bis Ende 2024 etwa 75 Prozent ihrer Router mit einem eigenen Betriebssystem auszustatten und diese unter anderem in Deutschland, Griechenland, Ungarn, Kroatien, Slowakei einzuführen. Die Telekom hat hierfür seit 2020 eigene Software-Entwicklungskapazitäten aufgebaut und arbeitet gemeinsam mit der RDK Community an der Entwicklung von Kernfunktionen wie Sicherheit oder Telefonie. So wird die Software auch für den Einsatz in Glasfaser und DSL-Netzen angepasst. RDK wurde ursprünglich von Kabelbetreibern konzipiert. Ziel der Telekom ist es jedoch, die Software „zugangsunabhängig“ zu machen. In Polen hat die Telekom in einem Pilotversuch bereits einen 5G-Router mit einer RDK-basierten Router-Software gestartet. „Freie Bahn für mehr Sicherheit, Innovationen und „Customer Experience“. Wir gehen dafür neue Wege und nehmen keine Umwege mehr über Hersteller“, sagt Pedro Bandeira, Vice President Product and New Business, Europe, Deutsche Telekom.

Folgende Erwartungen verbinden die Telekommunikationsanbieter mit Software-Plattformen für Router
Benutzererlebnis
Die Verwendung von Software-Plattformen für Router kann dazu beitragen, das Benutzererlebnis zu verbessern. Anbieter können benutzerdefinierte Funktionen und Anwendungen bereitstellen, die auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind. Dies kann dazu beitragen, das Kundenerlebnis zu verbessern und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Differenzierung
Die Verwendung von Software-Plattformen für Router kann dazu beitragen, sich von anderen Anbietern zu differenzieren. Die Entwicklung einzigartiger Funktionen und Dienstleistungen, die sich von den Angeboten der Konkurrenz abheben, werden möglich.
Skalierbarkeit
Hochskalierbare Plattform ermöglichen es Anbietern, schnell auf Änderungen im Markt zu reagieren. Anbieter können ihre Produkte einfacher an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen und neue Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt bringen.
Sicherheit
Die Software-Plattformen verfügen in der Regel über integrierte Sicherheitsfunktionen, die es Anbietern ermöglichen, sicherheitsrelevante Funktionen in ihre Produkte zu integrieren. Durch die Integration von Sicherheitsfunktionen können Anbieter das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen und sich von der Konkurrenz abheben.
Effizienz
Die Verwendung von Software-Plattformen für Router kann dazu beitragen, die Effizienz von Anbietern zu verbessern. Anbieter können Prozesse automatisieren und manuelle Arbeitsabläufe reduzieren. Dies kann dazu beitragen, die Betriebskosten zu senken und die Rentabilität zu steigern.

Warum spielen Router überhaupt eine so wichtige Rolle?

Der Router ist ein entscheidender Baustein für die Heimvernetzung. Ein guter Router ermöglicht es den Nutzern, ihre Geräte zu Hause miteinander zu verbinden und eine stabile Internetverbindung zu gewährleisten. Router haben in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, und es gibt nun mehrere Optionen auf dem Markt. Traditionelle Router haben sich zu Mesh-Netzwerken weiterentwickelt. Diese Netze bestehen aus mehreren Knotenpunkten, die miteinander verbunden sind und eine großflächige Abdeckung bieten. Ein Mesh-Netzwerk kann eine schnelle und stabile Verbindung in jedem Raum gewährleisten. In der Zwischenzeit haben die Mobilfunkbetreiber auch eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Internetverbindungen in Häusern und Unternehmen übernommen. Mit 5G-Netzwerken können Nutzer mit einem einzigen Gerät eine Internetverbindung herstellen, die viele Geräte im Haus unterstützt. Ein weiterer wichtiger Aspekt von Routern ist die Sicherheit. Die meisten modernen Router verfügen über integrierte Firewalls und andere Sicherheitsfunktionen, die dazu beitragen, die Geräte vor Online-Bedrohungen zu schützen. Ein guter Router sollte immer die neuesten Sicherheitsupdates und Patches haben.

Die Heimvernetzung hat sich in den letzten Jahren von einem Nischenmarkt zu einem Massenmarkt entwickelt. Immer mehr Geräte sind jetzt miteinander verbunden, von intelligenten Thermostaten bis hin zu Sprachassistenten. Nutzer können ihre Geräte zentral steuern und automatisieren. Ein wichtiger Trend, der die Zukunft der Telekommunikation beeinflussen wird. Mit der Einführung von 5G und dem Aufstieg von IoT-Geräten wird es noch einfacher werden, Geräte zu Hause miteinander zu verknüpfen. Dies wird es Nutzern ermöglichen, ihr Zuhause intelligenter und effizienter zu gestalten. Diesen Anforderungen müssen sich Telekommunikationsanbieter stellen. „Wir versuchen, die bestmöglichen Informationen aus den Gateway-Stacks herauszuholen, um sicherzustellen, dass wir das Nutzererlebnis unserer Kundinnen und Kunden kontinuierlich verbessern“, sagt Dirk Böttger, verantwortlich für die Einführung der neuen Telekom RDK Router Generation in Deutschland. „Wir schaffen nun die Voraussetzungen, um in Zukunft das Heimnetzwerk unserer Kund*innen noch sicherer, zuverlässiger und nutzerfreundlicher zu gestalten.“

Telekommunikation
Der Autor David B. Hofmann ist Managing Partner, TelCo Lead bei mm1.
© mm1

Insgesamt bieten Software-Plattformen für Router Telekommunikationsanbietern eine Vielzahl von Chancen, darunter verbesserte Benutzererfahrung, Differenzierung, Skalierbarkeit, Sicherheit und Effizienz (s. auch Tabelle weiter oben). Durch die Nutzung von Software-Plattformen können Anbieter ihre Produkte und Dienstleistungen verbessern, wettbewerbsfähiger werden und das Kundenerlebnis verbessern. Ihre Einführung stellt aber auch Herausforderungen für Telekommunikationsanbieter dar. Ihre Rolle verändert sich: Sie werde nun auch zum Software-Entwickler und Betreiber der Router-Plattform. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen Anbieter sicherstellen, dass sie über die richtigen Ressourcen und Fähigkeiten verfügen, um die neuen Plattformen effektiv zu nutzen und zu unterstützen. Es bleibt daher spannend zu beobachten, wie die Telekom diese Transformation meistert.

1 https://www.telekom.com/de/konzern/details/was-ist-rdk-b-einfach-eklaert-1009020
2 https://prplfoundation.org/
3 https://www.broadband-forum.org/download/TR-369.pdf
4 https://www.telekom.com/de/investor-relations/finanzpublikationen/kapitalmarkttage/kapitalmarkttag-2021


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