40 Gigabit pro Sekunde mit ARJ45-Technik

Verbindungstechnik der künftigen Kategorie 8.2

19. August 2015, 6:00 Uhr | Dipl.-Ing. (TH) Ralf Tillmanns, Fachreferent Data Infrastructure Field Device Connectors bei Phoenix Contact in Blomberg. Sebastian Güse, dort Produkt-Manager Field Device Connectors, www.phoenixcontact.de./jos

Übertragungsstrecken der Klassen I und II bis 2.000 MHz gelten vielfach noch als zukünftige Technik. Die Praxis zeigt jedoch, dass solche Übertragungsstrecken heute schon umsetzbar sind - mithilfe der Feldmesstechnik ist sogar eine Abnahmeprüfung möglich.

Durch die immer höheren Bandbreiten der Applikation Ethernet haben sich die Anforderungen an die Verbindungstechnik und an die Verkabelungsstrukturen verändert. Über Kategorie 5 und Kategorie und Klasse D und E entwickelten sich für die Ethernet-Applikation 10 GBit/s die Kategorie 6A und die Klasse EA bis 500 MHz. Diese Anwendung war bereits mit RJ45-Steckverbindungstechnik eine große Herausforderung, künftige Applikationen stellen sogar zusätzliche Anforderungen an die Steckverbinder.
Mit 40 GBit/s für Ethernet sind Verbindungstechniken der Kategorien 8.1 und 8.2 jeweils bis 2.000 MHz gefordert. Alternative standardisierte Verbindungstechniken zu RJ45 gewinnen dabei zunehmend an Bedeutung. Was kann ein Nutzer - etwa ein Netzbetreiber - tun, um eine geplante Investition abzusichern? Zu den wichtigsten Entscheidungen gehört die Auswahl der geeigneten Verbindungstechnik in seiner Verkabelungsstruktur.
 
Verbindungstechnik gemäß ISO/IEC 11801
Der aktuelle Standard ISO/IEC 11801 beschreibt unter anderem Verbindungstechniken für symmetrische Verkabelungssysteme am Arbeitsplatz. Neben RJ45 sind Tera und GG45 inklusive des ARJ45 - ohne Umschaltfunktion - standardisiert. Die folgende Übersicht beschreibt den aktuellen Stand der Normen für die verschiedenen Verbindungstechniken:
IEC 60603-7-81 Ed. 1.0 CDV (RJ45), Detail specification for 8-way, free and fixed connectors, for data transmissions with frequencies up to 2.000 MHz,
IEC 60603-7-82 Ed. 1.0 CD (GG45), Detail specification for 8-way, free and fixed connectors, for data transmissions with frequencies up to 2.000 MHz,
IEC 61076-3-104 Ed. 3.0 CD (Tera), Detail specification for 8-way, free and fixed connectors, for data transmissions with frequencies up to 2.000 MHz und
IEC 61076-3-110 Ed. 3.0 CD (ARJ45), Detail specification for 8-way, free and fixed connectors, for data transmissions with frequencies up to 3.000 MHz.
Der technische Report ISO/IEC DTR 11801-99-1 (IT - Guidance for balanced cabling in support of at least 40 GBit/s data transmission) sowie die künftige überarbeitete Norm ISO/IEC 11801 beschreiben mit den beiden neuen Kanalspezifizierungen Klasse I und Klasse II jeweils bis 2.000 MHz zwei Verbindungen, die das künftige 40-GBit/s-Ethernet bis zu einer Kanallänge von mindestens 30 Meter zu unterstützen.
Klasse I beschreibt dabei einen 30-Meter-Kanal mit zwei Verbindungstechniken der künftigen Kategorie 8.1. Die Klasse II beschreibt ebenfalls einen 30-Meter-Kanal mit zwei Verbindungstechniken der künftigen Kategorie 8.2. Das Diagramm im Bild unten zeigt deutlich, dass die Kategorie 8.1 nicht rückwärtskompatibel zur Kategorie 7A oder zur Kategorie 7 ist, sondern nur zur Kategorie 6A. Nur die Kategorie 8.2 ist rückwärtskompatibel zur Kategorie 7A.
Verbindungstechniken der Kategorie 8.2 unterscheiden sich gegenüber RJ45 darin, dass die einzelnen Paare nicht über kapazitive Kopplungen kompensiert sind, sondern dass die Paare schirmtechnisch voneinander getrennt sind, um die hohen hochfrequenten Anforderungen zu erfüllen. In Bezug auf das ARJ45-System von Bel Stewart ist zu erwähnen, dass der Standard IEC 61076-3-110 die Verbindungstechnik bis 3.000 MHz spezifiziert - im Gegensatz zu den künftigen Anforderungen bis 2.000 MHz in der ISO/IEC 11801.
 
Warum schneller als 10 GBit/s?
Verkabelungsstrukturen der Klassen I und II lassen sich mithilfe der Feldmesstechnik bereits heute auch installiert überprüfen - zum Beispiel mit einem Kabeltester des Herstellers Psiber Data. Damit sind solche Übertragungsstrecken (als Channel) schon heute realisierbar. Techniker haben mit dem modularen Verteilerfeld von Phoenix Contact eine Teststrecke der Klasse II mit ARJ45 im firmeneigenen Rechenzentrum errichtet, um Erfahrungen zu sammeln und neue Anforderungen im Feld kennenzulernen.
In den 1990er-Jahren waren Datenraten von mehreren hundert Megabit pro Sekunde fast immer ausreichend. 2006 entstand 10 GBit/s Ethernet (IEEE 802.3an) als gängiger Standard. Der Bandbreitenbedarf steigt seitdem jedoch immer weiter an - so stark, dass er sich mittlerweile alle zwei Jahre verdoppelt. Dies liegt einerseits daran, dass der Kommunikationsbedarf stetig steigt, und andererseits daran, dass sich immer mehr Geräte im Netz befinden. Daraus ergeben sich steigende Anforderungen an die Applikation. Schon heute sind für leistungsfähige lokale Netze Datenraten deutlich über 10 GBit/s nötig, beispielsweise in Speichernetzen, Cloud-Diensten, Campus-Verkabelungen und besonders in Rechenzentren. Für 2020 prognostizieren die Experten Datenraten bis zu 100 GBit/s und mehr.
 
Flexible und zukunftssichere Verkabelung
Neben den aktiven Komponenten kommt es dabei auf eine qualitativ hochwertige Verkabelung an. Sie sollte schon heute zukunftssicher ausgelegt sein, denn dies spart später Kosten im Hinblick auf neue Übertragungsstandards. Gleichzeitig sollte die Planung auf eine hohe Robustheit der Verkabelung wert legen - nur wenn sie äußeren mechanischen Beanspruchungen widersteht, erhöht sich auch die Lebensdauer. Als Beispiel kann dafür ein modulares 19-Zoll-Verteilerfeld (links) dienen, das aus stabilem verzinktem Stahlblech konstruiert ist. Modular bedeutet in diesem Fall, dass sich unterschiedliche Modulkassetten abhängig vom Anwenderbedürfnis integrieren lassen.
Diese Flexibilität ermöglicht einen zukunftssicheren Um- und Ausbau im 19-Zoll-Schrank. Pro Höheneinheit kann der Anwender bis zu acht vorkonfektionierte Modulkassetten integrieren. 48 Ports pro Höheneinheit erlauben eine hohe Packungsdichte. Der 19-Zoll-Rahmen ist wahlweise mit folgen Modulkassetten bestückbar, die der Anwender auch untereinander kombinieren kann: 6 × LC-Duplex, 6 × RJ45, 6 × ARJ45 - und künftig noch weitere Varianten je nach Bedarf. Die Buchsen in den Kassetten sind so ausgerichtet, dass sie in einem Winkel von 180° zueinander gedreht sind. Dies soll für mehr Platz beim Patchen sorgen.
 
Fazit
Die künftige Übertragungsstrecke der Klasse II bis 2.000 MHz ist heute schon realisierbar - mithilfe der Feldmesstechnik lässt sie sich überprüfen. Mehrere standardisierte Verbindungstechniken stehen dabei zur Auswahl. Von Vorteil ist der ARJ45, diese Verbindungstechnik weist noch genügend Reserven in den hochfrequenten Anforderungen bis 3.000 MHz auf.

Grenzwerte im Vergleich: Der Grenzwert der Nebensprechdämpfung (NEXT) der Kategorie 8.2 im Frequenzbereich bis 2.000 MHz ist deutlich strenger als der der Kategorie 8.1.

Das modulare Verteilerfeld von Phoenix Contact lässt sich mit der Verbindungstechnik ARJ45 erweitern.

Übertragungsstrecken der Klasse II (2.000 MHz) sind schon heute möglich - sowohl die Anschlusskomponenten und Kabel als auch die Feldmesstechnik sind bereits verfügbar.

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