Gerade einmal 650 Millionen Dollar bezahlt der Telekommunikationsausrüster Nokia Siemens Networks (NSN) für die CDMA-Mobilfunksparte von Nortel Networks. NSN gewinnt damit zusätzliches Know-how und weitere Marktanteile im Bereich Long Term Evolution, der Nachfolgetechnik von UMTS/3G.
Wie bereits seit einiger Zeit von Branchenkreisen vermutet wurde, hat Nokia Siemens Networks den Unternehmensbereich CDMA (Code Division Multiple Access) von Nortel Networks übernommen (siehe unseren Bericht vom April). Der Kaufpreis in Höhe von 650 Millionen Dollar ist allerdings deutlich niedriger, als Fachleute erwartet und Nortel-CEO Mike Zafirovski erhofft hatten.
Auf einer Web-Seite von NSN begrüßte Simon Beresford-Wylie, Chief Executive Officer des Unternehmens, bereits die neuen Mitarbeiter. »Wir wollen Sie haben«, so der Manager. Damit meint er wohl in erster Linie das Know-how und die Marktanteile von Nortel im Bereich Mobilfunk.
Das gilt vor allem für die Technologie LTE, die etwa ab 2011 die Nachfolge von UMTS antreten soll. Mit Long Term Evolution haben Mobilfunknetzbetreiber in Tests bereits Download-Geschwindigkeiten von etwa 150 bis 170 MBit/s erreicht. Nokia Siemens Networks arbeitet bereits an einer erweiterten Version von LTE namens LTE Advanced. Sie soll Datenraten von bis zu 1 GBit/s beim Herunterladen auf Mobilfunkgeräte erlauben (siehe Bericht).
»Mindestens 2500 Mitarbeiter« der CDMA- und LTE-Sparte, so Nortel, werden zu NSN wechseln. »Der Transfer der Division bringt auch für unsere Kunden Klarheit«, so Mike Zafirovski. Die Unklarheit, was mit Nortel passieren würde, hatte sich negativ auf das Geschäft ausgewirkt. So brach im ersten Quartal 2009 (Ende: 31. März) der Umsatz der Carrier-Network-Sparte, zu dem die CDMA- und LTE-Sparte gehören, von 368 Millionen US-Dollar (4. Quartal 2008) auf ganze 42 Millionen ein.
Im Geschäftsjahr 2008, das am 31. Dezember vergangenen Jahres endete, kam Nortel insgesamt auf einen Umsatz von 10,42 Milliarden US-Dollar. Der Verlust betrug rund 5,8 Milliarden Dollar. Im Januar beantragte das Unternehmen Gläubigerschutz.
Der Unternehmensbereich Carrier Networks wies 2008 einen Umsatz von 4,312 Milliarden Dollar aus (im Vorjahr: 4,493 Milliarden). Davon entfielen auf das Geschäft mit CDMA-Lösungen rund 2,190 Milliarden Dollar (- 10 Prozent) und auf GSM- und UMTS-Komponenten rund 1,58 Milliarden Dollar (+15 Prozent).
Da die Sparte im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund 700 Millionen Dollar auswies, ist der Kaufpreis von 650 Millionen ziemlich niedrig angesetzt. Allerdings musste Nortel handeln, weil mit jedem Monat Zuwarten die Chancen sanken, dass sich in der jetzigen Wirtschaftskrise ein Käufer für den Bereich fand.
Wie Zafirovski bestätigte, sucht Nortel Networks nun auch Käufer für die anderen Bestandteile des Konzerns. Wie bereits gemeldet, haben Insider-Informationen zufolge unter anderem Siemens Enterprise Communications und Genband Interesse an einzelnen Unternehmensteilen gezeigt.
Ob diese Firmen angesichts der schwierigen Marktlage zugreifen werden, ist allerdings derzeit nicht absehbar. Tatsache ist jedoch, dass Nortel offenkundig nicht, wie das Zafirovski vor einigen Monaten noch betonte, als Konzern erhalten bleiben wird. Das Filetieren des traditionsreichen Unternehmens hat begonnen.