Änderungen im Urheberrecht betreffen IT Über vier Jahre hatte der Gesetzgeber gebraucht, um mit dem »2. Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft«, dem sogenannten »Zweiten Korb«, wichtige Änderungen zu beschließen. Durch die kürzlich erfolgte Zustimmung des Bundesrats ist ein Inkrafttreten der Novellierung noch in diesem Jahr möglich.
Bis zuletzt war von verschiedenen Interessensverbänden vor allem um die Reform des pauschalen Vergütungssystems, die Schrankenregelungen im Wissenschaftsbereich sowie um die Vorschriften zu sogenannten »unbekannten Nutzungsarten« heftig gestritten worden. Während sich die Interessensvertreter der Urheber weitestgehend bei Pauschalabgaben und Schrankenregelungen durchsetzen konnten, sollen Verwerter wie etwa Verlage durch die Streichung der Vorschrift über unbekannte Nutzungsarten »verborgene Archivschätze« heben können.
Pauschales Vergütungssystem – Urheber gewinnen Lobbyschlacht Der Gesetzgeber hatte sich besonders hinsichtlich der Reform des pauschalen Vergütungsystems einer wahren Lobbyschlacht zwischen Vertretern der Geräteindustrie und den Verbänden der Urheber zu erwehren. Die Vergütungspflicht betrifft grundsätzlich alle Geräte und Speichermedien, die für Vervielfältigungen eingesetzt werden, wie beispielsweise CDs, DVDs, Speichersticks und -karten ebenso wie entsprechende Brenner, Scanner und – besonders umstritten – Computer. Aus dem Kampf gingen die Rechteinhaber als Sieger hervor: Denn ursprünglich enthielt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Korb eine Klausel, nach der nur Geräte unter die Regelung fallen, bei denen der urheberrechtlich relevante Nutzungsumfang bei unter zehn Prozent liegt (sogenannte »De-minimis-Regel«). Außerdem war eine Deckelung der Pauschalabgabe auf maximal fünf Prozent des Gerätepreises vorgesehen. Beide Klauseln hat der Gesetzgeber aber im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen. Künftig muss also gemäß § 54 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) für solche Geräte und Speichermedien eine Vergütung entrichtet werden, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme von urheberrechtlich relevanten Vervielfältigungen benutzt wird. Zur angemessenen Höhe der Vergütung legt § 54a UrhG n.F. nun mehrere Kriterien fest. Ausgangspunkt hierfür ist, in welchem Maß die Geräte und Speichermedien tatsächlich für Vervielfältigungen genutzt werden. Dabei ist ausdrücklich zu berücksichtigen,
– inwieweit technische Maßnahmen (zum Beispiel ein Kopierschutz) zum Einsatz kommen – das ist konsequent, weil der Urheber keine Vervielfältigungsabgabe erhalten soll, wenn er Vervielfältigungen mittels technischer Maßnahmen verhindert,
– ob Geräte mit Speichermedien oder anderen Geräten bei der Vervielfältigung zusammen wirken,
– die Leistungsfähigkeit von Geräten sowie die Speicherkapazität und Mehrfachbeschreibbarkeit von Speichermedien,
– ob die Vergütungshöhe in einem angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder Speichermediums steht.
In der Praxis wird sich die Bestimmung der Vergütungshöhe nach wie vor als das spannendste, aber auch schwierigste Problem darstellen: Derzeit tobt um die Pauschalabgabe für PCs ein erbitterter Kampf zwischen Verwertungsgesellschaften und den Herstellern sowie Importeuren von Computern. Letzter Teil der Auseinandersetzung war Mitte August der Vorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt, nach dem pro Gerät 15 Euro Pauschalabgabe zu zahlen sind – rückwirkend ab 2002. Mit Inkrafttreten des Zweiten Korbes werden die Pauschalvergütungssätze nun nicht mehr wie früher gesetzlich festgelegt, sondern ausschließlich zwischen den Beteiligten geregelt. Dabei sollen Verwertungsgesellschaften mit Verbänden der Hersteller von Geräten und Speichermedien über den Abschluss eines Gesamtvertrags verhandeln, um die Vergütungshöhe zu ermitteln. Scheitern die Verhandlungen über die Bestimmungen der Vergütungshöhe, was eher Regel als Ausnahme ist, kann eine Schiedsstelle angerufen werden, die die maßgebliche urheberrechtlich relevante Nutzung durch empirische Untersuchungen, in der Regel ein Gutachten, ermitteln soll. Zukünftig wird es also entbehrlich, dass beide Parteien mit beträchtlichem Aufwand umfangreiche Gutachten erstellen lassen. Alternativ können die Parteien auch ein Schlichtungsverfahren einleiten. Auch bei den Schrankenregelungen im Wissenschaftsbereich haben sich letztlich die Rechteinhaber gegen Bibliotheksorganisationen und Wissenschaftsverbände durchgesetzt, die weitreichende Ausnahmeregelungen für den Wissenschaftsbereich gefordert hatten. Hierbei ging es vor allem um elektronische Leseplätze in öffentlichen Bibliotheken und den sogenannten digitalen Kopienversand. Beides ist nunmehr nur noch nach sehr restriktiven Bestimmungen möglich. So mutet es anachronistisch an, wenn beispielsweise eine Einsicht an elektronischen Leseplätzen nur in den Räumen der jeweiligen Einrichtungen erfolgen darf oder wenn der Versand elektronischer Kopien auf Bestellung (§ 53a UrhG n.F.) ausschließlich als grafische Datei zulässig sein soll.