An der Realität vorbei. Geistiges Eigentum muss geschützt werden. Autoren, Musiker oder Künstler sollen an der Zweitverwertung ihrer Werke teilhaben. Das ist in Ordnung. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, gibt es Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort oder die Gema. Ihre Pflicht ist es, stellvertretend für die Urheber Gebühren einzutreiben und sie an die Kreativen auszuschütten.
Was jedoch derzeit im IT-Sektor an Abgaben gefordert wird, geht völlig an der Realität vorbei. Da stehen zunächst Drucker auf der Abgabenliste. Hauptargument der VG Wort: Auch Internet-Inhalte lassen sich damit ausdrucken und vervielfältigen. Allerdings schüttet die Verwertungsgesellschaft keinen Cent an die Autoren von Internet-Content aus. Warum werden dann Gebühren dafür verlangt? Und für die Vervielfältigung gibt es ja schon Gebühren auf Scanner.
Multifunktionsgeräte, die auch zum Kopieren geeignet sind, geraten noch stärker ins Fadenkreuz der Urheberrechtswächter: Nun sollen nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart Gebühren von rund 40 bis 700 Euro je nach Geräteklasse erhoben werden. Für den Fall, dass die Revision vor dem Bundesgerichtshof scheitert, kann das bei einem Einsteiger-Tintenstrahlgerät für den Endkunden den doppelten Preis bedeuten. Wenn man zugrunde legt, was der durchschnittliche Endverbraucher mit einem derartigen Gerät kopiert, ist diese Forderung völlig überzogen. Denn kopiert werden vor allem private Dokumente wie Fotos, Briefe oder Rechnungen.
Ein realistisches Urteil ist dringend notwendig. Die Folgen für den Handel sind kaum absehbar. Kunden im Grenzgebiet oder mit Zugang zum Internet werden zu ausländischen Anbietern abwandern. Mit dem Urteilsspruch, sollte er Bestand haben, wird eine ganze Produktklasse aus dem Markt gekegelt. Der Umsatz bricht ein und Arbeitsplätze bei Herstellern und Handel sind gefährdet. Ein weiterer gravierender Nachteil für den Standort Deutschland.