Apple stärkt Retail und Direktvertrieb

19. Januar 2006, 0:00 Uhr | Joachim Gartz

Apple stärkt Retail und Direktvertrieb. Rumoren im Apple-Channel: Der Hersteller will den Direktvertrieb via Apple Stores ausbauen. Darüber hinaus spielen Retailer eine immer wichtigere Rolle in der Vertriebspolitik der Kalifornier. So erhielt Media Markt für den neuen iPod-Video ein zeitlich befristetes Exklusivrecht. Auch bei den neuen Intel-Macs muss Apple noch unter Beweis stellen, dass dem Fachhandel in den nächsten Wochen ausreichende Stückzahlen geliefert werden.

Apple stärkt Retail und Direktvertrieb

Co-Autor: Martin Fryba
Auf den ersten Blick scheint bei Apple alles optimal zu laufen. Apples CEO Steve Jobs und Intel-Chef Paul Otellini präsentierten sich kürzlich auf der Mac Expo in San Francisco als das neue Dreamteam der IT-Industrie: Die neuen Intel-Macs sollen sämtliche Geschwindigkeitsrekorde brechen, und der besser als erwartete Absatz der iPods hat Apple das beste Quartal in seiner Firmengeschichte beschert. Und noch ein Rekord: Die Apple-Aktie kletterte vergangene Woche auf ein Allzeithoch.

Allerdings scheint der Hersteller den Fachhandel für seine Erfolgsgeschichte immer weniger zu benötigen. Tom Busshart, Country Sales Manager Channel, bekennt offen gegenüber CRN, dass der Retail eine zunehmend wichtige Rolle für Apple spiele: »Durch den phänomenalen Erfolg des iPods und der iPod-Zubehörprodukte in Deutschland hat der Retailkanal für uns enorm an Bedeutung gewonnen.«

Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass Media Markt während der Vorweihnachtszeit eine Woche lang den stark nachgefragten iPod-Video exklusiv erhielt. Der Channel ging leer aus.

Gegenüber CRN kritisierten einige Händler, die ungenannt bleiben wollen, Apples Exklusiv-Deal mit dem Flächenmarkt. Apple hingegen rechtfertigt den Schachzug: Im Gegenzug habe Media Markt kostenlose Fernsehwerbung für den iPod-Video zugesichert. Außerdem habe Media Markt ursprünglich für einen wesentlich längeren Zeitraum das exklusive Verkaufsrecht für den MP3-Player beansprucht.

An der schlechten Verfügbarkeit des iPod-Video und des iPod Nano für den Fachhandel hat sich seitdem nichts geändert. Apple mag zwar zu einem gewissen Grad auch ein Opfer des eigenen Erfolgs sein, da man in der Prognose für das Weihnachtsgeschäft davon ausging, acht und nicht 14 Millionen iPods zu verkaufen. Doch wenn in einer solchen Situation auch noch der Retail bevorzugt beliefert wird, reagieren die Apple-Fachhändler verständlicherweise verärgert.

Für weiteren Zündstoff im Channel sorgen die Pläne des Herstellers, den in Großbritannien und den USA sehr erfolgreichen Direktvertrieb via Apple Stores weiter auszubauen. Im Laufe der nächsten zwei Jahre sollen in den wichtigsten europäischen Metropolen weitere Filialen entstehen. Auch in Deutschland wird Apple in mehreren Großstädten bald in Konkurrenz zu kleineren Händlern sowie der mit über 20 Filialen vertretenen Handelskette Gravis treten. Gravis-Vorstand Archibald Horlitz erklärt gegenüber Computer Reseller News, dass er fest damit rechne, dass in Deutschland bald mehrere Apple Stores zu finden sein werden. Für den Manager ist das grundsätzlich kein Problem, »solange sich Apple fair verhält und uns bei den Konditionen und der Verfügbarkeit von Produkten nicht benachteiligt«. Die Apple Stores würden seiner Meinung nach die Marke Apple stärker bekannt machen. »Davon profitiert auch Gravis.«

Händler erwarten Run auf Intel-Macs

Die Verfügbarkeit der auf der Mac Expo vorgestellten neuen Intel-Macs für den Fachhandel muss Apple noch unter Beweis stellen. Noch sitzt die Verärgerung im Channel tief, als Apple vor Jahren seine G4-Rechner ankündigte und Monate lang nicht liefern konnte. Auf der Mac Expo in San Francisco hat Steve Jobs der begeisterten Apple-Gemeinde die ersten Desktop- und Notebook-Rechner auf Intel-Basis präsentiert.

Ab sofort soll der erste Intel-iMac auf dem deutschen Markt lieferbar sein. Im Februar sollen Notebooks mit Intel-Dual-Core-Technologie folgen. Apples neues Notebook-Flaggschiff hört auf den Namen »MacBook Pro« und soll bis zu viermal schneller als das Powerbook G4 sein. In Las Vegas kündigte Jobs zudem an, dass alle Apple-Computermodelle bis Jahresende auf Intel-Prozessoren umgestellt werden sollen.

Die Händler hoffen nun, dass sie angesichts der zu erwartenden hohen Nachfrage nach den neuen Intel-Macs nicht ähnlich ins Hintertreffen gelangen wie beim iPod-Vorweihnachtsgeschäft. Alexander Roth, Senior Business Manager bei Tech Data, ist davon überzeugt, dass die Nachfrage nach den neuen Intel-Macs sehr hoch sein wird. Im Gespräch mit zahlreichen Händlern habe sich gezeigt, dass diese ebenfalls einen regelrechten Boom erwarten würden, da von Apple nun auch im mobilen Bereich sehr leistungsfähige Geräte mit äußerst moderatem Energieverbrauch verfügbar seien. So lange Apple aber an seinem eigenwilligen Konditionsmodell nichts ändert, wird es für einen nicht autorisierten Händler jedoch kaum Sinn machen, Apple in sein Sortiment aufzunehmen.

Ein Händler, der anonym bleiben möchte, erklärt gegenüber CRN, dass Apple auch mit den Intel-Macs aufgrund seines extremen Konditionsmodells, bei dem ein nicht autorisierter Händler keinen marktgerechten Einkaufspreis bei der Distribution erhält, vermutlich keine breitere Kundenbasis gewinnen werde.

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Kommentar

Im Rahmen von Apples Multi-Channel-Vertriebsmodell spielt der Fachhandel eine immer geringere Rolle. Die Priorität scheint darauf zu liegen, mithilfe der Retailer schnelles Geld zu machen. Eine Strategie, die kurzfristig sehr gut zu funktionieren scheint. Auf die Dauer könnte sich Apples zunehmende Retail-Orientierung jedoch als Bumerang erweisen.

Derzeit sorgt das iPod-Volumengeschäft mit den Retailern zwar für Rekordumsätze. Doch was passiert, wenn der iPod-Boom einmal nachlässt? Apple bewegt sich auf dünnem Eis, wenn das Unternehmen den Fachhandel zu sehr vernachlässigt. Das Unternehmen muss zudem dringend sein Konditionsmodell überarbeiten, wenn es neue Partner gewinnen will, um seine Kundenbasis zu verbreitern.

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INFO

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www.apple.com


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