CE-Zeichen: Mit Brief und Siegel

2. Dezember 2004, 0:00 Uhr |

CE-Zeichen: Mit Brief und Siegel. Assemblierer haben nicht nur mit knappen Margen und einem harten Wettbewerb, sondern zusätzlich noch mit der EMV-Zertifizierung ihrer Rechner zu kämpfen. Denn technische Produkte müssen generell ein CE-Zeichen besitzen, bevor sie im europäischen Markt in den Verkehr gebracht werden dürfen.

CE-Zeichen: Mit Brief und Siegel

Die meisten PC-Komponenten, die in Deutschland angeboten werden, werden bereits durch den Hersteller oder den Importeur mit dem CE-Zeichen versehen. Daher liegt der Schluss nahe, dass auch ein aus derartigen Komponenten assembliertes System ebenfalls den CE-Ansprüchen genügen müsste. Das ist jedoch nicht so, wie Klaus Eiden, Leiter der Marktaufsicht für EMV der RegTP, zu berichten weiß: »Durch den Zusammenbau der Komponenten wird der Händler zum Hersteller und muss die Verantwortung für die EMV übernehmen, indem er eine Konformitätserklärung abgibt und ein CE-Zeichen am Gerät anbringt. Er muss also die Verantwortung für den Komplettrechner übernehmen.«

Das CE-Zeichen soll den europäischen Marktaufsichtsbehörden signalisieren, dass das Produkt für den freien Warenverkehr im EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) bestimmt ist und alle Anforderungen der entsprechenden EU-Richtlinien erfüllt sind.

Für Komponentenhersteller und Systemintegratoren sind dabei besonders die Bereiche elektromagnetische Emission, elektromagnetische Verträglichkeit und Störfestigkeit interessant. Umgangssprachlich lassen sich diese Segmente unter dem Begriff »Strahlung« zusammenfassen. Diese Parameter fallen in Deutschland in den Zuständigkeitsbereich der RegTP (Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) und können nur in aufwändigen Messungen in meist teuren Labors durchgeführt werden.

Worst Case zur Vorbeugung

In den Augen der RegTP wird der Aufrüster eines PCs ? also jeder, der einen PC verändert, indem er in ein CE-zertifiziertes System eine zusätzliche Komponente einbaut ? zum Hersteller und ist somit für das angebrachte CE-Zeichen im Sinne der Produkthaftung verantwortlich. Ergänzt ein Fachhändler beispielsweise den CE-konformen Rechner eines Kunden um eine TV-Karte, übernimmt er automatisch die Verantwortung für die Konformität des Gesamtsystems. Genau genommen müsste also ein PC, der aufgerüstet wird, wieder eine EMV-Prüfung durchlaufen.

In der Praxis ist das jedoch schwer zu bewerkstelligen. Gerade wenn ein Assemblierer sich auf BTO-Systeme spezialisiert hat, wird es eine Vielzahl von möglichen Kombinationen der Komponenten geben, die eine PC-spezifische CE-Prüfung zu einem sehr kostspieligen Unterfangen machen. Um diese Prozedur günstiger zu gestalten und auch den Aufwand in Grenzen halten zu können, rät Eiden: »Der Hersteller sollte eine Worst-Case-Zusammenstellung der verschiedenen PC-Komponenten von einem EMV-Prüflabor testen lassen, um dann weitere Systeme besten Gewissens mit CE kennzeichnen zu können und eine Konformitätserklärung abgeben.

Es besteht jedoch keine Pflicht, vorab ein Testlabor einzubinden.« Im Klartext heißt das: eine EMV-Prüfung vor der Anbringung eines CE-Zeichens und der Abgabe der schriftlichen Konformitätserklärung ist nicht explizit vorgeschrieben. Dennoch sollten Assemblierer das Zeichen nicht auf ein ungeprüftes System kleben: Die RegTP kontrolliert nämlich über Stichproben, ob die CE-Richtlinien eingehalten werden. Sie entnimmt Muster von Geräten im Markt und prüft sie auf CE-Konformität. Diese Prüfung ist für den Anbieter und auch den Hersteller der Geräte kostenlos, sofern keine Mängel entdeckt werden.

Stellt die RegTP allerdings eine mangelnde Konformität fest, kann das weitreichende Folgen haben. »Sofern der Händler auch der Hersteller ist, muss er mit Vertriebsverbot und Bußgeld rechnen. Er bekommt jedoch die Möglichkeit, Geräte nachzubessern und festgestellte Mängel zu beseitigen«, erklärt Eiden.

Sollte diese Nachbesserung nicht den nötigen Erfolg bringen, können Einschränkungen bis hin zum Vertriebsverbot und Bußgeld gegen den Hersteller verhängt werden. Hersteller ist hier natürlich auch der Assemblierer, der zwar CE-geprüfte Komponenten verwendet hat, das Gesamtsystem aber nicht auf Konformität hin hat untersuchen lassen. Obwohl eine EMV-Messung durch den Hersteller nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, kann es also weitreichende Folgen haben, wenn das CE-Zeichen zu Unrecht geführt wird.

30 Prozent mit Mängeln

Rund 30 Prozent der durch die RegTP zu Prüfzwecken entnommenen Geräte weisen Mängel auf. Diese Zahl verdeutlicht, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, Prüfungen vor dem Verkauf der entsprechenden Geräte vornehmen zu lassen. Der Hersteller sollte deshalb ein System mit allen Komponenten, die er maximal einbauen wird, zu einer Messung bringen. Es gibt zwar keine Garantie, dass ein System mit nur einigen dieser Komponenten ebenfalls ein CE-konformes Strahlungsmuster aufweist, aber es ist sehr wahrscheinlich. Allerdings sind derartige Messungen in einem akkreditierten EMV-Labor häufig teuer.

Hier gibt es jedoch Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren. Beispielsweise verfügen die Fachbereiche Elektrotechnik an einigen Universitäten über entsprechende Laboreinrichtungen, um EMV-Messungen durchzuführen. Hier können sich Assemblierer gezielt beim jeweiligen Fachbereichsleiter über die Konditionen einer Fremdmessung erkundigen. Nicht zuletzt ist es ja auch für die Studenten ein interessantes Studienobjekt aus der Praxis, an dem dann Messungen durchgeführt werden. Auf jeden Fall sollte der Hersteller die Prüfberichte immer aufbewahren, da diese bei der RegTP vorgelegt werden können, wenn es zu einer EMV-Kontrolle kommt. So kann die Bereitschaft zur eigenen, kontinuierlichen Überwachung der Messwerte glaubhaft bewiesen werden.

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Das CE-Zeichen

CE, Abkürzung für Communauté Européenne (Europäische Gemeinschaft), beinhaltet ein Richtlinienpaket, was verschiedene Eigenschaften von Gütern (Computer, Spielzeug, Medizineinrichtungen usw.) zur Nutzung in der Europäischen Gemeinschaft vorsieht. EMV (Elektro-Magnetische-Verträglichkeit) ist nur ein Teilaspekt davon, der aber im Computersegment eine große Bedeutung erlangt. In Deutschland wird die Konformität der EMV durch die RegTP (Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) überwacht.

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Kommentar

»Kopf in den Sand« heißt die Devise bei den meisten kleinen und mittelständischen Assemblierern, wenn es um das Thema CE-Zertifizierung geht. Verständlich, wenn man bedenkt, dass viele Fachhändler nahezu jeden Rechner individuell auf Kundenwunsch zusammenstellen und dadurch nach dem Regelwerk der RegTP fast täglich zum Hersteller eines neuen Systems werden.

Eher russisches Roulette als ein allgemein gültiger Tipp, ist die Empfehlung der RegTP an die Reseller, eine Worst-Case-Zusammenstellung prüfen zu lassen und damit auf der sicheren Seite zu sein. Denn angesichts der unterschiedlichen Strahlungsarten und Intensitäten verschiedener Komponenten strahlt ein solches System unter Umständen schwächer, als eine vermeintlich harmlosere Komponentenansammlung.

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INFO

Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP)
Tulpenfeld 4, D-53113 Bonn
Tel. 0228 14-0, Fax 0228 14-8872
www.regtp.de

Jahresberichte RegTP:
www.regtp.de/tech_reg_tele/start/fs_06.html

Deutscher Akkreditierungs Rat:
www.dar.bam.de


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