Das Verkaufen nicht gelernt
- Channel-Marketing muss sich am Kunden orientieren
- Endkunden direkt adressieren
- Das Verkaufen nicht gelernt
Sollte ein Hersteller seine Produkte tatsächlich selbst verkaufen, werde der Channel letztlich doch nur vom Gerätehandel mit seinen geringen Margen entlastet, rührt der langjährige Distributionsmanager an einem Tabu. »Der Händler hat mehr Zeit, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.«AmEnde bedeute das für ihn ein besseres Geschäft mit mehr Ertrag und mehr Unabhängigkeit. »Ich höre seit jeher vonHändlern, wie wenig – bis gar nichts – der Produktverkauf abwirft. Wo liegt dann aber das Problem? «, fragt Keller. Die eigentliche Aufgabe der Händler bestehe darin, Produkte mehrerer Hersteller zu integrieren, sie zu konfigurieren und in Unternehmensprozesse einzubinden, zu schulen, zu betreuen et cetera. »Das setzt ein anderes Know-how voraus. « Im Prinzip gehe es darum, die Technologietiefe ein Stückweit zu reduzieren und sich dafür stärker auf betriebswirtschaftliche Prozesse und Fragen der Anwendung zu fokussieren. »Ich denke, viele Händler haben die Sorge, dabei in Zukunft nicht mehr mitspielen zu können.«
Konzentriere sich der Handel auf seine ureigenen Stärken, könne ein Hersteller theoretisch sogar direkt verkaufen, ohne die prinzipielle Arbeitsteilung im Channel in Frage zu stellen, fasst Keller zusammen. Möglicherweise funktioniere das Channel- Modell auf diese Weise sogar effizienter. »Viele IT-Fachhändler sind geradezu technikverliebt, haben aber das Verkaufen nicht gelernt.« Für das Channel-Marketing der Hersteller bedeutet das in letzter Konsequenz, dass sie auf den Fachhandel als verlängertes Sprachrohr nicht zählen können: Am Ende sind die Unternehmen für ihre Produktkommunikation allein verantwortlich. Umgekehrt heiße das allerdings nicht, der Händler brauche sich überhaupt nicht mit Marketing zu befassen, schränkt der Neu- Basler ein. »Er muss bei seinen Kunden für seine eigene spezifische Leistung werben, aber nicht für die Produkte des Herstellers.«
Wer sich aber komplett aus dem Channel-Marketing heraushalten sollte, ist die Broadline- Distribution, wie Keller fordert. Eine Ansicht, die zumindest für einen früheren Distributionsgeschäftsführer bemerkenswert ist. Trete der Großhandel als Marketing- Dienstleister des Herstellers auf, stifte das keinen zusätzlichen Nutzen, häufig aber Verwirrung, kritisiert der Hochschullehrer. Zum einen verlängere sich der Kommunikationsweg um eine weitere Instanz. Zum anderen werde der Fachhandel regelmäßig mit Marketing-Material überschüttet. »Ein Händler hat mir gerade berichtet, dass er pro Woche circa 200 Mails mit Aktionen, Programmen, Sonderangeboten bekommt.« Vieles davon beziehe sich jeweils auf gleiche Aktionen. Da sich die Distributoren voneinander abgrenzen wollen, gestalte jeder das Material aber etwas anders. Außerdem komme jede Info meist noch einmal vom Hersteller. »Das Verfahren ist ineffizient, und es wird enorm viel Geld verbrannt.«
Abgesehen von der Kritik an solchen Phänomen vertritt Keller prinzipiell die Ansicht, die Broadline-Distribution solle sich auf ihre klassischen Aufgaben in der Logistik konzentrieren, aber keine Handelsfunktionen wahrnehmen. »Im Verkaufsprozess spielt sie keine Rolle mehr. Sie hat ihren Vertriebsauftrag verloren. « Neue Impulse für den ITKChannel erwartet der frühere Also-Chef interessanterweise von Dell, von jenem Unternehmen, das lange Zeit ausschließlich direkt vertrieben hat und das jetzt einen Partnervertrieb ohne Distribution aufbaut.
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