COS kämpft mit Kundenverlusten

10. November 2005, 0:00 Uhr |

COS kämpft mit Kundenverlusten. Die Situation bei COS in Linden ist fatal: Vor der SAP-Einführung rückläufige Umsätze ? nach der SAP-Einführung noch schlechtere Ergebnisse. Vor dem kommenden Jahr ist kaum mit einer Wende zu rechnen. Der Distributor kämpft um jeden einzelnen Kunden.

COS kämpft mit Kundenverlusten

Eigentlich hätte es im laufenden Quartal besser werden müssen. »Im dritten Quartal werden wir noch rote Zahlen schreiben, aber im vierten dürften es wieder schwarze Zahlen sein«, war sich Peter Becker, Vorstandschef bei COS Distribution in Linden, Anfang September im Gespräch mit CRN noch sicher. Doch die damals als weitgehend abgeschlossen bezeichnete Umstellung aller Unternehmensprozesse auf SAP war noch längst nicht frei von Pleiten, Pech und Pannen. Vor allem bei der Bestellannahme und Abwicklung gab es immer wieder Schwierigkeiten. Die Folge: Der Fachhandel wandte sich anderen Lieferanten zu.

»Zu den vordringlichen Aufgaben gehört die rasche und nachhaltige Rückführung der deutschen Distributionsgesellschaft in die Profitabilitätszone«, stellt Kurt Früh, Aufsichtsratspräsident der Beteiligungs-Holding COS Computer Systems AG in Baden/Schweiz, nüchtern fest. Wenngleich Früh kaum Illusionen über das Abschneiden des dritten Quartals hatte, sorgte das Abschlussergebnis doch noch für einen gehörigen Schock: Die Gruppe weist für die Monate Juli bis September einen Konzernverlust in Höhe von 2,7 Millionen Euro aus (siehe CRN 44/05, Seite 16 und CRN-Channelweb vom 28. Oktober). Der Gruppenumsatz sackte auf 121,9 Millionen Euro ab (Vorjahreszeitraum 157 Millionen Euro). Kumuliert für die ersten neun Monate 2005 beträgt der Umsatz 452,6 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum 2004 waren es noch 489,6 Millionen Euro. Parallel dazu ging auch der Bruttogewinn zurück: von 10,7 Millionen Euro im dritten Quartal 2004 auf jetzt 7,8 Millionen.

Den Grund für diese missliche Lage machte Früh schnell aus: Die deutsche Distributionsgesellschaft, die in den zurückliegenden drei Monaten gerade mal 56,3 Millionen Euro umsetzte (Vorjahreszeitraum 84,6 Millionen Euro). Damit liegt der kumulierte Umsatz für die ersten neun Monate bei 246,8 Millionen Euro (Vorjahr 285,9 Millionen). Zugleich rutscht der Gruppenumsatz aller Distributionsgesellschaften weiter in den Keller: statt 445,5 Millionen Euro im dritten Quartal 2004 nur noch 411,4 Millionen Euro.

Aber auch die Schweizer Gesellschaft musste einen leichten Umsatzrückgang auf 17,9 Millionen Euro verzeichnen. In Österreich bewegt sich die COS Distribution ohnehin in tiefroten Zahlen. Mit 7,9 Millionen Euro Umsatz ? bei »unbefriedigenden Margen« und einem negativen Betriebsergebnis ? stehen dem Grossisten tiefgreifende Veränderungen ins Haus. Wie Becker bereits vor längerem gegenüber CRN andeutete, wird die Gesellschaft auf eine reine Verkaufsorganisation ohne logistische Infrastruktur reduziert. Das bedeutet für 40 Mitarbeiter das Aus. Die Logistik wird ab Dezember, spätestens Januar kommenden Jahres von Linden aus abgewickelt.

Ebenfalls rückläufig war das Geschäft des IT-Versandhandels Avitos GmbH in Linden. Als Grund dafür, dass im dritten Quartal nur 4,7 MiIlionen Euro (Vorjahr 8,2 Millionen) umgesetzt worden sind, nennt Früh vor allem »den preisaggressiven Wettbewerb« im Online-Handel. Ebenso hinterließ die Umstellung der Warenwirtschaft auf das neue System bei COS bei Avitos Spuren. Früh hofft, dass mit dem Systemumbau und einem »raschen Umbau der Gesellschaft in einen virtuellen Anbieter ohne eigene logistische Infrastruktur« die Geschäfte bald besser laufen werden.

Doch das Problem der Gruppe sitzt in Linden. Der COS sind im Spätsommer schlichtweg die Kunden weggelaufen. Selbst der Aufsichtsratspräsident beschönigt das nicht: »Vielleicht haben wir die Delle im Markt nicht richtig eingeschätzt. Aber tiefgreifender waren die Kunden- und Volumenverluste, bedingt durch einen signifikanten Leistungsrückgang.« Bis Jahresende, so Früh, »soll das Unternehmen wieder zur gewünschten Leistungsform zurückfinden«. Gleichzeitig schränkt er ein, dass auch im vierten Quartal mit einem Betriebsverlust zu rechnen sei.

Diese Talfahrt des Lindener Distributors ist allerdings kein momentanes Problem. Vielmehr läuft der Motor bei COS schon seit längerem unrund. Das hat sicherlich auch etwas mit den Personalveränderungen zu tun. Gerade im mittleren Management trennte sich COS ziemlich kurzfristig von einer Reihe altgedienter Mitarbeiter. Das führte zu Unruhe im Unternehmen und Unsicherheit bei den Kunden. Nicht genug damit, kürzlich hat auch Vertriebsleiterin Sybille Angela Lücke den Grossisten verlassen.

Dabei ist für COS nichts wichtiger als innere Stabilität. Denn wenn ein Distributor wie das Unternehmen aus Linden an vielen Ecken und Enden Veränderungen vornimmt, so hat Becker seit seinem Amtsantritt unter anderem die Zahl der Lieferanten auf etwa 100 reduziert, gleichzeitig die Avitos-Logistik in die Distribution integriert, dann benötigt ein solches Unternehmen treue und zufriedene Kunden.

Steiniger Weg zu mehr Profitabilität

Aber gerade da hat COS seit dem zweiten Quartal ordentlich einstecken müssen, sowohl als Hauptlieferant wie als Lieferant überhaupt. Laut den aktuellen Marktforschungsdaten der CRN-Channeltracks verlor COS bis Oktober etwa ein Drittel jener Kunden, die den Distributor als ihren Hauptlieferanten benannten. Ebenso wandten sich knapp 25 Prozent jener Kunden von COS ab, die den Grossisten bisher als Nebenlieferanten nutzten.

Zurückzuführen ist dies nicht zuletzt mit einem starken Einbruch bei der Bewertung der Mitarbeiterkompetenz und Leistungen wie Vorabaustausch oder Lieferfähigkeit. Gleichwohl gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Im Oktober hat sich die Bewertung durch den Fachhandel wieder etwas verbessert. Offensichtlich kommt die von Becker geforderte Prozessoptimierung langsam in Schwung. Ansonsten würden dem Distributor noch schwierigere Zeiten ins Haus stehen. Schließlich schwebt über allen Gesellschaften unter dem Holdingdach das Damoklesschwert der Profitabilität. Kurt Früh hatte im vergangenen Jahr für alle Unternehmen klar und deutlich eine Eigenkapitalrendite von 20 Prozent gefordert, um in der Gruppe überleben zu können.

Gegenüber CRN ist Früh zuversichtlich, »dass sich die Geschäfte der Unternehmen langfristig weiter konsolidieren werden«. Schließlich sei die COS-Gruppe in der Lage, die Durststrecke durchzustehen und so eine gute Ausgangslage für das nächste Geschäftsjahr zu schaffen. Immerhin würden sich die schweizerische Distributionsgesellschaft, die COS Memory und die beiden Systemintegrationsgesellschaften, COS Concat in der Schweiz und in Deutschland, auf Zielkurs befinden und das laufende Geschäftsjahr »voraussichtlich mit guten bis sehr guten Resultaten abschließen«. Aber für das Gruppenergebnis ist letztendlich der Distributor in Linden ausschlaggebend, der noch immer mit mehr als der Hälfte zum Gruppenumsatz beiträgt.

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INFO

COS Computer Systems AG
Täfernstraße 11, CH-5405 Baden/Schweiz
Tel. 0041 56 484-9100, Fax 0041 56 484-9393
www.cosag.com


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