CRM-On-demand: »Der Markt hat auf SAP gewartet«
CRM-On-demand: »Der Markt hat auf SAP gewartet«. Unter dem Schlagwort »CRM-On-demand« propagieren fast alle Anbieter derzeit ein neues Modell der Software-Nutzung. In ihrer Studie »CRM 2006 Germany« untersuchen die Münchner Berater von Pierre Audoin Consultants (PAC) die Erfolgschancen des Konzepts. Dass SAP seit kurzem ebenfalls eine »On demand«-Lösung anbietet, sehen die Analysten als entscheidendes Signal für den deutschen Markt.
CRM-On-demand: »Der Markt hat auf SAP gewartet«
michael.hase@ict-channel.com
Um das Konzept kommt offenbar kein Anbieter herum: Fast jeder Hersteller von CRM-Systemen hat mittlerweile eine »On demand«-Variante im Angebot. Und wer noch nicht soweit ist, arbeitet zumindest mit Hochdruck daran. Zu den Pionieren zählen Firmen wie Salesforce. com oder Rightnow Technologies. Siebel hat seit einiger Zeit ebenfalls eine »On demand«-Lösung im Portfolio. Andere Unternehmen wie Update oder Sage versuchen gerade, sich in dem Marktsegment zu etablieren. Inzwischen ziehen auch die großen Player der Software-Branche wie SAP und Microsoft nach.
Beim »On demand«-Modell betreiben Kunden die CRM-Systeme nicht im Unternehmen selbst. Vielmehr greifen Service- oder Vertriebsmitarbeiter über das Netz auf die Programme zu, die im Rechenzentrum eines Hosting-Partners laufen. Viele Anbieter arbeiten beim Hosting der Lösungen mit großen Dienstleistern zusammen, beispielsweise Update mit SBS, Siebel mit T-Systems und IBM wie auch SAP mit IBM.
In ihrer Studie »CRM 2006 Germany« gehen die Münchner CRM-Experten von Pierre Audoin Consultants (PAC) der Frage nach, ob es in Deutschland überhaupt einen Markt für »On demand«-Lösungen gibt. Trotz des großen Medieninteresses sind die Umsätze in Deutschland ? ganz anders als etwa in den USA ? bislang noch begrenzt, wie PAC-Beraterin Marianne Proksch beobachtet.
»Die meisten Firmen haben bereits ein ERP-System im Einsatz und setzen dann häufig auf die integrierte CRM-Lösung des gewählten Anbieters, statt sich eine On demand-Lösung ins Haus zu holen«, begründet die Beraterin die bisher noch geringe Akzeptanz. Tatsächlich erweitern hierzulande immer mehr ERP-Anbieter ihre Lösung um CRM-Funktionen.
Darüber hinaus verweist Proksch auf das Misstrauen deutscher Firmen gegenüber dem neuen Konzept. Zum einen sei dies der Mentalität geschuldet, »zum anderen haben Firmen schlichtweg Angst, ihre vertraulichen Kundendaten an Dritte weiterzugeben«, erläutert die PAC-Analystin. Dies gelte insbesondere dann, wenn Kundenmanagement zur Kernkompetenz des Unternehmens gehört.
Zudem macht die Beraterin »ein typisch deutsches Phänomen« geltend: Der Markt habe schlicht darauf gewartet, wie SAP auf den Trend reagiert. Nach einigem Zögern stellten die Walldorfer schließlich Anfang des vergangenen Monats ihre eigene »On demand«-Lösung vor. Vom Markteintritt des größten deutschen Software-Anbieters erwartet Proksch eine wesentliche Signalwirkung, so dass sich das Konzept künftig auch in Deutschland verbreiten werde.
Das Thema treiben vor allem Unternehmen wie Salesforce. com, Rightnow und Siebel voran. »On demand« vereinfache die CRM-Einführung, erfordere weniger Betreuungsaufwand und trage auf diese Weise zu niedrigeren Betriebskosten bei, versichern diese Anbieter.
PAC-Beraterin Proksch beurteilt solche Argumente zwiespältig: »Mit CRM-On-demand lassen sich sicherlich kurzfristig Kosteneinsparungen realisieren. Langfristig wird sich eine In-House-Lösung aber besser rechnen, da die Kosten pro User bei On demand-Lösungen konstant bleiben.« Außerdem verursachten komplexe Projekte wegen des hohen Anpassungsbedarfs häufig beträchtliche Kosten. Beispielsweise habe die Einführung der Lösung von Salesforce.com beim Netzwerkspezialisten Cisco ähnlich hohe Investitionen erfordert wie die Implementierung einer Standardsoftware.
Da »On demand«-Lösungen nach den Worten der Expertin nur innerhalb eines bestimmten Rahmens flexibel und anpassungsfähig sind, bietet sich ihr Einsatz eher zur Vertriebsunterstützung als im Service an. Denn Vertriebsstrukturen weisen in der Regel eine weitaus geringere Vertikalisierung und Individualisierung auf, als das im Service der Fall ist.
Vor allem bei kleinen Unternehmen, und dort insbesondere im Dienstleistungssektor, sieht Proksch gute Chancen für das Konzept: Also bei kleinen Dienstleistern unterschiedlicher Ausprägung wie Personalservice-Agenturen, Beratungs- oder Reinigungsfirmen. Denn deren Prozesse unterschieden sich oft nur wenig von den Standards, die in »On demand«-Lösungen hinterlegt seien. Für Branchen mit sehr individuellen Prozessen, wie der fertigenden Industrie, dem Handel oder dem Finanzdienstleistungssektor, eigneten sich »On demand«-Lösungen dagegen weniger gut.
Tatsächlich bieten Firmen wie Siebel oder Update bereits vertikale CRM-On-demand-Lösungen an. In einer solchen Branchenorientierung sieht PAC einen wesentlichen Erfolgsfaktor: Weil sich das »On demand«-Konzept nur begrenzt individualisieren lässt, hält es Proksch für umso wichtiger, Branchenspezifika durch vertikale Lösungen abzudecken. Dabei seien klassische Anbieter wie Siebel oder Update klar im Vorteil gegenüber »On demand«-Pionieren wie Salesforce.com, die solche Branchenlösungen noch nicht im Portfolio haben.
Darüber hinaus kann sich »CRM-On-demand« als temporäre CRM-Lösung anbieten. Das gelte vor allem für Firmen, die neu in das Thema Kundenmanagement einsteigen, erläutert Proksch. Auf lange Sicht könne der Kunde auf eine »On premise«-Lösung umsteigen. Dieses Modell sei ebenfalls für größere Unternehmen interessant, die zwar ein langfristiges CRM-Projekt planen, kurzfristig jedoch erste Funktionen nutzen wollen.
Solche hybriden Konzepte werden laut PAC bereits von Herstellern wie Siebel, Update, Sage, der CAS AG und seit neuestem auch von SAP angeboten. Allerdings berge dieser Ansatz die Gefahr, das »On demand«-Modell als reines Vertriebs-Tool für »On premise«-Lösungen zu missbrauchen, warnt die Expertin.
Auf der einen Seite bescheinigt Proksch dem neuen Konzept alles in allem »eine rosige Zukunft«. Denn nach ihrer Überzeugung stimmen die Grundvoraussetzungen: »Neben einer Vielzahl an guten Anbietern auf dem Markt gibt es je nach Rahmenbedingungen gute Gründe, eine CRM-On-demand-Lösung einzusetzen.« Außerdem bekenne sich mit SAP, der inzwischen Weltmarktführer bei betrieblicher Standardsoftware ist, mit einer eigenen Lösung zu diesem Modell.
Auf der anderen Seite kann vom Ende des traditionellen Software-Vertriebs keine Rede sein. Weil »On demand«-Lösungen in puncto Flexibilität und Anpassbarkeit begrenzte Möglichkeiten bieten, werden der PAC-Analystin zufolge in Zukunft beide Konzepte nebeneinander bestehen.
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