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»Das Gesamtkonzept wird sicherlich nicht 1:1 umgesetzt« (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 29.3.2006 • ca. 2:50 Min

Inhalt
  1. »Das Gesamtkonzept wird sicherlich nicht 1:1 umgesetzt«
  2. »Das Gesamtkonzept wird sicherlich nicht 1:1 umgesetzt« (Fortsetzung)
Testlabor der gematik in Berlin zur Prüfung aller involvierten Komponenten. Foto: gematik
Testlabor der gematik in Berlin zur Prüfung aller involvierten Komponenten. Foto: gematik

Welche Anwendungen werden getestet?
Augenblicklich bereitet man in Berlin bei der gematik das Testlabor vor, in dem die einzelnen Komponenten umfassenden Funktionstests unterzogen werden. Danach soll das Zusammenspiel der Komponenten und das Handling in Musterumgebungen erprobt werden, die sowohl zentral bei der gematik als auch dezentral in den einzelnen Regionen eingerichtet werden. Erst wenn diese Teststufen erfolgreich abgeschlossen sind, geht es in die Feldtests mit Echtdaten. Man beginnt dort mit den Tests der Pflichtanwendungen, das heißt mit dem Versichertenstammdatendienst (Online-Check von Gültigkeit und Versichertenstatus) und der elektronischen Übermittlung von Rezepten?

?aber es gibt doch schon seit Jahren entsprechende Kartenprojekte?
?sicher, unabhängig von den Vorgaben der gematik haben einzelne Regionen bereits schon in der Vergangenheit ­Kartenprojekte realisiert, in denen ­Applikationen wie das elektronische ­Rezept, der Notfalldatensatz oder elektronische Patientenakten getestet wurden. Die Ergebnisse aus diesen ­Pilotprojekten sind sicherlich im Hinblick auf Handhabung und Akzeptanz von Gesundheitskarten hilfreich, lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die technische Funktionsfähigkeit des aktuellen Konzepts zu.

Wird das recht komplexe Ticket-Verfahren der Fraunhofer-Architektur eingesetzt oder ein vereinfachtes Ticket-Verfahren oder überhaupt ein anderes Zertifikats-Verfahren?
Eine Entscheidung des Architektur­boards steht noch aus, doch scheint das ­Ticketkonzept, wie es in der Lösungs­­architektur beschrieben ist, nicht zum Einsatz zu kommen.

Wird auch der Offline-Fall (Authentifizierung ohne Telematik-Infrastruktur) gestestet?
Ja, der Test der Karte ohne Online-­Zugang steht ganz am Anfang des Testverfahrens. Nach den beschriebenen Trockenübungen in Testlabor und ­Musterumgebung sieht die entsprechende Rechtsverordnung des Bun­desgesundheitsministeriums vom November 2005 vor, dass die eGK zunächst ­ohne Netzzugang erprobt werden soll.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, die komplexe Infrastruktur und Technik in der Fläche zu etablieren? Wie steht es mit der EDV-Infrastruktur bei den Beteiligten?
Der Aufbau einer umfassenden Tele­matik-Infrastruktur für die Applika­tionen der elektronischen Gesund­heits­karte ist sicherlich kein einfaches Unterfangen, sondern ein IT-Groß­projekt. Niemand kann erwarten, dass diese Strukturen innerhalb weniger Monate aufgebaut werden. Das ge­plante Vorgehen, zunächst in Testre­gionen mit dem Aufbau zu beginnen und dann sukzes­sive in die Fläche zu gehen, ist jedoch ein vernünftiger Ansatz, der der Komplexität des Projekts gerecht wird.
Die IT-Ausstattung bei den beteiligten Leistungserbringern (Ärzte, Apotheken, Krankenhäusern) ist derzeit noch recht heterogen. Während Kliniken und Apotheken meist auf einem recht hohen Level agieren, gibt es in der Ärzteschaft noch große Un­terschiede. Vom DOS-basierten PC
bis zum High-End-Praxisnetz ist
hier alles vertreten. Ähnliches gilt auch für ­Online-Zugänge und Vernetzung. Die Einführung der elektro­nischen ­Gesundheitskarte wird hier mittel­fristig zu einem einheitlicheren Ausstattungsstand im Gesundheitswesen führen.

Wie beurteilen Sie die Kosten, wer soll sie übernehmen?
Hier muss man differenzieren zwischen den Kosten für die Testphase, den Kosten für die Einführung der eGK und den späteren Betriebskosten des Systems. Die Kosten für die Tests sind, um konkret für die Testregion Bochum-Essen zu sprechen, weitest­gehend gesichert. Die gematik hat ­bereits Pauschalen als Aufwandsentschädigung für die am Test teilnehmenden Leistungserbringer festgelegt und wird diese bereitstellen, das Projektbüro und die -leitung werden aus Landesmitteln finanziert. Die Ausgabe der Karten ist sowohl im Rahmen der Tests als auch später Aufgabe der teilnehmenden Krankenkassen und wird somit auch von diesen finanziert ­werden.
Wie hoch die Kosten im bundesweiten Roll-Out für den Aufbau der Infrastrukturen sein werden, ist der-
zeit noch die große Unbekannte. Im Übrigen wird gerade im Auftrag der gematik eine umfassende Kosten-­Nutzen-Analyse durchgeführt, mit ­deren Ergebnissen im Sommer dieses Jahres gerechnet wird. Anhand dieser Zahlen wird sicher auch die Diskussion um die Kostenverteilung neu entfacht werden.

Kann man mit dem Tempo der Ein­führung der Gesundheitskarte zufrieden sein?
Die Einführung einer flächendeckenden Telematikarchitektur und Sicherheits­infrastruktur ist ein komplexes und anspruchsvolles Projekt. Auch wenn nicht immer alle vorgegebenen Termine exakt erreicht werden, kann man doch davon ausgehen, dass alle Beteiligten in ihrem Verantwortungsbereich mit viel Einsatz und Engagement am Erfolg dieses Projektes arbeiten.

Herr Sembritzki, vielen Dank für das Gespräch!