Das Gesundheitssystem zukunftsfähig machen

17. August 2007, 11:38 Uhr |

Das Gesundheitssystem zukunftsfähig machen Knappe Kassen, steigende Krankheitskosten oder zu wenig Pflegepersonal: Mit diesen Herausforderungen sieht sich das deutsche Gesundheitswesen konfrontiert.

Die Folgen sind unter anderem Qualitätsmängel und Ver­sorgungsdefizite. Es gibt ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag: Bei den Gesundheitsausgaben liegt Deutschland hinter den USA und der Schweiz an dritter Stelle, die Lebenserwartung hier­zulande hat im Vergleich der OECD-Länder aber ­allenfalls Durchschnittsniveau. Als Konsequenz wächst das Bewusstsein für den Nutzen moderner Techno­logien und IT-Lösungen im ­Gesundheitssektor. Sie er­leichtern Ärzten, Pflege­personal und Laborkräften die Arbeit und bringen im oft hektischen Klinikalltag spürbare Entlastung. Dem kommt die berührungslose Funktechno­logie RFID entgegen. Der Gesundheitsbereich hat das erkannt und nimmt bei RFID-Anwendungen inzwischen eine Vorrei­terrolle ein. Denn wer RFID etwa für die Patientenidentifikation einsetzt, ist auch bei der Medikation auf der sicheren Seite. Dadurch reduzieren sich Falsch­dosierungen auf ein Minimum, was wiederum zu Kosteneinsparungen bei den Medikamenten führt und ­letztendlich das Wohlergehen und die Gesundheit der Patienten erhöht. So erhält bei der Patientenidentifikation mittels RFID jeder Patient das richtige Medikament in der passenden Dosierung. Darüber hinaus kann der ­Patient an speziell dafür installierten Infoterminals Daten zu seiner Krankengeschichte abrufen, da während einer Visite oft wenig Zeit für ausführliche und erklärende Gespräche bleibt. Hier kann er Standard­empfehlungen nachlesen oder Termine zu weiteren Untersuchungen oder zum Einweisungs- und Ent­lassungstag checken. Ein Paradebeispiel ist das Klinikum Saarbrücken, das eine RFID-Lösung sowohl für das Patienten-Tracking als auch für die lückenlose Dokumentation der Verabreichung der Blutkonserven pilotiert. Die Städtischen Kliniken Bielefeld testen momentan Krankenhausbetten mit integriertem RFID-Chip, um deren zeit- und kostenintensiven Reinigungsprozesse zu verbessern. Das Inselspital Bern, mit ­jährlich 42000 Reinigungen von Betten und Matratzen, kann dank der eindeutigen Identifikation der Klinikbetten die Menge an Reinigungsmitteln verringern, das Personal entlasten und die Bettenzahl reduzieren. Nach zwei Jahren hat sich die Investition heute bereits rentiert, jährlich spart das Spital zirka 126000 Euro ein. Weiteres Potenzial für RFID-Anwendungen im Gesundheitssektor bietet der Bereich Patienten- und ­Asset-Tracking. Das belegen aktuelle ­Pilotprojekte, bei denen vor allem demenzkranke Menschen sowie Mütter mit Kindern im Fokus stehen. Denn mit ­Hilfe der Transpondertechnik kann eine vollflächige Abdeckung des Klinikareals garantiert werden, sodass Pa­tienten nicht mehr verloren gehen können. Interessant ist dabei vor allem der Einsatz sogenannter semi­aktiver Tags bei Müttern und Kindern: Halten sich diese gemeinsam in einem Zimmer auf, setzt das Signal aus. Sobald sie aber ein bestimmtes Feld passieren, wie zum ­Beispiel eine Tür, setzt das Signal wieder ein. Damit kann das Klinikpersonal ­jederzeit feststellen, wo und bei welcher Person sich die einzelnen Kinder jeweils befinden. Sobald eine unautorisierte Person ohne entsprechenden Trans­ponder zum Beispiel ein Kind aus der Klinik bringt, setzt ein Alarm ein. Was die notwendige IT-Ausstattung für RFID-­Anwendungen in den Kliniken betrifft, überwiegt noch eine gemischte Ausgangslage – dennoch ist sie allen Unkenrufen zum Trotz oft besser als gedacht. W-LAN als technische Grundvoraussetzung sollte vorhanden sein, ebenso wie ein modernes KIS (Krankenhausinformationssystem). Aufgrund des wachsenden Bewusstseins für den Nutzen von RFID ist aber deutlich feststellbar, dass sich die Krankenhäuser pro­aktiv um noch offene technologische ­Fragestellungen ­kümmern.

Thomas Jell ist Director RFID bei Siemens IT Solutions and ­Services in München.


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