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CRN-Exklusiv-Interview

»Das Thema Handel wird zunehmend interessant«

»Das Thema Handel wird zunehmend interessant«: Als Simyo vor einem Jahr an den Start ging, war der Channel wenig erfreut: »Keine Shops, keine Händlerprovisionen«, lautete das Motto des ersten, deutschen »No-Frills«- Anbieters. Jetzt wird die Strategie womöglich doch geändert. CRN-Korrespondent Folker Lück sprach mit Simyo-Geschäftsführer Rolf Hansen über einen möglichen Einstieg in den Fachhandels-Vertrieb und künftige VoIP- und Daten-Angebote.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.7.2006 • ca. 2:55 Min

CRN: Als Simyo vor fast genau einem Jahr an den Start ging, hat Ihr Unternehmen den Mobilfunkmarkt in Aufruhr versetzt. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Hansen: Das erste, operative Geschäftsjahr ist für uns äußerst erfolgreich verlaufen. Im Online- Bereich sind wir definitiv der Marktführer. Simyo ist mit einem Paukenschlag gestartet und es ist uns innerhalb kürzester Zeit gelungen, in unserem Segment einen Markenstatus wie anderswo etwa das »Tempo«-Taschentuch zu erreichen. Andere Mobilfunk- Anbieter haben unser Konzept kopiert, auch wenn wir selbst nicht die Erfinder von No-Frills waren. Wir schreiben uns allerdings auf die Fahnen, dass wir als erster Anbieter ein transparentes Angebot und Einfachheit in den deutschen Mobilfunkmarkt gebracht haben. Heute, nach einem Jahr No-Frills, haben wir fünf Konkurrenten. Dabei spaltet sich der Markt weitgehend in zwei Lager, nämlich in die E-Plus- und die T-Mobile-Kooperationspartner. Meiner Ansicht nach wird dabei von einigen Anbietern nur alter Wein in neuen Schläuchen vermarktet – das merkt der Endkunde auch. Wir gehen davon aus, dass jetzt keine weiteren Provider mehr hinzukommen, sondern dass eine Konsolidierungsphase folgt.

CRN: Sie haben bisher immer gesagt, dass der Fachhandel nicht als Simyo- Vertriebskanal angedacht ist. Ist das Ihr letztes Wort?

Hansen: Nach aktuellen Marktanalysen kennen uns inzwischen 56 Prozent aller Deutschen. Daraus ergibt sich, dass wir auch Interessenten außerhalb unserer sehr Internet-affinen Kern-Zielgruppe ansprechen. Das Thema Handel und Online-Handel wird also zunehmend interessant. Wir evaluieren derzeit, ob und wie für uns ein Eintritt in die physische Distribution möglich ist. Es ist allerdings noch zu früh, um hier Einzelheiten zu nennen.

CRN: Ihr Unternehmen betont zwar immer wieder, dass es überdurchschnittlich stark wächst, nennt aber keine konkreten Zahlen. Warum diese Zurückhaltung?

Hansen: Ich bin davon überzeugt, dass unsere Geschäftszahlen im Fall der Veröffentlichung die Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells eindeutig untermauern würden. Die Finanzkommunikation und somit auch Informationen über Kundenzahlen übernimmt im Simyo-Gesellschafterkreis jedoch ausschließlich E-Plus, womit wir angesichts des nachhaltigen Investoreninteresses sehr gut leben können. Als Tochter der börsennotierten KPN weist unser Mehrheitsgesellschafter E-Plus zentrale Finanzkennzahlen der einzelnen Marken bis dato nicht getrennt aus.

CRN: Wie setzt sich die heutige Simyo- Kundschaft zusammen? Sind das lauter »Geiz-ist-geil«-Menschen? Wie sieht es mit Geschäftskunden aus?

Hansen: Da wir eine Rechnung mit digitaler Signatur anbieten, zählen zu unseren heutigen Kunden auch zahlreiche Selbstständige und kleine Unternehmen. Wir verfügen jedoch über kein explizites Geschäftskundenangebot. Daran wird auch nicht konkret gearbeitet. Aber aus der Weiterentwicklung unserer Internetplattform werden sich künftig sicherlich auch weitere Vorzüge für Businessanwender ergeben. Ansonsten verfügen wir über eine ganz und gar nicht geizige Kundengruppe, die überdurchschnittlich stark das Internet für Einkäufe aller Art nutzt. Simyo wird davon abgesehen auch gar nicht primär als Billiganbieter im Markt wahrgenommen. Vielmehr sehen uns die Kunden als Lifestyle-Marke mit einem sehr transparenten Angebot.

CRN: Nahezu alle Mobilfunkunternehmen vermarkten auch Angebote für die mobile Datenübertragung. Wird es bald das erste Simyo-Datenprodukt geben, oder sind UMTS und HSDPA keine Themen für Sie?

Hansen: Wir beobachten derzeit die Entwicklung in den Bereichen E-Mail-Push- und Messaging- Dienste mit großem Interesse. Technisch halten wir hier allerdings die vorhandenen GPRS-Kapazitäten für ausreichend. UMTS und HSDPA sehen wir eher auf einer drei- bis fünfjährigen Zeitachse. Wie ein künftiges Simyo-Datenprodukt aussehen könnte, sehen wir uns gerade an. Fest steht, dass auch hier Bepreisung und Nutzung ganz einfach und transparent sein müssen.

CRN: Sie haben geäußert, dass Sie Festnetzanschlüsse zum Telefonieren für überf lüssig halten. Die Realität sieht aber anders aus: Das Geschäft mit Internet-Telefonie für Privatkunden und VoIP-Lösungen im Businessbereich entwickelt sich prächtig. Haben Sie sich hier verschätzt?

Hansen: Einerseits steht fest, dass immer mehr Gesprächsminuten aufs Handy verlagert werden. Andererseits bin ich mir im Klaren darüber, dass der Mobilfunk einem 50 MBit/s schnellen IP-Festnetz nichts entgegenzusetzen hat. Dual-Mode-Handys werden künftig Bestandteil dieses IP-Festnetzes sein. Daheim und an Public- Hotspots wird über das WLAN telefoniert, unterwegs über die Mobilfunknetze. Voiceover- IP entwickelt sich in der Tat zu einem hochinteressanten Bereich, den wir uns auch bei Simyo sehr genau ansehen.