»Den Kopf frei für Management-Prozesse«

8. Februar 2007, 13:03 Uhr | Markus Bereszewski

»Den Kopf frei für Management-Prozesse« Der PVC-Hersteller VESTOLIT hat nicht nur seinen Outsourcingvertrag frühzeitig verlängert, sondern zudem weitere IT-Bereiche ausgelagert. Die Anforderungen an die IT hinsichtlich der Datensicherheit und des ­Datenschutzes waren aus eigener Kraft nicht mehr zu gewährleisten.

PVC ist allgegenwärtig. Es findet sich in Autos, Fensterrahmen, als Fußbodenbelag oder in ­Tapeten, denn seine Vorteile sind unbestritten: Der Kunststoff ist schwer entflammbar, nahezu unverwüstlich, wasserundurchlässig, witterungs- und alterungsbeständig und vor allem pflegeleicht. Kurz: Polyvinylchlorid ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.

Gute Kommunikation
Das deutsche Unternehmen VESTOLIT hat maßgeblich an der Erfolgsgeschichte des PVC mitgeschrieben – und ist auch heute in vielen Marktsegmenten marktführend. Seit mehr als einem halben Jahrhundert gibt es in Marl den mittelständischen Betrieb, der mit seiner Jahresproduktion von rund 400000 Tonnen mittlerweile als der größte vollintegrierte PVC-­Hersteller in Europa gilt (siehe Kasten, Seite 21). »Natürlich wuchsen mit dem Unternehmen im Laufe der Zeit auch die Anforderungen an die IT-Abteilung«, erklärt Heinz-Josef Wolters, Leiter Systemmanagement und Netzwerke. »Von den Gehaltsabrechnungen bis hin zu den Automatisierungsprozessen – Computer und Software sind essenziell und aus den Geschäfts- und Produktionsprozessen des Unternehmens nicht mehr wegzudenken.« Vor einigen Jahren stand man bei VESTOLIT vor der klassischen Frage, ob es effizienter sei, neue Hard- und Softwarekomponenten zu kaufen – und weiteres IT-Fachpersonal einzustellen, oder die IT-Prozesse – und dabei vor ­allem die SAP-Anwendungen – an einen externen Dienstleister zu vergeben. Die Wahl fiel nicht zuletzt wegen des SAP-Know-hows auf Capgemini. »Wir kannten das Unternehmen, wussten, dass hier die Kommunikation funktionieren würde und die Mitarbeiter einen hohen Grad an Professionalität mitbringen«, begründet Wolters die damalige Wahl des Outsourcing-Partners. Dennoch gab es auch besorgte Stimmen. »Natürlich hat der Out­sourcing-Gedanke anfangs im Un­ternehmen auch für einige Unruhe – und sogar ­einige Ängste gesorgt«, ­bestätigt Wolters. »Vor allem wir in der IT-Abteilung wussten nicht, ob unsere Jobs nicht einfach wegrationalisiert würden.« Sieben Köpfe zählte die IT-Mannschaft damals – und zählt sie auch heute noch. Die anfänglichen ­Befürchtungen erwiesen sich als un­begründet.

Dienstleister ergänzt internes Know-how
Im Gegenteil, plötzlich taten sich für die IT-Experten des PVC-Herstellers neue Betätigungsfelder auf. »Unser Dienstleister baute in Lübeck das Service-Center autark komplett neu auf – und wir hatten den Kopf frei für dringliche ­Management-Prozesse«, sagt Wolters. »Den Vorteil, den wir zunächst am deutlichsten spürten, war der Zeitfaktor: Wir hatten plötzlich die Chance, uns viel ­intensiver um unsere Kunden – also ­unsere internen Kollegen in den Fach­ab­teilungen – zu kümmern.« Die Mannschaft initiierte neue Projekte, erarbeitete Konzepte, wie man die Ab­läufe im Unternehmen effizienter und transparenter gestalten konnte und besprach ihre Vorschläge und Konzepte mit den Kollegen des Dienstleisters. So entwickelte sich mit der Zeit eine enge Kooperation untereinander. »Ein wei­terer Vorteil: Unser Know-how blieb im Unternehmen und wurde durch das der Capgemini-Mannschaft noch verstärkt.«

Mobilität erforderte neue Security-Konzepte
Zu Beginn des vergangenen Jahres standen die Marler allerdings vor neuen Herausforderungen: Wartungsverträge liefen ab, zum anderen zeigte es sich immer mehr, dass die technische Entwicklung die Implementierung weiterer, neuer Funktionen notwendig macht. »Nur ein Beispiel: Unsere Mitarbeiter wollen auch von ihren Home-Offices und gegebenenfalls sogar von einem Internet-Café aus auf unser Intranet ­zugreifen«, erklärt Wolters. »Das stellt natürlich hohe Ansprüche an die Security-Lösungen.« In der Praxis sollen beispielsweise die Groupwise Services auf WebAccess ausgedehnt und der damit verbundene Zugriff auf Webservices sicherer gestaltet werden beziehungsweise über ein Portal zur Verfügung ­stehen. Zudem hat der Hersteller seit Herbst 2006 neue Shareholder und fährt seither verstärkt auf Expansionskurs – und auch darauf muss die IT ausgerichtet sein. Kurz: Die bestehende Computer- und Softwarelandschaft stieß an ihre Grenzen.

Virtualisierung als ­nächster Schritt
»In den vergangenen fünf Jahren sind die Anforderungen an die IT-Abteilung schier explodiert«, sagt Wolters. »Nehmen wir nur die Sicherheitsaspekte, die Tiefe der Technologie und der neuen Kommunikationswege.« Wenn ein Unternehmen wie VESTOLIT all diese Neuerungen selber mit eigenen Computersystemen und mit Personal abdecken wollte, wären riesige Investitionen notwendig. »Wenn ich nur einmal grob überschlage, bräuchten wir mindestens sechs neue Mitarbeiter in der Abteilung – gar nicht zu reden von den Inves­titionen in neue Computersysteme.« Deswegen beschloss die Geschäfts­führung, weitere Services von ihrem Dienstleister zu beziehen. Der neue Outsourcing-Vertrag unterstützt den PVC-Hersteller bei der Modernisierung und Ausrichtung der IT-Systemlandschaft auf künf­tige Anforderungen. Die Moderni­sierung und Migration der technischen Systeme konnte innerhalb weniger ­Monate durchgeführt werden, wobei die Verfügbarkeit der Systeme zu jeder Zeit gewährleistet war. Im Rahmen des Vertrages werden demnächst unter ­anderem auch die weitere Virtuali­sierung von Servern und die Implementierung von Web-Services in Angriff genommen.

Frank Homeister ist freier Journalist in Siegsdorf/Obb.


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