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»Denkt nicht in Geräten, sondern in Prozessen«

»Denkt nicht in Geräten, sondern in Prozessen« Die Rolle der IT in den Unternehmen muss sich wandeln. Doch wie und ­welche ­Bedeutung dabei dem weltweiten Service-Markt zukommt, darüber sprach Markus Bereszewski mit Tönnies von Donop, Leiter des Bereichs System Integration & Technology bei Accenture.

Autor:Markus Bereszewski • 19.10.2007 • ca. 2:10 Min

Tönnies von Donop, ­Leiter des Bereichs System Integration & Technology bei Accenture.
Inhalt
  1. »Denkt nicht in Geräten, sondern in Prozessen«
  2. »Denkt nicht in Geräten, sondern in Prozessen« (Fortsetzung)

Herr von Donop, wie entwickelt sich der IT-Service-Markt aus Ihrer Sicht? Wir unterscheiden zwei Marktsegmente: Das Segment Technologieberatung, worunter wir den effizienten und effektiven Einsatz der IT in einem Unternehmen verstehen und das Segment Systemintegration, also die Unterstützung der Unternehmensprozesse durch IT. Den Bereich Systemintegration bezeichnen wir auch als Business-Integration, da die Reorganisation der Geschäfts­prozesse wesentlicher Bestandteil jeder Systemeinführung ist. Im Bereich System- oder Businessintegration rechnen wir mit einem weltweiten Marktwachstum von etwa fünf Prozent pro Jahr – wobei die Dynamik tatsächlich viel größer ist. Sinkende Tagessätze – durch zunehmende Offshore-Nutzung – dämpfen hier das Marktwachstum. Im Bereich Technologieberatung rechnen wir weltweit mit deutlich höheren Wachstumsraten – im Bereich von zehn Prozent und darüber.

Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie in Deutschland? Wir gehen bei der Systemintegration – im Vergleich zu den globalen Zahlen – von einem höheren ­Wachstum aus. Der hiesige Markt hat eine be­­­­sondere Struktur: Wenn ich Outsourcing dazu zähle, sind 40 Prozent des Marktes in der Hand der IT-Töchter großer Konzerne und ausgegründeter IT-GmbHs. Diese IT-Einheiten können mit der dynamischen Marktentwicklung, die unter anderem den Aufbau von Offshore-Kapazitäten fordert, kaum Schritt ­halten, weil sie an konzerninternen Fesseln liegen. Meine Prognose ist, dass diese IT-Töchter in den nächsten Jahren Marktanteile verlieren werden beziehungsweise verkauft oder in den Mutterkonzern re-integriert werden. In den skandinavischen Ländern – mit vergleichbaren Strukturen – ist dieser Prozess bereits deutlich weiter fortgeschritten als hierzulande.

Einer der Schlüssel zum Erfolg liegt also im richtigen Mix der globalen Ressourcen? Richtig. Es gibt keinen CIO, der derzeit nicht darüber nachdenkt. Das globale Sourcing hat in den vergangenen Jahren eine unglaubliche Dynamik gezeigt und es verändert die Welt und damit die IT in den Unternehmen. Accenture hat das rechtzeitig erkannt. Vor sechs Jahren hatten wir in Indien 300 Mitarbeiter, heute sind es 35000 – und wir stellen dort jeden Monat 600 bis 800 Mitarbeiter neu ein. Auf den Philippinen verfügen wir über 10000 Mitarbeiter, in China über 3000, und wir haben Center in Warschau, Riga, Prag und an anderen Standorten.

Es gibt viele Erfahrungen, die zeigen, dass die Vorteile deutlich überschätzt werden. Ja, wenn man »Offshoring für Dummies« betreibt, wie ich es nennen möchte: Einfach einen Entwickler hier gegen einen Offshore-Mitarbeiter zu tauschen macht häufig ­wenig bis keinen Sinn, da die Reibungsverluste und Kommunikationsprobleme die rechnerische Kosteneinsparung schnell auffressen. Aber die richtige Nutzung des Offshorings, die ­Nutzung von global vernetzten und standardisierten Entwicklungszentren – wir nennen das bei Accen­ture unser Global Delivery Network – bringt Vor­teile, die weit über den reinen Arbeitskostenvorteil hinaus­gehen. In diesen IT-Fabriken arbeiten zehntausende Menschen an einem Standort mit den ­gleichen Tools, nach den gleichen Prozessen, absolut stan­dardisiert – hier werden täglich neue Projekte ge­startet und abgeschlossen. Das ist Automation – und hier liegt der Schlüssel zur Industrialisierung der IT. Wer diese Möglichkeiten nicht nutzt, hat doppelte Nachteile: erstens deutlich höhere Kosten und ­zweitens – als Konsequenz – fehlende Mittel zur Investition in Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.