Bei den privaten Haushalten haben die immer wieder nötigen Lockdowns mit Schließungen beispielsweise von Einzelhandel, Fitnessstudios oder Kinos zu einem gewaltigen Konsumstau geführt, der zu beispiellosem Sparen geführt hat: „Im Vergleich zu einem Szenario, in dem die Sparquote auf ihrem Vorkrisenniveau verblieben wäre, beträgt unserer Prognose zufolge die im vergangenen und in diesem Jahr aufgestaute Kaufkraft zusammengenommen rund 200 Milliarden Euro bzw. 10 Prozent des verfügbaren Einkommens (im Jahr 2019)“, schreiben die IfW-Konjunkturforscher. Auch die staatlichen Stützungsleistungen - zum Beispiel die Mehrwertsteuersenkung in der zweiten Hälfte 2020 sowie monetäre Sozialleistungen wie Kurzarbeitergeld - hätten sich zu einem großen Teil bislang aufgestaut.
Mit der sukzessiven Lockerung der Corona-Maßnahmen erwacht nun das öffentliche Leben - und das bei den Haushalten zurückgehaltene Geld rollt auf Händler, Dienstleister und Gastronomen zu. Das IfW erwartet, dass damit die privaten Konsumausgaben 2021 um 2,4 Prozent und 2022 sogar um 8,2 Prozent zulegen - mit einem Unsicherheitsfaktor: „Es ist weiterhin offen, wieviel der zwischenzeitlich aufgestauten Kaufkraft für zusätzliche private Konsumausgaben aufgewendet werden wird.“
Zudem ist noch lange nicht ausgemacht, ob sich die Corona-Lage weiter entspannt. Alle Prognosen stünden „auf wackligen Beinen, solange die Corona-Pandemie nicht nachhaltig eingedämmt ist“, hob das DIW hervor. „Insbesondere die Dienstleistungsbereiche profitieren jetzt von den Lockerungsmaßnahmen“, sagte dessen Konjunkturexperte Claus Michelsen. „Erst wenn die Impfquote so hoch ist, dass zumindest annähernd eine Herdenimmunität erreicht ist, werden wir einen nachhaltigen Aufschwung erleben.“
Schließlich bleibt auch offen, wie sich die Transportlage im internationalen Seeverkehr entwickelt, die bei vielen Unternehmen als Stolperstein auf dem Weg aus der Coronakrise gilt. Die Pandemie hat die Linienpläne auf den maritimen Schlagadern rund um den Globus seit langem kräftig durcheinandergewirbelt. Der tagelange Stau im Suezkanal - ausgelöst durch die Havarie des Containerfrachters „Ever Given“ im März - beeinträchtigte die ohnehin angespannten Lieferketten zusätzlich. Als neuestes Problem kam ein Corona-Ausbruch in China hinzu, der im riesigen Hafen von Yantian in der chinesischen Provinz Shenzen Reedereien zu Planänderungen zwingt. Namhafte Industrieverbände hatten angesichts dieser Lage in einem Brandbrief an die Bundesregierung auf Verschlechterungen bei Zuverlässigkeit und Qualität im Container-Seeverkehr hingewiesen, insbesondere auf den Strecken zwischen Asien, Nordamerika und Europa.