Die Ansteckung mit dem Aidserreger HIV
Berlin/Frankfurt (dpa) - Weltweit sind mehr als 33 Millionen Menschen HIV-positiv. In Deutschland gab es Ende 2009 nach einer Schätzung des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) rund 67 000 HIV- Infizierte. Etwa 17 Prozent davon sind Frauen. INFEKTIONEN...
…IN ZAHLEN: 2009 wurden dem RKI 2856 Neu-Infektionen gemeldet: Darunter waren 1629 Männer, die mit Männern Sex hatten, und 423 Menschen, die sich beim heterosexuellen Verkehr infiziert haben. 100 Menschen steckten sich beim Drogenmissbrauch über Nadeln an. Bei 281 handelte es sich um Migranten aus Ländern, in denen das Virus stark verbreitet ist. Bei den restlichen Fällen lag keine Angabe über die Art der Übertragung vor.
ÜBERTRAGUNG BEIM SEX: Der Analverkehr birgt ein höheres Infektionsrisiko, weil die Darmschleimhaut empfänglicher für die Viren ist als die vaginale Schleimhaut. Die Wahrscheinlichkeit, sich beim Analsex anzustecken, ist nach RKI-Angaben laut einer neuen Studie fast 20 Mal höher als beim Vaginalsex.
Es gibt Studien, wonach sich beim heterosexuellen Verkehr seltener Männer bei Frauen als Frauen bei Männern anstecken. Laut RKI sind diese Ergebnisse aber irreführend, weil die Studien meist aus Nordamerika stammen, wo viele Männer beschnitten sind. Beschneidung senkt den Angaben zufolge das Infektionsrisiko um knapp die Hälfte. Der Grund: Die Innenseite der Vorhaut ist wie eine Eintrittspforte für das Virus. Eine Studie aus Europa legt nahe, dass sich Männer beim ungeschützten Sex genauso häufig bei Frauen anstecken wie umgekehrt.
Sexuelle Kontakte zwischen Frauen bergen ein sehr geringes HIV- Ansteckungsrisiko, da es dabei nicht so häufig zum Austausch der den Virus enthaltenden Körperflüssigkeiten kommt. Theoretisch ist es aber möglich.
RISIKO UND VORSORGE: Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung beim Sex liegt etwa zwischen 1:10 000 und einem zweistelligen Prozentbereich. Einer der wichtigsten Faktoren ist die Virenkonzentration in der übertragenden Körperflüssigkeit. Unmittelbar nach einer Infektion ist die Konzentration sehr hoch; anschließend nimmt das Übertragungsrisiko ab, sinkt aber nicht auf Null. Wenn es zur Aidserkrankung kommt, steigt die Konzentration wieder an und das Risiko nimmt wieder zu.
Wenn bei einem HIV-Infizierten dank vieler Medikamente das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar ist und dies stabil über mehrere Monate so bleibt, besteht fast kein Übertragungsrisiko mehr über Sex. Die medikamentöse Behandlung hat laut RKI wahrscheinlich einen ähnlich hohen, vielleicht sogar einen höheren Schutzeffekt als die Verwendung von Kondomen ohne Behandlung. Die Experten raten jedoch eindringlich dazu, beide Vorsorgearten zu nutzen.
Jemand, der ungeschützten Sex mit einem infizierten Partner hatte, kann im Nachhinein Medikamente nehmen, um das Angehen einer Infektion möglichst noch zu verhindern - die sogenannte Postexpositionsprophylaxe. Am wirksamsten ist sie bis zu zwei Stunden nach dem Sex, eine hundertprozentige Wirkgarantie besteht aber auch dann nicht. Wenn der Verkehr länger als drei Tage her ist, ist kein Schutzeffekt mehr zu erwarten. Die Medikamente sollen über vier Wochen genommen werden.
# dpa-Notizblock
## Internet -[RKI-Schätzzahlen]( http://dpaq.de/COuqX) -[dem RKI gemeldete Fälle für 2009]( http://dpaq.de/sDhbn) - [Die aktuellsten WHO-Schätzungen aus dem Jahr 2008](http://dpaq.de/JzkKI)
## Orte - [Robert Koch-Institut](DGZ-Ring 1, 13086 Berlin)