Die Kür hinter der Pflicht Wer den Kreditrisikobericht konsequent zum Management Informations-System ausbaut, gewinnt ein strategisches Steuerungsinstrument, das feine Stellschrauben im Kreditportfolio identifizieren kann.
Der Kreditrisikobericht gemäß den Mindestanforderungen für das Betreiben von Kreditgeschäften (MaK) hat in erster Linie den Zweck, die aktuelle Risikosituation im Kreditgeschäft darzustellen. Der Vorstand einer Bank oder Sparkasse, der den Bericht wenigstens einmal im Quartal vorgelegt bekommt, kann daraus die wesentlichen Strukturmerkmale des Kreditgeschäftes ablesen und bei entsprechender Risikoentwicklung gemeinsam mit dem Risikocontrolling unmittelbar Gegenmaßnahmen einleiten. Standardlösungen für Kreditrisikoberichte decken die Anforderungen der MaK meist gut ab. Oft lohnt sich für Banken und Sparkassen jedoch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus ein differenzierteres Berichtswesen, das beispielsweise ihre individuell definierten strategischen Geschäftsfelder und ihre aktuelle Geschäftspolitik berücksichtigt. Mit der systematischen Erweiterung zu einem leistungsfähigen Management Informations-System (MIS) kann die IT der Unternehmensführung ein strategisches Steuerungsinstrument an die Hand geben, mit dessen Hilfe sich die Wettbewerbssituation eines Institutes deutlich verbessern lässt.
Kooperation mit Fachabteilung
Für ein transparentes und hoch differenziertes Berichtswesen ist es erforderlich, die spezifischen Rahmenbedingungen eines Institutes ebenso wie dessen geschäftspolitische Ausrichtung vollständig in der IT abzubilden. Dazu gehören die individuellen Datenstrukturen ebenso wie die jeweils sehr unterschiedlichen operativen Systeme. Um schließlich die hauseigene Geschäftspolitik und Marktstrategie in der IT abzubilden, ist neben der Beherrschung der technischen Infrastruktur ein hohes Maß an fachlichem Wissen sowie eine enge Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen gefordert.
Datenbestände bedürfen systematischer Aufbereitung
Im Ergebnis lässt sich eine speziell auf einzelne Geschäftseinheiten ausgelegte Risikodarstellung implementieren, wodurch die Risikosituation in einzelnen Bereichen wie Privatkunden, Firmenkunden, Wertpapierhandel oder Problemkredite dezidiert aufgezeigt werden kann. Aus einem sauberen Reporting, das Risiken und Erträge pro Geschäftsfeld ausweist, resultieren klare Handlungsempfehlungen für das Risikocontrolling und die Vorstandsebene. Um der komplexen Datenstrukturen und weit verzweigten Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Kundenengagements Herr zu werden, bedarf es einer systematischen Aufbereitung der vielschichtigen Datenbestände. Eine integrierte Datenbasis bildet schließlich die Grundlage für bedarfsgerechte Reports, die eine mehrdimensionale Sicht auf die Gesamtsituation sowie einzelne Detailaspekte ermöglichen. Die Einteilung des Kreditvolumens nach Ratingklassen ermöglicht beispielsweise eine Einschätzung zu den Ausfallwahrscheinlichkeiten im Kreditportfolio. Die Besicherungsstruktur enthüllt die im Rahmen des möglichen liegenden Verluste. Die Vertragslaufzeiten geben Aufschluss über kurzfristige und langfristige Entwicklungen im Kreditgeschäft. Risiken können sich auch dort häufen, wo einzelne Kunden oder Kundengruppen einen überproportional hohen Anteil am Gesamtkreditvolumen innehaben. Entsprechende Rückschlüsse erlaubt ein gezielter Blick auf die Größenklassenstruktur unter Berücksichtigung von Risikoverbünden, bei denen Kunden aufgrund wirtschaftlicher Verflechtungen aus Risikosicht als Einheit zu betrachten sind. Zahlreiche Einzelfaktoren bilden im Kreditgeschäft ein hoch komplexes Gefüge. Je differenzierter dieses betrachtet wird, desto erfolgreicher kann die strategische Positionierung eines Kreditinstitutes gelingen. Im klassischen Privatkundengeschäft gehört dazu beispielsweise die genaue Kenntnis der Anteile, die einzelne Produkte oder Produktsparten am Gesamtkreditvolumen haben. Die Risikostruktur im Firmenkundengeschäft wird wesentlich durch die Verteilung des Kreditaufkommens auf unterschiedliche Branchen beeinflusst. Diese Strukturen systematisch abzubilden schafft Transparenz und erweitert den Handlungsspielraum eines Kreditinstitutes.
Risikorelevante Daten identifizieren
Die genannten Beispiele sind exemplarisch für Informationen, die üblicherweise weit über die Anwendungslandschaft von Banken und Sparkassen verteilt sind. Erst durch die systematische Aufbereitung lässt sich die Gesamtrisikosituation einer Bank oder Sparkasse präzise beschreiben. Maximale Transparenz lässt sich erzielen, wenn die gesamte Organisationsstruktur eines Institutes im Kreditrisikobericht abgebildet ist. Damit lassen sich die durchgeführten Analysen bis auf die Ebene von Abteilungen und Zweigstellen herunterbrechen. Außer in den bestandsführenden Systemen finden sich risikorelevante Informationen in einer großen Anzahl von zentralen und dezentralen Spezialapplikationen. Dazu gehören beispielsweise Rating-Anwendungen, Banksteuerungssysteme, das Vertriebscontrolling oder spezielle Frühwarnsysteme. Risikorelevante Daten zu identifizieren und aus den verteilten Systemen zu extrahieren ist eine klassische Business Intelligence (BI) Aufgabe. Durch eine sorgfältige Aufbereitung, Ablage und Fortschreibung des bereitgestellten Datenmaterials lassen sich neben regelmäßig automatisch generierten Berichten auch jederzeit aussagekräftige Ad-hoc-Analysen erstellen. Historische Datenbestände können dabei problemlos in die angestellten Betrachtungen eingebunden werden.
Nachhaltiger Mehrwert rechfertigt hohen Aufwand
Während auf der einen Seite komplexe Back-End-Prozesse zu beherrschen sind, stellt sich auf der anderen Seite die Frage nach der geeigneten Front-End-Technologie. Ausschlaggebend sind dabei sowohl die Bedürfnisse der Nutzer als auch organisatorische Anforderungen. Neben HTML-Front-Ends kann je nach Bedarf die Aufbereitung der Daten in Form einer PDF-Datei oder eines Excel-Sheets die geeignete Darstellungsform sein. Für die Web-Technologie spricht der plattformunabhängige Zugriff auf das Datenmaterial über den Browser sowie die schnelle Aufbereitung und leichte visuelle Erfassung. Excel-Tabellen ermöglichen eine komfortable Weiterverarbeitung. Dynamisch erzeugte Teilberichte lassen sich über Object Link Embedding (OLE) flexibel in den Bericht an den Vorstand einbinden. Die Darstellung von Grafiken und Daten in präsentierfähiger Form lässt sich so weitgehend automatisieren. Die IT kann den gesetzlich geforderten Kreditrisikobericht zum Anlass nehmen, Vorstand und Controlling in ihrer Arbeit aktiv zu unterstützen. Konsequent zum Management Informations-System weiterentwickelt, wird aus dem vorgeschriebenen Quartals-Report ein wertvolles strategisches Steuerungsinstrument. Der im Gegensatz zur Implementierung einer Standardlösung relativ hohe Aufwand rechtfertigt sich durch einen schnellen Return on Investment (ROI) und einen nachhaltigen Mehrwert.
Frank Hahnen, Bereichsleiter, und Dr. Peter Matthias Güting, Projektleiter, beide 1822 S iNFORM Software GmbH