Vorsicht bei der Vernichtung von Papierakten
- Digitale Untiefen durchqueren
- Problem der Langzeitarchivierung
- Vorsicht bei der Vernichtung von Papierakten
Eine Massensignatur muss natürlich auch beim Scannen der Papierberge angewandt werden. Hinsichtlich dieser Digitalisierung primär nicht-digitaler Akten wandern die Mediziner mehr als die Kaufleute im Falle der Digitalisierung papiergebundener Rechnungen auf unsicherem juristischem Terrain. Gesetzlich geregelt ist derzeit nur, dass die Sozialversicherungsträger ihre Papierberge scannen dürfen; ebenfalls in Gesetzesform gegossen ist das Digitalisieren von Röntgenbildern. Alles andere ist derzeit gesetzliche Grauzone. Solange diese Unsicherheiten bestehen, bleibt technischen Vorreitern wie dem Klinikum Braunschweig nichts anderes übrig, als die originalen Scanbelege auch nach der Digitalisierung noch mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Bei den Braunschweigern übernimmt diesen »Muldendienst« der externe Scan-Dienstleister. Genaue gesetzliche Regelungen sind in diesem Bereich dringend notwendig. Seidel meinte, dass durchaus auch Einzelregelungen für bestimmte Sektoren wie Arztbriefe oder Patientenverfügungen sinnvoll sein könnten.
Hashbaum-Zeitstempel
Falls Dokumente originär digital vorliegen, ist in erster Linie darauf zu achten, dass die Archivierung rechtlich in trockenen Tüchern ist. Im Prinzip ist die digitale Archivierung nach § 371 a ZPO in Deutschland eindeutig geregelt. Aber auch da liegt der Teufel im Detail. Voraussetzung für das Greifen von 371 a ZPO ist eine Infrastruktur zur Sicherung einer beweissicheren Langzeitarchivierung. Wenigstens gibt es jetzt Standards für den Im- und Export elektronisch signierter Dokumente und für die Signatur in Archivsystemen sowie ein standardisiertes Langzeitspeicherformat mit Signatur- und Hashwerterneuerung (RFC 4998, Evidence Record Syntax, ERS). Weiter oben wurde ja schon darauf hingewiesen, dass auch digitale Schlüssel ein gesetzlich festgelegtes Verfallsdatum haben, das für eine korrekte Archivierung beachtet werden muss. Bei der Archivierung und Nachsignierung (nach Format-Transformationen) benutzt man in der Regel (so auch in Braunschweig) Zeitstempel-Verfahren, wie sie unter anderem Authentidate anbietet. Ein solcher Zeitstempel ist nichts anderes als eine Auffrischungs-Signatur nach einer bestimmten Zeit. Wenn man einen Zeitstempel für jedes einzelne Dokument benötigte, käme man aus dem »digitalen Stempeln« nicht mehr heraus, abgesehen davon dass diese Einzelstempel auch gar nicht bezahlbar wären. Als Ersatz führt man deshalb oft einen Hashbaum-Zeitstempel ein, eine Art Sammel-Zeitstempel, bei dem nur die Wurzel eines (Hash-)Baumes mit vielen Dokumenten, die einzeln signiert sind, gestempelt wird. Durch die logische Struktur ist klar, dass dann, wenn die Wurzel einen Zeitstempel hat, dieser für alle Dokumente gilt, die von der Wurzel abhängen.
IT-Vorreiter zeigen, wie es geht
IT-Vorreiter-Abteilungen wie die des Klinikums Braunschweig sind sicher Pioniere in Sachen digitale Signatur und digitale Langzeitarchivierung, andere Gesundheitseinrichtungen sind noch lange nicht soweit. Aber Vorreiter wie Braunschweig zeigen doch, dass man mit Beharrlichkeit, technischer Innovationsfreude und IT-Wissen in puncto papierloser Verwaltung vorwärtskommen kann.