Neue Standards
- Durchgängige Regelschicht fürs IP-Netz
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Vielleicht sollten derartige Mechanismen aus dem Telefonnetz übernommen werden, da immer mehr IP-Traffic aus Sprach- und Videoverbindungen besteht. Das schlagen jedenfalls die IMS-Standards (IP Multimedia Subsystem) von 3GPP und ETSI TISPAN vor, beides Standardisierungsgremien für den Telekommunikationssektor. Zwischen der Anwendungs- und der Transportschicht der IMS-Netze wurde dazu eine zusätzliche Regel- und Steuerungsschicht definiert. Sie weist mittels RACF (Resource Allocation and Control Function, Resourcenzuteilungs- und -steuerungsfunktion) die Ressourcen, also Bandbreite und QoS, kontrolliert den einzelnen Sessions zu. Startet der Anwender in IMS-Netzen eine Applikation, etwa einen Video-Chat, fordert diese Anwendung von der RACF die Bandbreiten und QoS-Parameter zu einem bestimmten Übertragungsweg an. Die Funktion berechnet daraufhin, ob die Anfrage ordnungsgemäß und ohne Beeinträchtigung anderer Applikationen erfüllt werden kann. Wenn ja, werden die entsprechenden Ressourcen reserviert und die Verbindung wird aufgebaut. Das reicht allerdings noch nicht aus. Denn die meisten Netzwerkbetreiber lassen über ihre IP-Netze nicht nur IMS, sondern auch IPTV und weitere Dienste laufen. Solange die RACF ausschließlich die Ressourcen im IMS-Bereich kontrolliert, ‚sieht‘ die Funktion auch nur die dorthin zugewiesenen Ressourcen. Der Ressourcenbedarf beispielsweise von IPTV oder Sprach-Applikationen bleibt der Funktion verborgen. Deshalb ist eine einheitliche Regel-Schicht mit Verbindung zu allen Applikationen über das gesamte Netz hinweg nötig. Dabei ist es gleichgültig, ob und in welchen Abschnitten IMS, IPTV oder andere Architekturen wie beispielsweise SOA (Service Oriented Architecture) implementiert wurden. So lässt sich das gesamte IP-Netzwerk optimieren und gleichzeitig gewährleisten, dass jede Applikation und jeder Benutzer entsprechend seinem Zugangsgerät und Standort optimales Netzwerkverhalten erlebt. Ein solcher durchgängiger Policy Layer ist außerdem eine erstklassige Quelle für Netzwerk-Nutzungsdaten. Aus ihnen lassen sich für die künftige Kapazitätsplanung Netzwerk- und Applikations-Nutzungsmuster extrahieren und wertvolle Informationen über die Gewohnheiten der User herleiten. Solche Angaben können mit Einverständnis des Anwenders in Echtzeit an die Applikationsanbieter übermittelt werden, um die Bereitstellung eines Diensts gezielt anzupassen. Ein Beispiel: Jemand hält eine Videokonferenz auf einem Dual-Mode-Telefon ab. Im Einzugsbereich eines Wi-Fi-Hotspots kann ein Policy-gesteuertes Netzwerk zusätzliche Bandbreite für diesen Anwender reservieren und der Applikation signalisieren, dass an das Endgerät des Benutzers ein Video-Stream in höherer Qualität übertragen werden soll. Das bedeutet besseren Service für den Anwender und mehr Einnahmen für den Applikationsanbieter. Mit einer solchen Schicht ausgerüstete Netzwerke sind für den Anwender attraktiver, weil letztere davon ausgehen können, überall den gewünschten Service zu bekommen. Die Applikationsanbieter können die Bereitstellung ihrer Dienste optimieren und erzielen höhere Gewinne, was wiederum die Entwicklung weiterer Dienste und den schnellen Ausbau der Netze fördern dürfte.
Gijs van Kersen ist Head of Mobile Solutions Marketing bei Juniper Networks EMEA