Nach der Selectronica-Pleite

Ebay-Profiseller sind verunsichert

14. August 2008, 9:13 Uhr |

Ein neues Bewertungssystem, strengere Sanktionen – seit Anfang des Jahres hat Ebay die Anforderungen an seine Profi-Verkäufer deutlich angehoben. Die in den USA gestartete Zusammenarbeit mit dem Etailer Buy.com sorgt nun für weitere Verunsicherung.

Die Pleite des Ebay-Powersellers Selectronica sorgte vor einigen Wochen für Aufsehen: Seit rund sieben Jahren war das Unternehmen bei der E-Commerce-Plattform aktiv und hatte sich mit einem Jahresumsatz von 30 Millionen Euro zum größten Powerseller Europas entwickelt. Doch als sich negative Käuferbewertungen häuften, reagierte Ebay knallhart: Das Online-Auktionshaus sperrte die Verkäuferkonten von Selectronica (siehe CRN 31/2008). Für den ehemaligen Selectronica- Geschäftsführer Martin von Hermanni ist Ebay damit mitschuldig am Niedergang des Unternehmens. Denn an der Leistung des Powersellers habe sich über die Jahre nicht viel verändert: »Radikal verändert hat sich jedoch die Art und Weise, wie Ebay dieselbe Leistung bewertet«, so von Hermanni gegenüber Computer Reseller News.

Zwar gehen die Branchenbeobachter davon aus, dass der inzwischen ins Visier der Justiz geratene Powerseller Selectronica sein geschäftliches Scheitern wesentlich selbst verschuldet hat, doch teilen viele CRN-Leser eine kritische Sicht auf die seit Anfang des Jahres bei Ebay eingeführten Neuregelungen. Für viel Aufregung sorgt vor allem das neue Bewertungssystem (siehe CRN 7/2008): Seitdem Verkäufer keine negativen Kundenbewertungen mehr abgeben dürften, hätten Ebay-Händler keine Möglichkeit mehr, ungerechtfertigte Negativbewertungen zu verhindern oder zu relativieren, findet Michael Harlander, Geschäftsführer des Used IT-Anbieters Harlander. »Unsere Erfahrung zeigt zudem, dass die Neuregelung von einigen Kunden zu einer Art Erpressungsversuch missbraucht wird.« Käufer forderten Zusatzleistungen zum eigentlichen Angebot und drohten andernfalls mit einer negativen Bewertung. Ein weiterer Powerseller beklagt sich über die faktische Negativgewichtung neutraler Händlerbewertungen. Dadurch habe sich der Kundenzufriedenheitswert verringert, was bei der neuen Standarddarstellung der Ebay-Angebote nach »Beliebteste Artikel« zu einer schlechteren Listung der eingestellten Auktionen führe. Der Händler aus Rheinland-Pfalz fühlt sich von Ebay in seiner geschäftlichen Substanz bedroht: »Für viele mit Ehrgeiz geführte und oft recht knapp kalkulierte Geschäfte geht es seit der Einführung der Neuerungen bergab.«

»Wir wissen, dass wir mit den strengeren Regeln den Geschäftserfolg der Verkäufer beeinflussen «, bestätigt Stephan Zoll, der als Director Merchant Business bei Ebay Deutschland für den Profiseller- Bereich verantwortlich ist. Doch habe man herausgefunden, dass eine sehr kleine Gruppe von Verkäufern für die große Mehrzahl an schlechten Kauferfahrungen verantwortlich sei.Umhier eine Verhaltensänderung zu bewirken, seien die eingeführten Sanktionen das wirksamste Mittel.

Den »Wunsch, die Qualität des Angebots auf der Plattformzu verbessern «, erkennt auch E-Commerce- Experte Pascal Finette: »Ebay will bessere Händler und damit ein besseres, sichereres Einkaufen für den Konsumenten.« Harlander- Chef Michael Harlander hat für diese Zielsetzung durchaus Verständnis: »Powerseller mit gutemService, guter Artikelbeschreibung, schnellem Versand und anderen Qualitäten können sich mittlerweile deutlicher als bisher von ihren schlechten Konkurrenten absetzen.«


  1. Ebay-Profiseller sind verunsichert
  2. Unklarer Kurs
  3. Interview: »Wir arbeiten an attraktiven Modellen für unsere Verkäufer«

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