Wer kein Risiko eingeht, kann nichts gewinnen. Das gilt nicht nur für Zocker, sondern auch für Kreditversicherer. Euler Hermes kündigt eine höhere Risikobereitschaft an, gibt aber noch keine Entwarnung für die deutsche Wirtschaft.
Halb zog sie ihn, halb sank er hin. So wie das feuchte Weib in Goethes Gedicht »Der Fischer« den armen Kerl ins Verderben lockt, so ungefähr kann man das Dilemma bei Euler Hermes und anderen Kreditversicherern derzeit ins Bild rücken. Das feuchte Weib ist in diesem Fall ein vielköpfiges Monster, dessen Häupter einerseits von einer sich entspannenden Wirtschaft und der Aussicht auf wieder bessere Geschäfte künden, andererseits davon berichten, dass in Deutschland die Zahl der Firmeninsolvenzen nach wie vor hoch ist und sich die Schadenszahlungen der Kreditversicherer nach wie vor auf hohe dreistellige Millionenbeträge summieren. Allein 400 Millionen Euro betrugen sie 2009 bei Euler Hermes.
Das Geschäft mit dem Risiko ist nun mal die Sache der Kreditversicherer, aber auch der Herstellerbanken von IBM, Siemens, HP, Cisco oder der Distributoren, die durch Absatzfinanzierung das eigene Geschäft am Laufen halten. Aber wie viel Risiko man sich in ökonomisch unsicheren Zeiten leisten darf, das ist eine Sache der Abwägung, der Risikopolitik.
Mehr wagen und dennoch auf der Hut sein, heißt es bei Euler Hermes. »Obwohl wir weiterhin bei unseren Entscheidungen sehr wachsam die Entwicklung der
Forderungsausfälle und Insolvenzen berücksichtigen werden,
unterstützen wir unsere Kunden in ihrem Wachstumsbestreben, indem wir
mehr Risiken übernehmen. Durch unsere angemessene Risikopolitik seit
Ausbruch der Krise sind wir jetzt in der Lage, den sich abzeichnenden
wirtschaftlichen Aufschwung unserer Kunden sehr engagiert zu
begleiten«, wirbt Ralf Meurer, Vorstandsvorsitzender der Euler
Hermes Kreditversicherungs-AG für sein Haus.
Man möchte es gerne glauben, würden CRN nicht zahlreiche Systemhäuser und Fachhändler berichten, dass ihre Kreditlimits zum Teil deutlich gekürzt oder sogar ganz gestrichen worden sind. Und auch der Lagebericht von Euler Hermes spricht nicht dafür, dass die angekündigte höhere Risikobereitschaft wirklich in die Tat umgesetzt wird. Bei der Insolvenzentwicklung in Deutschland könne noch keine Entwarnung gegeben werden, auch wenn der Versicherer nicht mehr damit rechnet, dass der im vergangenen Jahr mit 73 Milliarden erreichte historische Höchststand beim Forderungsausfall in diesem Jahr wohl nicht übertroffen werde. Das Wachstum hierzulande falle Euler Hermes zufolge in diesem Jahr mit 1,5 Prozent und 2011 mit 1,4 Prozent relativ schwach aus.