Gesundschrumpfen
Gesundschrumpfen Von neun auf zwei Server hat der Reutlinger General-Anzeiger seine IT-Hardware geschrumpft. Durch intelligente Virtualisierung der Hardware wird trotz der Reduktion mehr Leistung und Flexibilität erreicht, und das bei weniger Kosten.


Mit einer Auflage von rund 45000 Exemplaren und einem auf die regionale Berichterstattung zugeschnittenen Online-Auftritt ist der Reutlinger General-Anzeiger in der Region Neckar-Alb die größte unabhängige Tageszeitung mit einer Vollredaktion. In den letzten Jahren hat der Verlag kontinuierlich in die Qualität, den Service und das redaktionelle Angebot sowohl seiner Druck- als auch seiner Online-Ausgabe investiert. Und vor gut zweieinhalb Jahren entschied man sich für eine Konsolidierung der IT-Infrastruktur. Gemeinsam mit IBM hat das mittelständische Verlagshaus, das rund 180 Mitarbeiter beschäftigt, die Virtualisierung der Serverlandschaft realisiert. Die Virtualisierung entkoppelt das Betriebssystem und die Anwendungen von der Hardware und verwandelt ein physisches System in sechs logische Systeme, um so flexibler und effizienter die Hardware nutzen zu können. »Unsere alte Plattform aus dem Jahr 1998 bestand aus mehreren Servern, auf denen das Redaktionssystem Alpha RS+, die Archivierungslösung alfa Mediastore, das Planungssystem von PPI und die SAP-Anwendungen für Finanzen, Personal und Medienapplikationen IS-M liefen«, sagt Valdo Lehari Junior, Geschäftsführer und Verleger des Reutlinger General-Anzeiger. »Mit der neuen Hardware besitzen wir nun eine einzige hochverfügbare Serverplattform, auf der diese Anwendungen laufen und die sich mit reduziertem Administrationsaufwand betreiben lässt«.
Virtualisierung macht die IT flexibler
Mit Hilfe der Virtualisierungstechnik können die Zeitungsleute jetzt die verschiedenen Anwendungen auf einem IBM-System pServer mit AIX-Betriebssystem vereinen. Die Anwendungen, die oben schon genannt wurden, sind in ihrem Charakter sehr unterschiedlich. Jedes dieser Anwendungsprogramme hat sein spezifisches Betriebssystem. Die Server-Ressourcen können auf die verschiedenen Anwendungen aufgeteilt werden. Ein weiterer Server dient als redundantes System, auf dem alle Anwendungen gespiegelt werden. Dieser Server steht in Reserve, falls der reguläre Server einmal ein Problem haben sollte. Mit dieser Konstruktion wird verhindert, dass ein einzelner Fehler das gesamte System lahm legen kann. »Durch die Konsolidierung der IT-Infrastruktur konnten wir die Anzahl der physischen Server von neun auf zwei verringern«, sagt Valdo Lehari Junior. »Dies hat nicht nur zu einer insgesamt einfacheren IT geführt, sondern auch die Kosten für Infrastruktur, Hardware, Wartung und Support deutlich gesenkt und den Platzbedarf für die IT um mehr als die Hälfte reduziert«. Mit der neu eingeführten Servertechnik lassen sich parallel und ohne Code-Emulationen 32-Bit- und 64-Bit-Programme ausführen. Das System ist selbst mit vier Prozessoren ausgestattet. Die eingebaute Virtualisierungstechnik teilt den Server in logische Sektoren auf, die voneinander unabhängig sind. Obwohl diese Logikabschnitte auf dem gleichen Server laufen, hat jeder nur Zugriff auf den Hardware-Abschnitt, der ihm zugeteilt worden ist. Durch diese fein strukturierte Aufteilung läuft jede Anwendung auf ihrem eigenen Betriebssystem und die Server-Ressourcen werden zwischen den Anwendungen sicher geteilt. Insgesamt kann das Verlagshaus über die Sektorbildung die Systeme nun zu 80 Prozent statt zu bisher nur etwa 60 Prozent der Kapazität auslasten.
Dynamisierte Infrastruktur
Bei der Virtualisierung einer Hardware wird eine statische Infrastruktur dynamisiert. Die positiven Seiten für die tägliche Praxis der Reutlinger Zeitungsleute sind evident: Sie können je nach Bedarf und ohne Unterbrechung die Infrastruktur in kurzer Zeit erweitern und verändern und somit schneller auf veränderte Geschäftsanforderungen reagieren. Schnellere Reaktionsmechanismen ergeben sich auch aus der Tatsache, dass eine virtuelle Instanz sich um ein Vielfaches schneller einrichten lässt als ein neuer Server in traditionellen Umgebungen, wo letztlich jede Anwendung ihren eigenen Server hatte. Dadurch wurden nicht nur Ressourcen verschwendet. Man konnte auch nicht wirklich schnell reagieren, wenn das System aus Gründen veränderter Prozesse umgebaut werden musste. In Reutlingen ist die Serverplattform nicht nur ständig verfügbar und flexibel erweiterungsfähig, sondern weist Arbeitsspeicher und Prozessorleistung den Anwendungen variabel zu. So können jeweils der Anwendung am meisten Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die gerade am intensivsten beansprucht wird.
Zentrale Konsole zur Steuerung
Im Gegensatz zu den vielen softwarebasierten Virtualisierungslösungen gibt es bei dem Virtualisierungskonzept, das beim Reutlinger General-Anzeiger eingesetzt wird, kaum Einschränkungen bezüglich der Leistungs- und Größenanpassung der einzelnen logischen Sektoren. Statische und dynamische (virtualisierte) Ressourcen können innerhalb eines logischen Sektors und eines Servers gemischt werden. Eingestellt werden die Sektoren an der Hardware Management Console (HMC), die über eine grafische Oberfläche gesteuert wird. Derartige Konsolen sind über ein eigenes Administrations-Ethernet angebunden. Dadurch lassen sich die Konsolen ortsunabhängig aufstellen. Ein Fernzugriff auf die Konsole ist über OpenSSH direkt möglich. Die Virtualisierungsschicht – der Hypervisor – ist immer aktiv und steuert beim Reutlinger General-Anzeiger die Ressourcen des Servers, auch wenn das System nur als ein einziger Sektor gefahren wird.
Konsolidierung des Speichersystems
Das Speichermanagement ist über einen SAN-Speicher (TotalStorage DS4300) realisiert. Dieses System ist speziell für die Anforderungen von kleinen und mittleren Unternehmen ausgelegt. Mit der modular aufgebauten Architektur kann wie bei den Recheneinheiten die Rechenleistung auch beim Speicher das entsprechende Volumen bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Und bei steigenden Anforderungen ist ein schneller und einfacher Ausbau der Systeme möglich. Derzeit verfügt der General-Anzeiger über ein Speichervolumen von insgesamt 3,5 Terabyte. Abgelegt werden dort nicht nur alle Informationen für die Buchhaltung und Verwaltung des Verlagshauses, sondern auch alle Inhalte, die für die Redaktion entscheidend sind. Darüber hinaus sind auch PC-Arbeitsplätze über einen speziellen Verteiler angebunden. Die komplette Tageszeitung wird direkt aus dem Speichersystem für den Druck vorbereitet und über das Netz an die Druckmaschinen geschickt. Auch für den Online-Auftritt nutzt die Redaktion eine neue Speicherlösung und kann so für die Leserinnen und Leser noch mehr Informationen bereitstellen als bisher. »Unsere IT-Infrastruktur kann nun mit den zukünftigen Entwicklungen unseres Verlagshauses mitwachsen und innerhalb kürzester Zeit an neue Marktanforderungen angepasst werden«, sagt Valdo Lehari Junior. Gerade ein mittelständisches Unternehmen wie der Reutlinger General-Anzeiger könne mit der jetzt eingeführten Lösung den Spagat zwischen neuester IT-Technik und langfristigem Investitionsschutz gut bewältigen.
Roland Brutscher ist freier Journalist in Tübingen