Die Fernsehserie »Glee« startet in Deutschland mit enormen Vorschusslorbeeren: In den USA hatte sich das TV-Musical bereits überraschend vom Außenseiter zum Erfolgsformat entwickelt. Nicht zuletzt, weil es viele Vorlieben der Internet-Gemeinde geschickt bedient.
Die Fernsehserie »Glee« feierte am Montagabend auf Super RTL seine Deutschland-Premiere. Mit eher lauem Zuspruch von rund 750.000 Zuschauern, wie Medienbeobachter bemerkten. Der derzeit erfolgreichsten US-Serie traut man in Deutschland offenbar nicht allzu viel zu: Nicht zuletzt, weil hierzulande Musical-Formate ohnehin keine großen Erfolgsaussichten hätten.
Der Fehler, die von Ryan Murphys entwickelte Fernsehserie zu unterschätzen, unterlief allerdings schon den US-Fernsehexperten: »Glee« startete in den Vereinigten Staaten 2009 im Sender Fox als Außenseiter, eroberte sich erst allmählich sein Publikum. Mittlerweile verfolgen im Durchschnitt 12 Millionen US-Amerikaner die Folgen der Serie, allein im Startjahr brachte die Serie 25 Songs, Cover-Versionen bekannter Pop- und Musical-Songs, in die US-amerikanischen Charts ein – ein besseres Ergebnis gelang nur den Beatles im Jahr 1964.
Im Mittelpunkt der Serienhandlung steht der Glee-Club, ein Show-/Musical-Schulchor wie es ihn tatsächlich an vielen amerikanischen High Schools gibt und ihn in Deutscjland sicher kaum einer kennen dürfte. Im Show-Chor versammeln sich die Außenseiter der Schülerschaft, die – wie auch Chorleiter Will Schuester – mit allerlei Anfeindungen zu kämpfen haben. Von anderen High School Musical-Formaten, etwa jenen Disneys, unterscheidet sich »Glee« vor allem durch sein skurriles Figurenpersonal und die Hinwendung zu erwachsenen Themen: Lehrer und Kids an der William McKinley High School in Lima/Ohio leiden an Neurosen und Geldmangel, konsumieren Drogen und sind auch beim Thema Sex nicht zimperlich, was in den Staaten auch schon Sittenwächter auf den Plan gerufen hat.
Zum Erfolg der Serie wesentlich beigetragen hat auch die geschickte Vermarktung über alle Kanäle der Internet-Generation: »Glee«-Fans – oder »Gleeks«, wie sie sich selber nennen – plaudern während der Ausstrahlung über Twitter, schließen sich auf Social Media-Plattformen zusammen oder verabreden sich dort zu »Glee«-Flashmobs, präsentieren eigene »Glee«-Cover-Versionen auf Youtube oder ordern fleißig die von iTunes exklusiv veröffentlichten Vorabversionen der jeweiligen Serien-Songs.
Auch in Deutschland soll das Internet Community-Concept mit Twitter, Facebook & Co. Greifen: iTunes beispielsweise liefert die »Glee«-Songs in einer sorgfältig für den deutschen Markt abgestimmten Politik aus. »Glee«-Sender Super RTL setzt mit einem Twitter-Angebot ebenfalls auf Interaktivität: »Mit dem neuen Angebot tragen wir den veränderten Sehgewohnheiten Rechnung: Insbesondere junge TV-Zuschauer wollen bereits während der Ausstrahlung einer Sendung mit ihren Freunden über das Gesehene diskutieren. Mit der Verbindung des sozialen Netzwerkes Twitter mit dem Super RTL-Teletext bieten wir eine neue Schnittstelle, die das einfache Mitlesen der Web-Diskussionen über den Fernsehbildschirm ermöglicht«, beschreibt Geschäftsführer Claude Schmit den neuen Tweet-Service. Der allerdings findet nur per Umweg im Teletext des Senders statt und kann die Twitter-Gemeinde nur mäßig begeistern.