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Godesys-Chef Kühl: »Ohne Bauplan hilft das beste Werkzeug nichts«

Viele Software-Anbieter haben sich auf CRM-Lösungen spezialisiert, die sie als das Erfolgsrezept für Kundenbindung und Umsatzwachstum anpreisen. Doch eine Software allein reicht nicht aus, um ein Unternehmen nach vorne zu bringen. Godelef Kühl, Gründer und Vorstandsvorsitzender des ERP-Herstellers Godesys, sprach mit CRN-Redakteurin Karena Friedrich über das vemeintliche Allheilmittel CRM-Software.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.7.2006 • ca. 1:50 Min

Eine Software allein reicht nicht aus, um ein Unternehmen nach vorne zu bringen: Godelef Kühl, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Godesys

CRN: Herr Kühl, Sie haben selbst CRM-Funktionalitäten in ihrer ERP-Lösung integriert. Trotzdem halten Sie nicht viel von der »Wunderwaffe« CRM?

Kühl: Ganz unbestritten ist es billiger, mithilfe von CRM-Software Kunden zu halten und neue zu gewinnen. Aber ich halte singuläre CRM-Lösungen aus strategischen und technologischen Gründen für unsinnig und fruchtlos. Da ist zum einen der technologische Aspekt: Alle für den Vertriebsprozess relevanten Daten stammen zumeist aus einem ERP-System, egal ob es um Anschriften, Angebote oder Bonität geht. Nur im ERP laufen die unterschiedlichsten Datenquellen zusammen. Der eigentliche Wert von Daten – die Information - entsteht erst dann, wenn man sie vernünftig verknüpft. Und das kann meines Erachtens nur eine integrierte Lösung anständig leisten.

CRN: Können Sie uns dafür ein einfaches Beispiel nennen?

Kühl: Es klingt zunächst schön, wenn Ihnen die CRM-Software auf Knopfdruck die umsatzstärksten Kunden zeigen kann. Mir wäre aber wichtig, dass dabei die schlechten Zahler automatisch anders gewichtet werden. Und schon sind Sie bei der integrierten Lösung, weil Sie die Daten der Buchhaltung brauchen.

CRN: Also würden Sie Unternehmen nur zu einer ERP-Lösung mit integrierten CRM-Funktionalitäten raten?

Kühl: Das wäre zu einfach. Wir bieten selbst eine solche Lösung an und sind natürlich davon überzeugt. Aber ich nehme bei den grundsätzlichen Bedenken unser Produkt gar nicht aus. Mir geht es um eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von CRM-Software: Die Strategie, in der festgelegt wird, welchen Stellenwert der Kunde für das Unternehmen hat und was die Software in dieser Hinsicht leisten soll. Ohne einen vernünftigen »Bauplan« nützt auch das beste Werkzeug nichts. Leider tun die meisten Softwarehersteller heute noch so, als wenn es die Strategie kostenfrei zum Produkt dazu gäbe. Die muß sich aber jedes Unternehmen individuell erarbeiten.

CRN: Der „Bauplan“ ist das Eine, die Umsetzung das Andere. Was gilt es zu beachten?

Kühl: Zunächst bedarf es einer Geschäftsleitung, die eine kundenorientierte Strategie festlegt. Die Umsetzung liegt dann bei den Mitarbeitern, die direkt mit den Kunden zu tun haben. Eine sinnvolle Softwarelösung muss also zur Unterstützung für den Mitarbeiter aus komplexen Datenströmen ein konsistentes Bild des Kunden erstellen können und ihn gemäß der vorher festgelegten Strategie bei der Betreuung des Kunden unterstützen. Meistens geht das über CRM hinaus.

CRN: Das klingt aber sehr aufwändig und komplex.

Kühl: Eine Strategie funktioniert nur, wenn Sie Prozesse zu Ende denken. Was nützt die beste Vertriebslösung, wenn das Unternehmen sich bei der Realisierung des Auftrags blamiert? Und das lässt sich am ehesten vermeiden, wenn man über integrierte Lösungen verfügt, die gleichzeitig Wareneinsatz und Manpower gezielt managen.