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»Hemdsärmeligkeit« als Standard?

»Hemdsärmeligkeit« als Standard? Für Verträge oder Schriftstücke, die auf Verträgen ­fußen, benutzt man in der Geschäftswelt keine Schmierzettel, es sei denn man agiert in der Schattenwirtschaft.

Autor:Redaktion connect-professional • 16.3.2009 • ca. 1:10 Min

Auch Kassiber sind eine Kommunikationsform, die nur in ganz speziellen Kreisen Gültigkeit hat. In der digitalen Welt werden solche Selbstverständlichkeiten allerdings leicht vergessen. Da gilt auch in Unternehmen oft der Formfaktor »Hemdsärmeligkeit« als Standard. Wichtige Dateien werden über eine un­geschützte FTP-Verbindung übertragen und die elektronische Kommunikation ist zuweilen so fahrlässig organisiert, dass man die letzten Finanzzahlen oder Konstruktionspläne auch gleich per öffentliche Bekanntmachung zugänglich machen könnte. Hemdsärmeligkeit mag bequem sein und zunächst manches vereinfachen. Wenn bestimmte Forderungen auf dem Schmierzettel aber ­strittig werden und eingeklagt werden sollen, wird es kompliziert und ungemütlich. Der Formfaktor erweist sich als rechtlich nicht verbindlich und »beweist rein gar nichts«. Mit De-Mail will nun die deutsche Bundesregierung einen sicheren elektropostalischen Daten- und Kommunikationsraum schaffen. In Staat&IT 4/2008 (Seite 26/27) wurden die konzeptionellen Grundlagen dargestellt. ­Neben einer automatischen Kuvertierung, also Verschlüsselung, ist die ­zuverlässige Identi­fikation der Kommunikationsteilnehmer ein zentrales Element des De-Mail-­Systems. Die elektronische Kommunikation wird dadurch zum ersten Mal so rechtsverbindlich gestaltet wie die gelbe Post. Auch bei dieser kann ja der Zusteller in aller Regel davon ausgehen, dass Name und Adresse auf dem Kuvert und auf dem Türschild mit den Daten bei der Meldebehörde übereinstimmen. Millionen Bundesbürger vertrauen jedenfalls darauf, dass dem so ist. Bei De-Mail soll der gleiche Masseneffekt des Vertrauens entstehen. Nur dann hat das Verfahren eine Chance und nur dann kann es ökonomisch sinnvoll betrieben werden. Mit einem Pilotprojekt in Friedrichshafen soll nun ­eine Initialzündung für einen solchen Masseneffekt gegeben werden (siehe unsere Titelgeschichte Seite 22). Die Migration vom Formfaktor Hemds­ärmeligkeit zum Formfaktor Rechtsverbindlichkeit hat begonnen.

Ihr

Jürgen Höfling juergen.hoefling@staatundit.de