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Indien investiert in Europa (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 1.2.2006 • ca. 2:20 Min

Inhalt
  1. Indien investiert in Europa
  2. Indien investiert in Europa (Fortsetzung)
  3. Indien investiert in Europa (Fortsetzung)
»Ob Offshoring sich lohnt, hängt von Komplexität und Kultur des Kunden ab.« Sureh Raman, Tata Consultancy Services Foto: TCS
»Ob Offshoring sich lohnt, hängt von Komplexität und Kultur des Kunden ab.« Sureh Raman, Tata Consultancy Services Foto: TCS

Indien ist nicht mehr superbillig
Ein weiterer Pluspunkt der Offshorer sind die Preise. Doch unübertroffen niedrig sind sie in Indien inzwischen nicht mehr. »Die Gehälter für Programmierer sind dort in den letzten drei Jahren um 300 Prozent gestiegen und liegen jetzt bei rund 25 Dollar pro Stunde«, berichtet Zilch. Sein Unternehmen unterhält selbst ein Offshoring-Center in Indien, das von einem ehemaligen McKinsey-Mann gegründet wurde. Dort erledigen 800 Mitarbeiter für Experton Aufgaben, für die man wenig Kundenkontakt braucht, etwa Patentrecherchen oder Firmen-Rankings.
Wie dem auch sei: Indische Dienstleister sehen den europäischen und insbesondere den deutschen Markt als wichtig an und investieren hier schon seit Jahren mit zunehmender Intensität. Gerade große Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, werden ihrer Meinung nach auf die Dauer nicht darum herumkommen, das zu tun, was Amerikaner schon seit Jahren vorexerzieren: Ganze Geschäftsprozesse auslagern, um die interne Effizienz zu erhöhen und Kosten zu senken. »Hiergegen wirkt in Deutschland immer noch die Sprachbarriere«, sagt Berater Zilch.
Doch wenn man hört, wie intensiv indische Unternehmen ihre Mitarbeiter gerade auch in Fremdsprachen trainieren, fragt man sich, wie lange noch. Andere Hindernisse, die das BPO (Business Process Outsourcing) erschweren, sind unterschiedliche Kulturen. Kees Tem Nigenhuis, Senior Vice President Enterprise Systems bei Wipro Systems, meint: »Deutsche erwarten ein sehr tiefes Prozessverständnis, das müssen wir erst beweisen, wenn wir ins Geschäft kommen wollen.« Besonders im Bereich Personal mache dieser Umstand das Offshoring schwierig.
Die Marktforscher von Nelson Hall sind jedenfalls der Meinung, dass gerade im kritischen Human-Ressources-Bereich 2006 ein neuer Outsourcing-Schub bevorsteht. Die Aufgaben für HRO (Human Ressources Outsourcing) sollen 2006 um 20 Prozent auf 4,3 Milliarden Dollar weltweit steigen, wie viel davon in Offshoring-Projekte fließt, schätzen die Analysten allerdings nicht.
Derzeit gibt es vier große indische Offshoring-Firmen, die in Deutschland Geschäft machen: Tata Consultancy Services (TCS), Wipro Technologies, Infosys und Satyam Computer Services. Die Geschäftsmodelle weisen große Ähnlichkeiten auf: Alle vier Unternehmen beschäftigen das Gros ihres Personals in Indien, alle Belegschaften haben ein niedriges Durchschnittsalter (unter 30) und einen extrem hohen Bildungsstand (meist haben 80 bis 100 Prozent zumindest einen niedrigen Universitätsabschluss). Die meisten gebildeten Inder sprechen ohnehin Englisch ? ein Erbe der Kolonialzeit ? und die indischen Companies legen allesamt Wert darauf, dass sie, wenn sie ins Ausland entsandt werden, sofort und gründlich die Sprache und Mentalität des Gastlandes in sich aufnehmen. Nicht ungewöhnlich ist, dass Mitarbeiter, die sich tagsüber mit kniffligen IT-Aufgaben herumschlagen, abends im Goethe-Institut Deutsch pauken müssen.
Ihre Umsätze erzielen sie zu 60 bis 70 Prozent in den USA und dort auch zu wichtigen Anteilen mit Business Process Outsourcing, während sich das europäische Geschäft um die 20 bis 30 Prozent bewegt und als ausbaufähig betrachtet wird. Hier liegt der Schwerpunkt noch auf Wartungs- und Serviceaufgaben, aber BPO steht nach allgemeiner Auffassung in den Startlöchern. Einheimische Kräfte aus den Gastländern beschäftigen die Firmen in eher überschaubarem Umfang. Allerdings dürften sie mit der Zeit mehr Einheimische anstellen, um besser in Kontakt mit den entsprechenden Kunden zu kommen. Außerdem bauen die indischen Offshorer Zentren in Osteuropa auf, um von dort aus die deutschen Kunden zu bedienen. Und selbstredend sind sie hochprofitabel sowie schnell wachsend.