Ist Value Add für Distis noch bezahlbar?

1. September 2005, 0:00 Uhr |

Ist Value Add für Distis noch bezahlbar?. Zwar rühmen sich die Broadliner alle ihrer diversen Value-Add-Divisions. Allerdings subsummieren sie unter dem Begriff »Value Add« eine andere Art von Services wie die kleinen Spezialisten. Tiefgehendes Technik-Consulting oder Unterstützung vor Ort beim Kunden sind den Großen gemäß nicht mehr bezahlbar. Die hochspezialisierten VADs hingegen differenzieren sich gerade durch derartige Dienstleistungen, mehr noch ? sie entfernen sich vom Volumen hin zur Technikberatung.

Ist Value Add für Distis noch bezahlbar?

Ob Netzwerk- oder Security-Markt ? es geht ein Shift hin zum Commodity. Diese Meinung vereinigt die Broadliner und danach richten sie auch ihre VAD-Sparten aus: So werden bei Ex-Azlan beispielsweise Techniker konsequent abgebaut, Ingram holt zwar seine Kompetenz-Crews von Neuwied nach Dornach, aber »die technische Fachkompetenz muss der Handel mitbringen«, fordert Ingram-Chef Schulz konsequent. Er definiert den Value Add seiner Netzwerksparte eher in einem breiten Produktspektrum und dem damit verbundenen One-Stop-Shopping als in Technikberatung und Support vor Ort beim Kunden.

Die Diskussion, bis zu welchem Grad und in welcher Qualität zusätzliche Services von Distributoren geleistet werden können und was auch der Kunde erwartet, ist nicht neu. Sie wird von drei Fragen geprägt, die von den unterschiedlichen Parteien ? Broadliner mit VAD-Divisions und kleinen spezialisierten VADs ? unterschiedlich beantwortet werden:

Wollen und brauchen Systemhäuser diesen Value Add?
>Lässt sich dieser Value Add in Zeiten hohen Margendrucks noch leisten?

Dass ein Netzwerk-Systemhaus Fachkompetenz mitbringen muss, versteht sich von selbst. Doch kann ein kleineres Systemhaus bei Projektspitzen oder seltenen Konfigurationen durchaus schnell an seine Grenzen stoßen ? und ist dann zwingend auf die kompetente Unterstützung durch seinen Value Add Distributor angewiesen. Und durch diese Services zeichnen sich Nischen-VADs auch aus und haben damit auch ihre Berechtigung.

Es stellt sich derzeit im Markt die Frage, ob diese aufwändigen Dienstleistungen noch finanzierbar sind? Denn Tatsache ist, dass auch im high-endigen Netzwerk- und Security-Segment die Zeiten hoher Margen endgültig der Vergangenheit angehören. »Die Margen bewegen sich im PC-Bereich«, bestätigt Schulz. Das gilt auch für das Projektgeschäft mit hochwertigen, ehemals sehr rentablen Produkten, vor allem aber im Bereich von breit distribuierten Marken wie Cisco oder HP. Daran ist unter anderem eine hohe Preistransparenz schuld. »Mit Sicherheit trägt auch der Handel seinen Teil dazu bei, dass sich Dienstleistungen immer schwerer finanzieren lassen«, resümiert Lutz Pfleghar aus seiner Karriere als Vertriebsleiter bei verschiedenen Netzwerk- und Security-VADs. »Wenn Händler fünf Euros wegen ?dann doch beim Mitbewerb kaufen? und nicht dort, wo sie auch ihre Dienstleistung beziehen, geht die Rechnung irgendwann nicht mehr auf.«

Fazit für die Broadliner: High-End-Technik-Consulting ist nicht mehr bezahlbar. In Konsequenz ist bei den Broadlinern mit VAD-Divisions wie Tech Data oder Ingram, die ehemalige Stand-Alone-VADs in den Mutterkonzern integriert haben, hingegen folgende Tendenz zu beobachten: Der Fokus bewegt sich weg vom technischen Know-how hin zum Produktverkauf, zum Volumen.

Die kleineren Spezialisten hingegen schlagen einen anderen Weg ein und setzen weiterhin auf ihre Fachkompetenz, um beim Kunden zu punkten. Trotz der angespannten Margensituation fokussieren sich einige dieser VADs geradezu auf den Dienstleistungs- und Service-Anteil und bemühen sich um hohe Technik- und Service-Kompetenz. Und die Bemühungen sind von Erfolg gekrönt: Netzwerk-VAD Algol beispielsweise, von 3Com ausgezeichnet als höchst zertifizierter Partner, hat ein beachtliches Wachstum vorzuweisen. Security-VAD Allasso hat erst weitere Hersteller wie Nortel oder Juniper hinzu gewonnen. Auch Noxs verfolgt eine ähnliche Strategie.

Dass überdies die Kalkulationen in Sachen Value Add bei kleineren VADs anders aussehen als bei der Broadline-Konkurrenz, hat vielleicht noch einen anderen Grund: Sie nämlich nehmen sich, oft mit Exklusiv-Rechten, der Einführung neuer Brands an ? für Broadliner zu aufwändig und damit unrentabel. Für diese Produkte bieten sie gute Services, spezialisiertes Detailwissen, was der Hersteller mit ordentlichen Margen honoriert. Ist das Produkt dann allerdings gut im Markt eingeführt, wandert es zu den Broadlinern, wird Commodity ? der Mitbewerb wird größer die Margen kleiner und der Value Add fällt aus Kostengründen unter den Tisch.

Allgemeingültig ist die eingangs gestellte Frage nach der Bezahlbarkeit von Dienstleistungen also nicht zu beantworten: Abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell, der Marktposition und der Kundenstruktur muss jeder Distributor für sich entscheiden, inwieweit er sich Services leisten kann und will.


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