Die Konjunkturkrise holt den IT-Handel ein. Das spüren auch die Distributoren. Preisdruck und Absatzdelle machen die Ertragsplanungen zunichte. Kostenoptimierung ist kaum mehr möglich. Jetzt wird, wie bei Ingram Micro, über Kurzarbeit nachgedacht.
Die Hersteller sind betroffen, die Value Add Distribution kommt nicht daran vorbei, der Handel ohnehin nicht und jetzt auch die Broadline-Distribution. Allen voran Ingram Micro, die Nummer eins unter den ITK-Grossisten. Gerhard Schulz, Senior Vice President Central & Eastern Europe bei Ingram Micro, sorgt vor: »Ingram Micro hat zum 1. Mai für sechs Monate vorsorglich Kurzarbeit angemeldet«, teilte er vergangene Woche mit. Grund: Die Prognosen aller Wirtschafts- und Marktforschungsinstitute signalisieren verhaltene Nachfrage.
Schulz steht mit dieser Entscheidung nicht allein. Bereits Ende März hatte Avnet-Geschäftsführer Gerhard Hundt für den Value Add Distributor ebenfalls Kurzarbeit beantragt. Beide, Hundt und Schulz, sehen die Maßnahme auch als Chance, Arbeitsplätze zu erhalten und bei wieder steigendem Absatz flexibel reagieren zu können.
Ebenfalls Kurzarbeit hat bereits das Systemhaus Cancom für Sommer dieses Jahres angekündigt. Vorstandsvorsitzender Klaus Weinmann rechnet nicht vor 2010 mit einer Trendwende.
Es wird eng auf der Ertragsseite: Handel, Hersteller und jetzt die Distribution denken über Kurzarbeit nach. Avnet machte unter den großen Distributoren den Anfang, meldete wegen verhaltenem Auftragseingang im vergangenen Monat für April Kurzarbeit an. Jetzt nutzt auch Ingram Micro- Chef Gerhard Schulz »Kurzarbeit als geeignetes Instrument, mit dem besonnene Unternehmenspolitik unterstützt wird«. Der Topmanager bezeichnet zwar die ersten Monate des Geschäftsjahres als erfolgreich, mag aber für die kommenden Monate schwerlich eine Einschätzung geben. Denn alle Prognosen »signalisieren eine zunehmend verhaltene Nachfrage nach ITProdukten, was wir sehr ernst nehmen«.
Wie genau die Grossisten auf die Zeichen der Gesamtwirtschaft achten, ist auch von der Actebis-Gruppe zu hören. Deren Geschäftsführungsvorsitzender Klaus Hellmich sieht zwar »momentan keine akute Notwendigkeit für Actebis Peacock und NT plus Kurzarbeit anzuordnen«, schließt dies aber grundsätzlich nicht aus: »Sollte der Markt weiter massiv einbrechen, könnte auch die Actebis-Gruppe irgendwann nicht mehr um Kurzarbeit herumkommen.«
Eine Entscheidung für Kurzarbeit musste bereits das Systemhaus Cancom treffen. Nachdem im ersten Quartal die Auftragslage um etwa fünf Prozent zurückgegangen und für das zweite Quartal keine Erholung in Aussicht ist, kündigt Geschäftsführer Klaus Weinmann für den Sommer bereits Kurzarbeit an. Etwa 100 Mitarbeiter seien davon betroffen. Noch nicht ganz so weit ist Hans-Jürgen Bahde, CEO des IT-Dienstleisters TDMi. »Wir sind im Nachdenkprozess, haben aber noch keine finale Entscheidung getroffen«, erklärt Bahde, der dies vor allem mit dem wettbewerbsbedingten Preisdruck und dem höheren Preisbewusstsein der Kunden begründet. Dass der Kelch auch an großen Systemhäusern nicht vorbeigeht, zeigt die Bechtle-Gruppe. Eines ihrer Systemhäuser hat bereits Kurzarbeit angemeldet, ein weiteres denkt darüber nach. Selbst Stellenabbau schließt CEO Thomas Olemotz wegen des Umsatzund Gewinnrückgangs nicht aus.