IT-Outsourcing bei mittelständischen Unternehmen: Alte Zöpfe werden abgeschnitten. Die Vorteile der Auslagerung von IT an einen externen Dienstleister haben sich mittlerweile auch bei mittelständischen Kunden herumgesprochen. Während Konzerne diese Strategie aus Kostengründen betreiben, verfolgen mittelständische Unternehmen andere Ziele: Sie wollen vor allem ihre oft veralteten Systeme auf den neuesten Stand bringen und Transparenz in ihre IT-Kosten bringen.
Rund vier Millionen Euro IT-Kosten bei einem jährlichen Umsatz von 54 Millionen hatte die Münchner Beissbarth Group zu berappen. Dabei stand der traditionsreiche Hersteller von Bremsprüfständen, elektronischen Achsenvermessungsgeräten und Hebebühnen »IT-technisch kurz vor der Insolvenz«, gibt der zuständige IT-Projektleiter Uwe Beythien unumwunden zu. Kein Wunder, denn die IT-Ausstattung der 350 PC-Arbeitsplätze samt Netzwerk und Mailsystem hatte bereits sieben Jahre auf dem Buckel und war kurz davor, zu kollabieren. Eine Modernisierung aus eigener Kraft war nicht möglich, der Firma fehlten die notwendigen finanziellen Mittel, noch schlimmer aber: Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der mit durchschnittlich 50 Jahren überalterten IT-Mannschaft. In dieser prekären Situation entschied sich das Unternehmen für eine komplette Auslagerung ihrer IT, samt Pflege und Betrieb der gesamten Firmen-IT durch den IT-Dienstleister Arxes NCC.
Was nach einer Ausnahme klingt, beschreibt eher einen häufig anzutreffenden Zustand der IT-Systeme bei mittelständischen Firmen, berichtet Volker Schilling vom Betriebswirtschaftlichen Forschungszentrum für Fragen der mittelständischen Wirtschaft an der Universität Bayreuth (BF/M). Die wissenschaftliche Einrichtung hat rund 150 Unternehmen im süddeutschen Raum nach dem Grad ihrer IT-Auslagerung befragt und untersucht, welche Faktoren den Ausschlag dafür gaben, dass die Firmen Teilbereiche ihrer IT an externe Dienstleister auslagern. Die Ergebnisse sind zum Teil überraschend, da gerade die mittelständische Klientel offensichtlich mit IT-Outsourcing ganz andere Ziele verfolgt, als ihnen das die Anbieter solcher Services näherbringen wollen.
Beispiel Kosteneinsparungen. 20 bis 30 Prozent IT-Kosten, rechnen große Häuser wie IBM oder SBS ihren Kunden vor, ließe sich durch Outsourcing einsparen. Doch was für Konzerne eine wichtige Zielvorgabe ist, muss nicht gleichermaßen für den Mittelstand gelten: »Die ökonomische Rationalität bei Outsourcing-Entscheidungen spielt bei diesen Kunden eine eher untergeordnete Rolle«, hat BF/M festgestellt. Auch die von Anbietern gerne ins Feld geführten »weichen« Argumente wie Stärkung der Kernkompetenzen oder Wettbewerbsfähigkeit durch IT-Outsourcing ziehen beim Mittelstand offensichtlich nicht. »Der Grad des IT-Outsourcing korrespondiert nicht mit diesen Zielsetzungen«, stellt Volker Schilling fest.
Müssen IT-Leiter in Konzernen also ihre Abteilung so aufstellen, dass die Konzern-IT auf solche strategischen Unternehmensziele ausgerichtet ist, brauchen sich ihre Kollegen bei mittelständischen Firmen mit diesen Fragen eher nicht auseinanderzusetzen. Beruhigt zurücklehnen können sie sich aber nicht, denn längst haben die meist Inhaber-geführten Mittelständler erkannt, dass ihre IT-Abteilung zumindest in Teilen entbehrlich ist. Denn die Formel »je stärker die Macht der IT-Abteilung, desto geringer die Neigung zum Outsourcing« wird vom BF/M nicht bestätigt.
Treibende Faktoren, warum mittelständische Firmen sich dem IT-Outsourcing verschreiben, sind zum einen Ressourcendefizite: Vor allem das fehlende Know-how der IT-Angestellten, um dringend benötigte Modernisierungen durchzuführen (siehe Beissbarth). Zum anderen die Tatsache, dass viele kleinere Firmen die Effizienz ihrer IT kaum messen können. Dieses Problem fördere die Bereitschaft zum Auslagern, lautet ein Fazit vom BF/M. Daneben spielen auch Unsicherheiten über kommende technologische Neuerungen in den Bereichen Telekommunikation und Netzwerk ebenso eine maßgebliche Rolle.
Dass mittelständische Firmen immer größere Schwierigkeiten haben, technisch auf dem neuesten Stand zu sein, zeigt der Bereich Anwendungsentwicklung und -betrieb, der mit einem Outsourcinggrad von fast einem Drittel zu den bereits am stärksten ausgelagerten IT-Aufgaben zählt. Statt kostenintensiver Individualsoftware setzen die Unternehmen mehr und mehr auf Standardsoftware, deren Betrieb sich leichter auslagern lässt als Anwendungen aus proprietären Systemen.
Weniger Neigung zur Auslagerung besteht dagegen bei Themen wie Telekommunikation und Netzwerke. Lediglich knapp ein Viertel der vom BF/M untersuchten Firmen lässt diese Aufgaben von einem externen Dienstleister erledigen. Dies liege laut Studie daran, dass der Aufwand für diese Bereiche mit 18 Prozent an den gesamten IT-Kosten relativ gering sei. Der Auslagerungsgrad bei größeren Unternehmen ist höher, da hier die Kosten überproportional zu der Firmengröße steigen würden.
Ähnlich moderat ist das Outsourcing von Systembetrieb und Rechenzentrum bei mittelständischen Unternehmen, obwohl hier mit 30 Prozent am gesamten IT-Budget der höchste Kostenblock ermittelt wurde. Kostentreibend wirken sich hier hohe Aufwendungen für Personal sowie Sachinvestitionen aus. In diesem Bereich lägen denn auch hohe Einsparpotenziale, vermuten die Autoren der Studie. Ähnlich sehen das die IT-Dienstleister, die sich durch die steigende Übernahme solcher Aufgaben entsprechend hohe Skaleneffekte versprechen. Am wenigsten ausgelagert ist beim Mittelstand der Support. Offensichtlich liegt das daran, dass die Firmen wenig Notwendigkeiten sehen, ihre Mitarbeiter beim täglichen Computereinsatz zu unterstützen.
Erstaunlich ist dagegen, dass manche Kunden beim Outsourcing über das Ziel hinausschießen und neben dem Betrieb ihrer IT auch kritische Funktionen wie IT-Planung und -Controlling dem externen Anbieter überlassen. Rund sechs Prozent der vom BF/M befragten Firmen geben so das Heft über ihre IT ganz aus der Hand, was nicht unbedingt in ihrem Interesse sein kann.
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