IT und Fernsehen: Pantoffelkino goes IT

23. Februar 2006, 0:00 Uhr |

IT und Fernsehen: Pantoffelkino goes IT. Fernsehen und IT sind längst keine getrennten Welten mehr. Die Digitalisierung des Fernsehens und der Multimedia-Wandel in der IT führen zu zahlreichen Berührungspunkten, von TV-Equipment für Notebook und PC über Videorekorder-Lösungen bis zu neuen Bildschirmtechnologien. Doch auch die Absatzkanäle der Produkte überschneiden sich.

IT und Fernsehen: Pantoffelkino goes IT

Der Deutschen liebste Freizeitbeschäftigung macht auch vor dem Computer nicht halt. Immer mehr Rechner sind in der Lage, Fernsehprogramme zu empfangen, zu bearbeiten und auf Festplatte zu speichern. Doch ein Ersatz für das klassische Fernsehgerät und Video- bzw. DVD- und Festplattenrekorder ist der PC noch nicht, zu groß sind noch die Berührungsängste der Verbraucher. Zudem ist die Bedienung der PC-Systeme mit den Stand-Alone-Geräten bisher nicht vergleichbar. Doch im mobilen Bereich haben beispielsweise DVB-T-Lösungen für Notebooks Konjunktur. Wer viel unterwegs ist und nicht auf die Lieblingsserie oder das aktuelle Sportprogramm verzichten will, kann mittlerweile auf eine Vielzahl von Angeboten zurückgreifen. Ein weiteres Einsatzgebiet für TV-Lösungen im Rechner sind Studenten- oder Kinderzimmer, wo ein TV-fähiger PC platzsparend eingesetzt werden kann. Vom flächendeckenden Einsatz im Wohnzimmer ist der Multimedia-PC jedoch noch weit entfernt. Neue, intelligente Betriebssystem- und Plattformkonzepte könnten dies aber in Zukunft ändern.

Als Erstgeräte im Zentrum der Wohnung haben deshalb immer noch die klassischen TV-Geräte die Nase vorn. Was sich geändert hat, ist das Erscheinungsbild der Geräte. Die gute alte Flimmerkiste hat ihren Namen nicht mehr verdient, denn flimmerfreie Flachbild-Fernseher lösen die alten Röhrengeräte ab. Laut der ACTA-Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach planen 17 Prozent der Deutschen im Alter von 14 bis 64 die Anschaffung eines Fernsehgeräts mit Flachbildschirm, fünf Prozent besitzen schon entsprechende Geräte. Viele Hersteller setzen zudem auf den Faktor Fußballweltmeisterschaft und hoffen, dass sich die Fans zum Großereignis neue Geräte anschaffen. Die Frage ist dabei längst nicht mehr, ob flach oder Röhre, vielmehr konkurrieren mittlerweile LCD- und Plasma-Technologien. »Langfristig kann man davon ausgehen, dass sich die LCD-Technologie durchsetzen wird«, glaubt Sascha Iwanowsky, Marketing Manager beim koreanischen Hersteller Hyundai Imagequest. »Sowohl technischer Fortschritt, als auch die Marktentwicklung sprechen für die LCD- Technik«, stimmt Michael Willenborg, Business Manager Connected Displays bei Philips, zu.

Neue Technologien wie das von Canon und Toshiba entwickelte SED-Verfahren sind noch nicht serienreif und werden erst in Geräten künftiger Generationen eine Rolle spielen.

Neue Geräte ? neue Player

Mit den Plasma- und LCD-Geräten kommen viele Unternehmen auf den Markt, die ihre Heimat im IT-Segment haben. Damit weichen auch die klassischen UE-Handelsstrukturen auf. IT-Händler und -Distributoren haben nun auch TV-Geräte im Portfolio. »Der IT-Fachhandel steht mit den derzeit stagnierenden bis rückläufigen Umsätzen vor einem Umdenkprozess. Der Bereich Consumer Electronics mit dem derzeit größten Wachstumspotenzial ist natürlich auch und gerade für den IT-Fachhandel interessant, zumal die LCD-Technologie, die im Bereich TV die größte Bedeutung einnimmt, dort ihren Ursprung hat«, erklärt Kristina Brahms, Produktmanagerin LCD-TV bei der Benq Deutschland GmbH. Auch Peter Hollmann, Sales Director von Viewsonic Europe, sieht Chancen für den IT-Handel, er müsse jedoch in seinen lokalen Zielmärkten eine entsprechende Kompetenz für dieses Produktsortiment aufbauen und mit Nachdruck kommunizieren. »Da PC und TV immer stärker zusammenwachsen und entsprechende Kombiangebote immer stärker nachgefragt werden, hat der IT-Fachhandel in diesem Zusammenhang dank seines fundierten PC-Know-hows sogar handfeste Vorteile gegenüber dem klassischen UE-Händler«, glaubt Hollmann.

Winfried Hoffmann von Phocus Electronics sieht die Aussichten der IT-Reseller jedoch nicht so rosig: »Die Rolle des IT-Fachhandels als Absatzkanal wird mit wachsenden Marktanteilen von Online-Anbietern und führenden großen Handelsketten stetig weiter an Bedeutung verlieren. Der IT-Fachhandel wird zukünftig mehr und mehr nur noch auf seinen jeweiligen Add-on-Mehrwert wie Service oder Beratung reduziert, mit dem er früher seine Handelswaren schmückte, um seine Attraktivität im Handelswettbewerb zu erhalten«, meint Hoffmann. Den Handel selbst werde er aber gegen die Branchenriesen verlieren, dabei seien Einkaufsverbünde keine Überlebensstrategien, sondern bloß lebensverlängernde Maßnahmen mit endlichem Ausgang.

Der HDTV-Content fehlt

Die technischen Fähigkeiten der neuen Displays sind der heutigen Fernsehtechnik weit voraus. Die Geräte der neusten Generation sind in der Regel HDTV ready und mit HDMI-Schnittstelle ausgestattet. Das alte PAL-Signal wird den Anforderungen nicht mehr gerecht, doch es fehlt an Angeboten für das hochauflösende Fernsehen. »Das Angebot an HD-Content muss endlich eine kritische Masse erreichen und für breite Zielgruppen bezahlbar, idealerweise in relevantem Umfang auch kostenlos verfügbar sein«, fordert Viewsonic-Vertriebsdirektor Hollmann. Erst wenn Verbraucher einen maßgeblichen Teil ihrer Lieblingssendungen in HD-Qualität empfangen können, werde die Nachfrage nach HD-Geräten auf breiter Front noch stärker steigen.»Es reicht nicht, wenn nur Premiere HDTV ausstrahlt«, bestätigt Martin Böttner, Country Manager DACH beim chinesischen Anbieter Tatung. Philips-Manager Willenborg sieht jedoch den Grundstein für HDTV schon gelegt, allerdings müsse nun gelingen »HDTV für den Konsumenten am Point of Sale erlebbar zu machen«.

Neben der HDTV-Fähigkeit werden künftig bei den Flachbildfernsehern noch weitere Ausstattungsmerkmale eine Rolle spielen. »Betrachtet man die Entwicklung der verschiedenen Segmente aus IT und Unterhaltungselektronik, so lässt sich ganz klar erkennen, dass neben der Entstehung unterschiedlichster Konvergenzprodukte die Vernetzung all dieser Geräte mehr und mehr im Mittelpunkt steht. Vor diesem Hintergrund wird es eine Voraussetzung sein, dass alle Endgeräte in der multimedialen Heim-Infrastruktur ohne Probleme miteinander kommunizieren können. Diesen Anforderungen müssen natürlich auch die Fernsehgeräte von morgen gerecht werden. Auch ein modularer Aufbau der Geräte wäre wünschenswert, damit der Kunde ganz individuell seine Ansprüche realisieren kann«, meint Hyundai-Marketing-Spezialist Sascha Iwanowsky. »Zudem muss das Modell über möglichst viele Anschlüsse verfügen, um eine größtmögliche Kompatibilität zu anderen Produkten zu gewährleisten«, ergänzt Peter Hollmann von Viewsonic. Auch spiele wie bei kaum einem anderen UE-Produkt der Design-Faktor eine wesentliche Rolle. Dem kann Philips-Display-Spezialist Michael Willenborg nur zustimmen: »Ein moderner Flat-TV ist heute auch ein Design-Statement des Konsumenten. Zukünftig wird dieses schlanke Hightech-Produkt mehr und mehr ein gestaltendes Merkmal der Wohnzimmer-Einrichtung.«

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Kommentar

Landauf, landab klagen die Hersteller über den Preisverfall bei Flachbildfernsehern. Doch wie Roland Beck im Interview auf Seite 24 ganz richtig sagt, der Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Mit der Ausweitung der Kapazitäten und der Zunahme an Playern sinkt der Preis zwangsläufig. Das muss aber nicht schlecht sein. Preisreduzierungen bergen eine große Chance: Die Ware wird für eine breite Käuferschaft erschwinglich, der vorher exklusive Markt wird nun zum Massenmarkt. Allerdings sind damit auch die Zeiten vorbei, als Flachbildfernseher mit Premiumsegment gleichgesetzt wurden. Früher wurden für Röhrengeräte auch Preisspannen zwischen 50 und mehreren tausend Euro bezahlt, je nach Marke, Qualität und Ausstattung der Geräte. Das wird mit den neuen flachen nicht anders sein. Ärgerlich ist der Preisverfall vor allem für Anbieter, die versuchen, mit einem gestern exklusiven, heute aber schon alltäglichen Produkt immer noch viel Geld zu verdienen. Wenn es die Premium-Anbieter schaffen, ihre Ware mit einem entsprechenden Mehrwert für den Kunden zu versehen, dann müssen sie vor dem Preisverfall keine Angst haben.

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INFO

www.benq.de

www.hyundaiq.de

www.philips.de

www.phocuselectronics.com

www.tatung.de

www.viewsonic.de


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