J-Boss lässt sich in Deutschland nieder
J-Boss lässt sich in Deutschland nieder. Die Open-Source-Firma J-Boss hat ihren wichtigsten deutschen Partner gekauft. Aus dem Berliner Unternehmen Objectone wurde zum 1. März J-Boss Deutschland. Die Geschäfte führt künftig Objectone-Gründer Tobias Hartwig.
J-Boss lässt sich in Deutschland nieder
Durch die Übernahme eines Partners verstärkt die Open-Source-Firma J-Boss ihre Präsenz auf dem deutschen Markt. Der Middleware-Spezialist hat das Berliner Unternehmen Objectone gekauft, das bisher als Integrator von J-Boss-Produkten und als Service-Anbieter auftrat. Aus dessen Niederlassung wurde zum 1. März das deutsche J-Boss-Büro. Objectone-Gründer Tobias Hartwig führt die Geschäfte in Deutschland.
Nach Angaben des US-Anbieters handelt es sich bei den Berlinern um seinen hierzulande bislang erfolgreichsten Partner. Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren »eine beeindruckende Zahl wichtiger Kunden für J-Boss Subscription gewonnen«. Mit »Subscription« bezeichnet die Software-Firma das Service- und Support-Angebot, auf dem ihr Geschäftsmodell beruht. Für die Open-Source-Middleware selbst fallen naturgemäß keine Lizenzgebühren an. Das Preismodell der »Abonnements« orientiert sich an Kriterien wie dem Service-Level, der Nutzerzahl und den Support-Kontakten. Der J-Boss-Vertrieb betreute den deutschen Markt bisher von London aus.
Näher am deutschen Markt
Von der Übernahme verspricht sich Hartwig für sein neues Unternehmen eine größere Marktnähe: »Einige Kunden schätzen es ganz einfach, wenn sie einen deutschen Ansprechpartner haben.« Auf der Kundenliste stehen unter anderem die Lufthansa, die Norisbank, die Sachsen LB und die Dresdner AMD-Niederlassung.
Derzeit sucht das Unternehmen vor allem weitere Integrationspartner, »um die wachsende Nachfrage nach Open-Source-Middleware bedienen zu können«, wie Hartwig erläutert. Die neue deutsche Niederlassung will dafür das eigene Integrationsgeschäft, das bei Objectone rund 30 Prozent zum Umsatz beitrug, zugunsten der »Subscription«-Erlöse auf 20 Prozent zurückfahren. Bisher arbeitet J-Boss hierzulande mit sieben Integratoren ? unter anderem Softcon und Syngenio ? zusammen.
Das Ökosystem des Unternehmens ist indes vielschichtiger aufgebaut. Neben Systemintegratoren gehören dazu Lösungs- und Technologiepartner, die zum einen zertifizierte Produkte anbieten, die auf Basis der J-Boss-Middleware laufen, zum anderen J-Boss-Technologie in ihre Produkte einbinden oder mit ihnen bündeln. Im Gegensatz zu Lösungspartnern sind Technologiepartner außerdem in der Lage, ihren Kunden Support für J-Boss-Software anzubieten. Als vierte Kategorie kommen Trainingsanbieter hinzu. Innerhalb der Partnerkategorien unterscheidet J-Boss teils noch einmal zwischen einer einfachen Stufe, einem Preferred- und einem Premier-Level.
Kooperation mit Microsoft
Zu den ISV- und OEM-Partnern zählen Unternehmen wie Adobe, ATG, Hewlett-Packard, Dell oder Quest. Interessanterweise besteht seit dem vergangenen Herbst sogar eine Kooperation mit dem notorischen Open-Source-Gegner Microsoft. Die Firmen wollen gemeinsam Technologien entwickeln, die es Kunden erlaubt, das Windows-Betriebssystem und Microsoft-Anwendungen zusammen mit dem J-Boss-Applikationsserver zu betreiben.
Für das Marktsegment, das J-Boss adressiert, rechnet das Unternehmen in den kommenden Jahren mit dynamischem Wachstum. Ende des Jahrzehnts werde »mehr als die Hälfte der eingesetzten Middleware-Produkte« aus dem Open-Source-Feld stammen, prognostiziert Sacha Labourey, EMEA-Chef und CTO von J-Boss. Dabei kann der Manager unter den Open-Source-Anbietern keinen Wettbewerber erkennen. Als einzige Rivalen nimmt er BEA mit Weblogic und IBM mit Websphere derzeit wirklich ernst. SAP mit Netweaver begegne sein Unternehmen dagegen im Wettbewerb so gut wie nie. Nach Zahlen des Marktforschungsinstituts BZ Research hat sich der Applikationsserver von J-Boss inzwischen als die am meisten eingesetzte Java-Plattform etabliert.
Die durch Berichte in der US-Wirtschaftspresse genährten Spekulationen, Oracle wolle den kleinen Middleware-Spezialisten übernehmen, kommentiert Labourey lediglich mit allgemeinen Worten. Die hören sich allerdings wie ein Dementi an: »Die Strategie, die den größten Wert für das Unternehmen, Partner, Kunden und die Community verspricht, richtet sich auf einen IPO.« Als Zeithorizont für den anvisierten Börsengang nennt der J-Boss-Vorstand »etwa zwei Jahre«. J-Boss beschäftigt aktuell etwa 170 Mitarbeiter, davon ein Drittel in Europa und seit dem 1. März auch sieben in Deutschland.
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Kommentar
Kein Wunder, dass sich Larry Ellison diese Firma gern unter den Nagel reißen würde. Wildert der Open-Source-Anbieter J-Boss doch mit seinem Applikationsserver vor allem im Revier der Oracle-Rivalen IBM und BEA. Zugleich würde sich der Konzernchef mit einer Übernahme zahlreiche hochkarätige Middleware-Spezialisten ins Boot holen. Insofern klingen die Medienberichte plausibel, Oracle wolle das kleine Vorzeigeunternehmen für mindestens 200 Millionen Dollar kaufen. Doch J-Boss-Chef Marc Fleury und seine engsten Mitarbeiter kennen offenbar auch einen anderen Weg, zu viel Geld zu kommen. In etwa zwei Jahren werde das Unternehmen an die Börse gehen, verrät Fleurys Vorstandskollege Sacha Labourey. So kann man Ellison natürlich auch einen Korb geben. Immerhin bleibt dem Oracle-Chef die Möglichkeit, wenn es soweit ist, J-Boss-Aktien zu kaufen.
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