IT sorgt für Wandel

Kirche nähert sich modernen Lebensformen an

22. März 2013, 12:47 Uhr |
Bild: Fotolia, Iakov Kalinin

Dem Trend zur Beschleunigung, den IT vielfach fördert, verschließt sich auch die katholische Kirche nicht.

Manche halten die katholische Kirche ja für die älteste und größte Marketing-Organisation der Welt, und als solche nutzt sie selbstverständlich auch moderne Medien. Der Heilige Stuhl verfügt über einen eigenen Twitter-Account und sogar der konservative und inzwischen emeritierte Papst aus Bayern ließ sich mit einem schicken Tablet ablichten. So ist es nicht verwunderlich, dass die italienische Bischofskonferenz dem vergangene Woche gewählten neuen Papst sogleich per E-Mail gratulieren wollte. Allerdings sprachen die Geistlichen die Glückwünsche versehentlich ihrem Favoriten aus, dem Mailänder Erzbischof Angelo Scola, der jedoch einem Wettbewerber aus Argentinien unterlegen war.

Auch die Kirche besteht nur aus Menschen, das mit der Unfehlbarkeit hat sich ohnehin nicht so bewährt, und in der Eile können eben Fehler passieren, wie jeder weiß. »Wer schnell läuft, fällt; drum eile nur mit Weile« – diesen Ratschlag hat einst schon der Franziskaner-Mönch Lorenzo in Shakespeares Tragödie »Romeo und Julia« gegeben. Die Nachfahren im geistlichen Stand tun sich offenbar schwer, ihn zu befolgen.

Nun entsprechen Eile und Hektik sehr dem Zeitgeist, dem sich nicht unkritisch anpassen zu wollen, kirchliche Würdenträger immer wieder betonen. Doch hier scheinen höhere Mächte am Werk zu sein. Bekanntlich leben wir in einer Beschleunigungsgesellschaft. Die Geschwindigkeit nimmt durch neue technische Möglichkeiten zu, beispielsweise sind E-Mails schneller als Briefe. Im Zuge dessen erwarten wir schnellere Reaktionen und beschleunigen unser eigenes Lebenstempo. Wir schreiben mehr E-Mails als früher Briefe, essen schneller und wechseln Arbeitsstellen und Partner öfter als unsere Vorfahren. Zwar gibt es gegenläufige Tendenzen, die Entschleunigung zum Ziel haben und Zeit für Muße schaffen wollen, etwa die Slow-Food-Bewegung. Doch als einzelner hat man es schwer, sich der vorherrschenden Strömung zu widersetzen, wenn man nicht aus allen sozialen Bezügen fallen will.

Anscheinend gilt dies auch für eine traditionsreiche und konservative Institution wie die katholische Kirche. Wenn es mit der Annäherung an moderne Lebensformen so hurtig weitergeht, werden vielleicht schon bald Geschiedene nicht mehr diskriminiert werden, Verhütungsmittel erlaubt sein und Priester nicht mehr keusch leben müssen.


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