Kommunen sind bei ERP auf einem guten Weg Die öffentliche Hand tut sich bei der ERP-Einführung noch schwer. Mit Dieter Große-Keul, Geschäftsführer von Agresso, sprach Petra Adamik für InformationWeek über die Gründe.
Wie offen sind öffentliche Verwaltungen für den Einsatz von ERP-Systemen?
Der ERP-Begriff ist hier noch nicht sehr ausgeprägt. Ein Grund dafür ist sicher das immer noch vorherrschende Ressortwesen, bei dem die Verantwortlichkeiten eng abgegrenzt sind. Integrierte Abläufe und die ganzheitliche Sichtweise sind eher selten. Allerdings zeigt sich, dass Kommunen für ERP aufgeschlossener sind als die Verwaltungsebenen von Bund und Ländern.
Was sind die Treiber für die Einführung von ERP-Systemen im öffentlichen Bereich?
Der Trend zu integrierten und damit wirtschaftlicheren Lösungen ist deutlich vorhanden. Ein Grund dafür ist die ökonomische Situation. Steuermittel werden knapp, der wirtschaftliche Druck steigt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der demografische Wandel. In Deutschlands Verwaltungen arbeiten momentan 1,5 Millionen Mitarbeiter, von denen in den nächsten 10 Jahren rund 35 Prozent aus Altersgründen ausscheiden. Allein we-gen fehlender Finanzmittel werden Behörden nicht in der Lage sein, diese Stellen komplett neu zu besetzen. Es gilt also, Rationalisierungspotenziale auszuschöpfen. Wichtige Hilfsmittel hierfür könnten moderne prozessorientierte ERP-Systeme sein.
Gibt es öffentliche Bereiche, die hier eine Vorreiterrolle spielen?
Das sind derzeit im Wesentlichen die kommunalen Eigenbetriebe, die im Wettbewerb zur Privatwirtschaft stehen und betriebswirtschaftlich abrechnen müssen.
Was sind die Hauptursachen für noch fehlende ERP-Systeme bei öffentlichen Verwaltungen?
Unser Verwaltungsapparat beruht auf rund 200 Jahre alten Mustern aus der preußischen Verwaltung, die heute noch gültig sind. Auch aufgrund des föderalen Systems ist eine strategische Gesamtplanung in der Bundesrepublik kaum möglich. Jedes Bundesland kann andere Entscheidungen treffen. Das würde in einem Industrieunternehmen völlig anders laufen. Meiner Ansicht nach sind das auf Landes- und Bundesebene wesentliche Punkte für die schleppende Einführung von ERP. Kommunen sind da eindeutig im Vorteil.