Kommunikation aus einem Guss

15. November 2006, 10:40 Uhr |

Kommunikation aus einem Guss Bei der HUK-Coburg-Versicherungsgruppe sollte die Erreichbarkeit verbessert werden. Das Mittel dazu: eine integrierte Kommunikationslandschaft.

Der Markt für Versicherungen ist eng besetzt und es herrscht starke Konkurrenz. Umso wichtiger ist es für den einzelnen Versicherer, alle Mittel zu nutzen, um die Kunden fest an sich zu binden. »Kundennähe wurde bei der HUK-Coburg schon immer groß geschrieben. Schon seit einigen Jahren werden wir immer wieder hinsichtlich der Kundenzufriedenheit hervorragend beurteilt. Doch damit wollten wir uns nicht begnügen«, sagt Uwe Matzner, Leiter des Bereichs Netzwerktechnik bei der HUK-Coburg. Um weitere Verbesserungspotentiale auszuloten, untersuchte die Versicherung daher in einer internen Studie ihre telefonische Erreichbarkeit. Daraus resultierte die Definition einer Reihe von Handlungsfeldern und Zielen:
•Die Sachbearbeiter sollten in 80 Prozent der Fälle beim ersten Anruf erreichbar sein.
•Hat der Sachbearbeiter alle Informationen über den Kunden zur Verfügung, sollte er dessen Anliegen in einem einzigen Gespräch klären.
•Der Anrufer sollte »ganzheitlich«, das heißt spartenübergreifend betreut werden
•Die Einsatzplanung der in einem Call- oder Kundenbetreuungscenter tätigen Mitarbeiter sollte sich effizienter gestalten.
Ein wichtiger Aspekt aller Einzelmaßnahmen war die Höherqualifizierung der Sachbearbeiter. Bisher waren sie auf einzelne Versicherungssparten spezialisiert. Zukünftig sollten sie zu spartenübergreifenden Kundenbetreuern qualifiziert werden. Das bedeutet fundierte Kenntnisse in den Kernbereichen Kfz-, Rechtschutz-, Haftpflicht- und Sachversicherung statt nur in einem dieser Segmente. Leistungsstärke und Kundenorientierung sollten so zunehmen und die Kunden stärker an den Versicherer binden. Um diese Ziele zu erreichen, erfolgte als erstes eine detaillierte Analyse der Kundenkontakte über alle Medien (Telefon, Fax, E-Mail) und die daraus abgeleiteten Prozesse. Das wiederum resultierte in vielschichtigen Anforderungen an die unterstützenden Kommunikationstechnologien. Es zeigte sich schnell, dass deren Komplexität und Verflochtenheit es unmöglich machte, eine Lösung mit nur einem Produkt zu realisieren.

Neue Plattform für neue servicequalität
Die Versicherungsgruppe suchte daher eine Callcenter-Plattform, in die sich sämtliche für die Kundenbetreuung wichtigen Applikationen integrieren ließen. »Wir haben den Auftrag ausgeschrieben und eine Reihe namhafter Dienstleister um Angebotsabgabe gebeten. Am Ende erhielt unser langjähriger Telekommunikationspartner Damovo als Generalunternehmer den Zuschlag. Uns überzeugten dessen breit angelegtes Know-how und die Projektsteuerungskompetenz«, sagt Matzner. Die Callcenter-Software »Contact Center Platform« für die insgesamt acht bundesweit tätigen Kundenbetreuungscenter (KBCs) lieferte Genesys. Das IT-Beratungsunternehmen Softlab integrierte die in der Coburger Zentrale bereits vorhandene TK-Anlage Ericsson MD110 in das Genesys-Framework. Eine zentrale Funktion dabei ist das gesamte Routing und Reporting: Eingehende Anrufe werden regional zugeordnet. Ist das nicht möglich, ermittelt die Software einen freien Kundenbetreuer in einem der anderen Callcenter. Die Callcenter sind über ein kombiniertes IP-Sprach- und Datennetz mit der Zentrale verbunden. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige überregionale Verteilung der Anrufe und damit auch eine schnellere Beantwortung der Anfragen. Zusätzlich wurden medienübergreifend alle Kundeninteraktionen, also traditioneller Schriftwechsel, Telefaxe und E-Mails, in einer Lösung zusammengefasst. Für die persönliche Kundenberatung sind nach wie vor die Geschäftsstellen, die Kundendienstbüros und die Vertrauensleute zuständig. Die Schadens- und Leistungsfallbearbeitung findet weiterhin in den Fachabteilungen beziehungsweise in den regionalen Schadenaußenstellen statt. Die Verteilung aller anderen Kundenanfragen erfolgt nun jedoch über alle Medien gebündelt von einer zentralen Stelle aus.

Eine ­Ruf­nummer und eine E-Mail-Adresse
Um diese Gesamtlösung zu implementieren, wurde am Standort in Coburg zunächst innerhalb von sieben Monaten ein Pilotprojekt zur Telefonie-Integration in Form eines Kundenbetreuungscenters (KBC) umgesetzt. Der Generalunternehmer koordinierte die technische Umsetzung der CTI-Lösung und sorgte für einen fristgerechten Abschluss der ersten Phase. Experten des Neusser Systemintegrators entwickelten darüber hinaus die Benutzeroberfläche eines Softphones für die Agenten in den Kundenbetreuungscentern. Diese Applikation unterstützt die Mitarbeiter bei der Annahme und Bearbeitung der Anfragen. Von Januar 2005 bis Oktober 2006 wurden Schritt für Schritt die anderen Kundenbetreuungscenter in Augsburg, Berlin, Dortmund, Frankfurt/Main, Ham­burg, Köln und Kassel aufgebaut und in Betrieb genommen. Deren Kapazität verdeutlichen einige Kennzahlen: An durchschnittlichen Tagen beantworten die insgesamt 1200 Mitarbeiter an den acht Standorten zwischen 15000 und 30000 Anrufe, in Spitzenzeiten sind es bis zu 40000. Ist das Anrufaufkommen geringer, steuert die Gesamtlösung, die auch die schriftlichen Anfragen umfasst, das Arbeitsaufkommen so, dass die Kundenbetreuer dann E-Mails, Briefe oder Telefaxe beantworten können. Eine einzige Servicenummer oder auch eine E-Mailadresse ist alles, was Kunden oder Interessenten des Versicherers heute wissen müssen, um Kontakt aufzunehmen. HUK-Coburg hat inzwischen mehrfach Messungen zur Erreichbarkeit der Callcenter durchgeführt. »Im Vergleich zum alten Service-Center konnten wir die Erreichbarkeit der Kundenbetreuer bald auf 80 Prozent und mehr steigern. Damit haben wir eines der zentralen Projektziele schneller als ursprünglich geplant erfüllt«, fasst Matzner zusammen.

Projektziele ­erreicht
Der Versicherer ist heute stolz auf das Erreichte. »Wir haben mit unserem Projekt Aufmerksamkeit in der gesamten Assekuranzbranche erregt. Das Multi-Channel-Konzept ist in dieser Konsequenz relativ neu für Versicherungen. Unsere Erfahrungen sind somit richtungsweisend für den gesamten Sektor.«

Jürgen Wasem-Gutensohn ist Redakteur in München.


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