Kopfnuss

Krise 2.0: Wie der Airbag der Marktwirtschaft funktioniert

19. November 2008, 9:21 Uhr |

Die Marktwirtschaft funktioniert immer noch, trotz oder gerade wegen der aktuellen Krise, in der sie steckt. Das liegt an einem einfachen Prinzip: Je größer die Krise, desto mehr wird für die Rettung getan.

Je höher die Schulden, desto bereitwilliger die Unterstützung. Der Airbag dieser Marktwirtschaft funktioniert bestens, und er geht erst so richtig schön auf, wenn das System auf Kollisionskurs ist.

Erst werden weltweit Billionen Vom Steuerzahler an marode Banken überwiesen, die zuvor amerikanischen Häuslebauern Kredite gewährt haben, obwohl diese nicht einen Cent auf der hohen Kante hatten. Nun reihen sich die Autobauer in die Reihe der staatlichen Almosenempfänger ein. Sie wollen an unsere Steuergelder, weil sie seit Jahren immer neue, Sprit saufende Gelände- Dinosaurier auf den Markt bringen und die Verbraucher sich angesichts Kosten von 100 Euro für eine Tankfüllung dafür nicht mehr so recht begeistern können.

Da ist es nur konsequent, wenn der Pleitegeier beim Immobilienfinanzierer »Hypo Real Estate« erneut anklopft und weitere Milliarden fordert. Schließlich hat das erste staatliche Rettungspaket Umstrukturierungen gefordert, und die kosten eben zunächst einmal viel Geld. Was der deutsche Steuerzahler eingebrockt hat, muss er auch bis ans bittere Ende auslöffeln und daher noch ein paar Milliarden nachschießen, damit die Marktwirtschaft klappt! Das Gute an so einer vertrackten Situation: Ob ein Geschäftsmodell Zukunft hat, interessiert in der Krise 2.0 niemanden.

Aufatmen darf also auch so manches innovative IT-Unternehmen, das klug genug war, sich noch ins neue Zeitalter der Marktwirtschaft hinüberzuschleppen. Wer heute noch Desktop- PCs mit Röhren-Monitor, 20- Gigabyte-Festplatte und eingebautem ISDN-Modem in eigener Fertigungsstraße mit 10.000 Mitarbeitern herstellt und zu verkaufen versucht, hat beste Chancen, ins Kanzleramt zu einem Meeting mit Angela Merkel eingeladen zu werden. Bettelbriefe und Bittgesuche waren gestern, in der Krise 2.0 lädt heute das Kanzleramt persönlich ein, mit der Aussicht, sich freundlichst unter den rettenden staatlichen Schirm zu begeben. Nie war Marktwirtschaft wertvoller als heute!


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