Kundenkenntnis lohnt sich ie gezielte Ansprache ausgewählter Kunden ist ein erfolgversprechender Weg, um den Umsatz zu steigern. Unternehmen können dabei auf bewährte Verfahren und moderne Software-Produkte zurückgreifen.
Dass Bestandskunden, einkommensstarke Verbraucher und Senioren attraktive Kundengruppen sind, haben die meisten Unternehmen mittlerweile erkannt. Bestandskunden und Senioren punkten durch ihre Risikoarmut; einkommensstarke Verbraucher haben ein höheres Risikopotenzial, glänzen aber neben den Bestandskunden mit dem besten Kundenwertpotenzial. Wenn es um die Ansprache dieser Klientel gibt, stehen Unternehmen vor zwei Möglichkeiten: Der genaue Zuschnitt auf ein finanzkräftiges Nischensegment oder die spezifische Ansprache und Produktgestaltung für den Massenmarkt. Nicht schiere Größe ist das Zauberwort, sondern geeignete Segmentierung. Unternehmen, die Kundengruppen gezielt ansprechen und ihre Marketing- und Vertriebsmaßnahmen am aktuellen und künftigen Kundenwert ausrichten, erreichen das stärkste Wachstum. Fokussierte Massenanbieter sind Gewinner. Mehr als die Hälfte dieser Firmen konnte ein Umsatzplus erzielen. Dies trifft hingegen nur auf 15 Prozent von Unternehmen mit einer undifferenzierten Massenproduktstrategie zu. Produkte, die eine Gesamtlösung ermöglichen, wirken sich ebenfalls in einer überdurchschnittlichen Umsatzsteigerung aus. Demgegenüber verzeichnen nur 17 Prozent der Firmen eine Umsatzsteigerung, die ein Einzelprodukt ohne weiteren Zusatznutzen anbieten. Die Relevanz von analytischem Customer Relationship Management (CRM) liegt dabei auf der Hand: Da die lukrativsten Kundengruppen auch am härtesten umkämpft sind, bleiben die Geschäftsbeziehungen zum Kunden nur erhalten, wenn seine Bedürfnisse, Potenziale und Risiken richtig analysiert und prognostiziert werden. CRM-Software kann zu einem echten Wettbewerbsvorteil werden, wenn eine gute Analyse mit guten Produktangeboten einhergeht.
Analytische CRM-Anwendungen liefern Prognosen zu Abschlüssen und Abwanderungen. Zudem kann entsprechende Software auch in der Verkaufsförderung, zum Beispiel bei der Planung von Marketing-Aktionen, eingesetzt werden und über die Ermittlung von Kennzahlen Prozesse in Marketing, Vertrieb und Service überwachen. Grundlage ist die Erstellung von Kundenprofilen auf der Basis von internen Informationen, Transaktionsdaten und externen Marktfakten. Für die Profilerstellung und Kundenbewertung gibt es eine ganze Reihe von bewährten Verfahren. Eine weit verbreitete Methode ist die Umsatzberechnung. Diese besticht durch ihre Einfachheit, birgt aber die Gefahr, dass mit der Identifikation der umsatzstärksten Kunden keine Aussage über deren Profitabilität verbunden ist. Oft bringt aber ein erheblicher Anteil der Kunden keinen Gewinn für das Unternehmen. Noch schlimmer: Ein Viertel der Kunden bewirkt manchmal sogar 80 Prozent des Verlusts. Solche Kunden gilt es zu identifizieren, um ihr Kaufverhalten zu verändern oder sie loszuwerden. Trotz aller Schwächen ist die Kundenwertbestimmung nach Umsatz immer noch die gebräuchlichste Methode. Gut 75 Prozent aller Unternehmen verlassen sich darauf. Eine Alternative bietet die Kundenbewertung durch Deckungsbeitragsberechnung. Diese Methode setzt allerdings die Kenntnis der Kosten pro Kunde voraus. Qualitative Merkmale werden bei der Scoring-Methode benutzt, um Aussagen über den Wert eines Kunden zu treffen. Diese Methode gilt als leicht anpassbar und einfach anzuwenden. Das Lebenszyklus-Modell betrachtet die Relevanz einschneidender Ereignisse wie Heirat, Berufseinstieg und Rentenbeginn. Bei der Kundenwert-Methode werden alle Kosten- und Einnahmeaspekte einer Person in der Zeit berücksichtigt, in der sie Kunde des Unternehmens ist. Um das letzte Kaufdatum, Kaufhäufigkeit und Umsatz geht es bei der sogenannten RFM-Methode. Diese beruht darauf, dass Kunden, die in jüngerer Vergangenheit eine Bestellung getätigt haben, diese mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederholen werden. Kundenportfolio-Analyse hingegen blickt zurück, um die Attraktivität einer Person im Hinblick auf die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu untersuchen.
Sowohl im Bereich operativer CRM-Software als auch bei Business-Intelligence-Produkten hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Operative CRM-Lösungen können heute flexibel gestaltet werden. Sie haben anpassbare Datenmodelle, und Workflow-Systeme erlauben das Automatisieren und Anpassen von Abläufen in Vertrieb, Marketing und Kundendienst. Wesentlich kommt es auf die Definition und Umsetzung von Prozessen an, die in der Lage sind, Vertriebs- und Marketing-Strategien gut zu unterstützen. Dazu gehört die Identifikation der besten Segmente, die Unterstützung wettbewerbsfähiger Produkte und Controlling-Funktionen, um die Kampagnen über Rückkopplung zu optimieren. All dies kann ein analytisches CRM-System heute leisten. Bei der Verzahnung mit operativen Anwendungen gilt es, gegensätzliche Anforderungen zu erkennen. So steht zum Beispiel der schnelle Zugriff auf operative Daten mit der Schaffung von Analysemöglichkeiten auf einem umfassenden und historisierten Datenbestand in Konflikt. Daher ist es zweckmäßig, bei CRM operative und analytische Anwendungen zu trennen, aber dennoch zu verknüpfen. Die Herausforderung ist, die Analysedaten aktuell zu halten und die Korrekturschleifen zeitnah zu gestalten.
Ein wichtiger Trend im analytischen CRM ist die Nutzung von Inbound-Kontakten. Hier geht es darum, Kunden nicht Broschüren und Angebote mit Werbebotschaften zu schicken, sondern die vom Kunden selbst initiierten Kontakte zu nutzen. Die betreffende Person hat dann eher das Gefühl, gut bedient zu werden, und das Unternehmen kann Informationen, die sich aus dem Kontakt ergeben, direkt für Vertriebsmaßnahmen nutzen. Systeme für diese Vorgehensweise (auch Next Best Advice genannt), erfordern eine starke Integration zwischen operativer und analytischer CRM-Software. Eine spezielle Komponente kann die Konfiguration und Anpassung der Geschäftsregeln für die Kampagnen übernehmen. Wegen der hohen Anforderungen an die Antwortzeit – die kundenspezifischen Hinweise müssen innerhalb von Sekunden zur Verfügung gestellt werden – müssen derartige Systeme mit den Größenanforderungen skalieren. Über ein Near Time Monitoring kann eine schnelle Rückmeldung und Anpassung der Kampagnen erfolgen. Entsprechende Anwendungen haben eine hohe Erfolgsquote.
Im Kommen sind auch Kampagnen, die auf Ereignisse reagieren. Hierunter versteht man das IT-gestützte Auslösen einer Verkaufs- oder Service-Aktivität, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt. Bei attraktiven Kampagnen ist die Akzeptanz des Kunden bei ereignisnaher Ansprache viel höher. Workflow-Management-Systeme mit flexibel konfigurierbaren Regeln sind der Schlüssel für derartige Lösungen. Diverse Software-Anbieter offerieren bereits Komponenten, die eine Erstellung und Anpassung von Abläufen und Regeln für derartige Kampagnen ohne Programmierung gestatten. Die Auswahl, für welche Kunden solche Kampagnen angestoßen werden, kann dabei zeitlich entkoppelt mit Hilfe einer analytischen CRM-Anwendung getroffen werden. Des Weiteren gewinnt die Verzahnung von Kunden- und Produktmanagement an Bedeutung, weil die Manager in den Unternehmen erkennen, dass auf den Kunden ausgerichtete Produkte einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Produkte können, wenn sie modular geplant werden, nach dem Baukastenprinzip entsprechend den Bedürfnissen der Kunden konfiguriert werden.
Dr. Elmar Stenzel ist Experte für CRM bei der Firma Steria Mummert Consulting.