Neue Konzepte bewegen den Markt

8. Juni 2006, 0:00 Uhr |
Die Axiom-Systeme von Pillar Data Systems vereinigen SAN und NAS unter einem Dach Foto: Pillar Data

Neue Konzepte bewegen den Markt. Während die Etablierten der Speicherbranche kräftig konsolidieren, rollen Newcomer den Sektor mit neuen Ideen auf. Daten zu speichern, wird billiger und einfacher.

Neue Konzepte bewegen den Markt

Storage ist noch immer teuer und komplex. Je mehr allerdings mittelständische Kundenschichten er­schlos­sen werden, Speichertechnik von der Kür zur Pflicht wird, weil der Gesetzgeber dies durch umfangreiche Archivierungspflichten erzwingt, desto stärker wird der Druck, sie einfacher und vor allem kostengünstiger zu gestalten. Das haben einige neue Hersteller verstanden, die nun mit veränderten Konzepten an den Markt gehen. Ihre wichtigsten Strategien sind:
? Software umsonst: Noch ist der Anwender gewohnt, zur Speicherhardware beliebig teure Lizenzen für diese oder jene Funktion zu erwerben. Doch beginnen erste Anbieter, damit zu brechen und liefern Komplettsoftware mit. Haben die Kunden sich erst einmal daran gewöhnt, werden ihnen die alten Gepflogenheiten wohl nicht mehr einleuchten.
? Modularität: Gekauft wird nur, was auch benötigt wird. Letzten Endes geht der Weg zum On-Demand-Computing, wobei das heute für die meisten Anwender noch Zukunftsmusik ist. Ein großer Fortschritt ist schon, wenn man problemlos mehrere Storage-Einheiten gemeinsam verwalten kann.
? Software statt Hardware: Warum neue vernetzbare Storage kaufen, wenn sich die vorhandenen Systeme mittels Software in die gewünschte Netzwerk-Speicherumgebung verwandeln lassen? Firmen wie die israelische Exanet oder Open-E gehen diesen Weg, aber auch die Pioniere der Storage-Virtualisierung per Software, Falconstore und Datacore, lassen sich in diese Rubrik einordnen.
Interessant ist es, sich einige Beispiele näher anzusehen. Zum Beispiel Pillar Data Systems, wo Oracle-Chef Larry Ellison viel Geld investierte. Pillar wurde 2001 gegründet und präsentierte seine Lösungen kürzlich in Deutschland.
Die Axiom-Systeme kombinieren NAS und SAN in einer Einheit und lassen sich kaskadieren, allerdings ohne dass damit ein einheitliches Management der Module verbunden wäre. Zielgruppe sind Kunden im Enterprise-Umfeld. Jedes Modul der Axiom-Systeme besteht aus drei Elementen: Storage-Controller (»Slammer«), Management-Controller (»Pilot«) und Speichereinschub (»Brick«).
Stecken in einem Kabinett NAS und SAN, sind zwei Slammer notwendig, von denen einer auf die NAS- und der andere auf die SAN-Daten zugreift. Wer die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems erhöhen will, braucht weitere Slammer ? maximal vier pro Kabinett sind möglich. Ein Kontrollmodul kann maximal 16 Bricks verwalten, was einer Kapazität von 96 TByte entspricht. Damit der Datentransport schnell vonstatten geht, hat jeder Slammer bis zu 24 GByte batteriegestützten Cache.
Die Bricks sind mit kostengünstigen SATA- oder mit FC-Platten ausgestattet. Jeder Brick enthält 12 Disks und eine Hotspare-Platte. Das System unterstützt derzeit RAID 5 und 5+1. Rebuilds finden im Brick statt und belasten den Rest des Systems nicht. Daten schreibt Axiom je nach Verfügbarkeitsklasse auf unterschiedliche Plattenbereiche: Hochverfügbare Daten (Tier 1) landen auf den äußersten Spuren der Platten, die am wenigsten wichtigen (Tier 3) ganz innen. Diese Technik ließ sich Pillar patentieren.
Verwaltet wird das gesamte Kabinett durch das Pilot-Modul. Es ist in sich redundant aufgebaut und kann bis zu 4 Slammer und 32 Bricks überwachen.
Ganz billig ist der Spaß nicht: eine Axiom-Minimalkonfiguration mit zwei Bricks, einem Slammer und einem Piloten kostet ab 70000 Euro. Die gesamte Software ist darin eingeschlossen. Der Markt hat dieses Konzept anscheinend angenommen, denn Pillar schreibt seit Oktober 2005 schwarze Zahlen. In Zentraleuropa rechnet sich Europa-Vertriebsmanager Claus Schmid, der von Bakbone kommt, gute Chancen aus. So konnte er jetzt den Storage-Distributor Tim als Partner gewinnen.

Einfachheit ist Trumpf
Equallogic, ein weiterer Newcomer, adressiert eine andere Zielgruppe: den gehobenen Mittelstand, Filialen oder Abteilungen von Großunternehmen. Die Firma mit Stammsitz in Kalifornien setzt konsequent auf iSCSI und SATA.
Alle Produkte aus der PS-Serie bestehen aus gleichartigen Modulen, den sogenannten Members. Diese haben jeweils redundant ausgelegte Controller, 1 Gbyte Cache und drei Giga­bit-Ethernet-Schnittstellen, über die sie die Kommunikation mit der Außenwelt abwickeln. In ihnen stecken 14 Laufwerke, davon zwei Hotspares, die mit den RAID-Varianten 5, 10, 50 sowie 6 arbeiten. Bis zu acht Members lassen sich in einem Rack kombinieren. Zudem gibt es ein Standalone-Modul mit nur sieben Platten und einem Hotspare, das sich für kleinere Anwendungen eignet.
Die Preise für Equallogic-Systeme beginnen bei rund 20000 Euro. Die gesamte Software liefert Equallogic dabei kostenlos mit, und zwar von Ein-Member-Systemen an. Eine Instanz der Software virtualisiert unter anderem bis zu 32 überwachte Members, die dem Anwender dann als ein einziger großer Storage-Pool erscheinen. Das sind vier Kabinette mit jeweils acht Members, entsprechend einem Gesamt-Speichervolumen von über 200 TByte. Weil jedes Member-Element einen redundanten Controller besitzt, steigt die Leistungskurve beim Hinzufügen neuer Members nahezu linear an. Allerdings setzt das eine leistungsstarke Switching-Infrastruktur voraus ? Equallogic empfiehlt Cisco-Switches.
Weiter hält sich der Hersteller einiges auf die leichte Administration und Installation zu Gute. »Die meisten unserer Kunden implementieren ihr System selbst, viele davon in weniger als einer Stunde«, sagt Jan Nordh, der den Vertrieb in Zentraleuropa verantwortet. Diese Einschätzung bestätigt Dr. Werner Dilling, Leiter zentrale Dienste beim Universitätsrechenzentrum in Tübingen, wo Equallogic bereits im Einsatz ist. »Das System ist sehr einfach zu administrieren und hat hervorragende Benchmarks«, sagt er.
Dass die Kundschaft die Lösung schätzt, beweisen stark zunehmende Marktanteile: Equallogic steht bereits auf Platz 3 im iSCSI-only-Markt. 2004 stieg der Umsatz um 400 Prozent, 2005  über 356 Prozent. 2007 steht der Börsengang auf der Agenda. Derzeit expandiert Equallogic in Deutschland. Der Vertrieb der Firma mit 170 Mitarbeitern ist konsequent indirekt strukturiert, Service kommt von NCR.
Ein weiteres Beispiel für innovative Ansätze ist Copan. Die Lösungen basieren auf der MAID (Massive Array of Idle Disks)-Technologie, einer Eigenentwicklung. MAID beruht darauf, dass Festplatten nicht ? wie üblich ? ständig in Bewegung sind, sondern nur noch dann laufen, wenn dies erforderlich ist. Für die Steuerung des An- und Abschaltens sorgt ein spezielles Betriebssystem. Es kann 25 Prozent der Platten gleichzeitig hochfahren. Durch den häufigen Stillstand verschleißen die Platten langsamer. Zudem wird weitaus weniger Strom verbraucht als bei konventionellen Lösungen. Copan bietet Varianten für File-Storage (Revolution 220A mit Gigabit-Ethernet-Schnittstellen) und Archivierung (Revolution 220 TX mit FC-Ausrüstung) an. Die Archivierung mit der TX-Variante kostet laut Copan ungefähr so viel wie ein Bandarchiv. Gleichzeitig bietet sie jedoch festplattenspezifische Vorteile wie kürzere Zu­griffszeiten, weil das Spulen entfällt.
Die Copan-Systeme bestehen aus Containern, die Festplatten enthalten, Containerbänken mit jeweils acht Containern und dem Kabinett, das maximal acht Bänke fassen kann. Pro Kabinett speichert ein System der Serie Revolution 220 28 bis 224 TByte ? wahlweise auch komprimiert und überträgt in der Archivierungs-Variante bis zu 2,75
TByte pro Stunde, wobei gleichzeitig mehrere Zugriffe über die maximal vier 2 GBit/s schnellen FC-Verbindungen erfolgen können. Auf einem solchen System lassen sich bis zu 56 virtuelle Tape-Libraries mit insgesamt 8192 virtuellen Bandkassetten unterbringen. Die wichtigsten Backup- und Archivierungslösungen werden unterstützt. Erhältlich sind die Copan-Produkte derzeit bei Securion.
Drei weitere Beispiele für Hersteller, die versuchen, mit innovativen Ideen NAS preisgünstiger zu gestalten: Onstors Produkt Bobcat verwandelt beliebige RAID-Systeme, die an das NAS-Gateway angeschlossen werden, in NAS-Speicher. Kunden können bereits vorhandene Hardware nutzen oder nach Belieben neue auswählen und so ihre Kosten optimieren. Roland Voelskow, Vice President für die Region Kontinentaleuropa, sieht für diesen Ansatz gute Chancen, da der Kunde so flexibler bleibt als bei konventioneller Technik.
Auf reine Software-NAS-Lösungen setzt zum einen die israelische Firma Exanet. Die Software Exastore lässt sich mit nahezu allen Storage-Arrays kombinieren, die das Produkt herstellerunabhängig zu einem beliebig großen NAS-Speicherraum zusammenfasst. Die Software sprengt die übliche 16-TByte-Grenze für ein einzelnes Filesystem, wofür man sonst File-Virtualisierungslösungen wie Rainfinity oder Storenext (Quantum/ADIC) benötigt. In Deutschland baut Exanet derzeit einen Channel auf, Managing Director Europa ist Ex-HDS-Mann Volker Oevermann.
 Open-E verwandelt mittels eines Speichermoduls mit präinstallierter NAS-Software ein normales RAID-Array in ein NAS-System und bietet dabei Funktionen wie Snapshot, Disaster Recovery oder Backup. Noch nicht möglich ist es damit, mehrere RAID-Arrays zusammenzufassen. Inzwischen ist auch eine Version zum Aufbau von iSCSI-Storagenetzen verfügbar.   


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