»Öffentliche Sicherheit« oder »Wer kontrolliert die Kontrolleure?«

8. September 2007, 7:25 Uhr |

»Öffentliche Sicherheit« oder »Wer kontrolliert die Kontrolleure?« Die Qualität von Spamfiltern bei E-Mail-Systemen wird in erster Linie nicht daran gemessen, wie viel elektronischen Müll sie aussondern (das ist sozusagen geschenkt), sondern daran, ob sie »gute Post« nicht versehentlich in den Mülleimer stecken.

Es kann ganz hilfreich sein, diese Maßgaben einmal probeweise auf die öffentliche Sicherheit und etwaige IT-Systeme, die dabei Hilfestellung leisten können, zu übertragen. Im Grunde geht es auch hier darum, nicht Unschuldige zu brandmarken, also keine »False Positives« zu erzeugen. Die Folgen etwaiger Fehlentscheidungen sind dabei vielleicht kostenmäßig nicht unbedingt relevant, dafür menschlich umso dramatischer. Niemand steckt es so einfach weg, wenn ihm plötzlich Leistungsmissbrauch, Steuerhinterziehung oder gar die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen werden, und das nur, weil ein automatisches Identitätsmanagement-System und seine technikhörigen Bediener irgendwelche Verknüpfungen vorgenommen haben, die auf logischen Irrtümern, einem Programmierfehler oder miserabel gepflegten Datenbanken beruhen. Mittlerweile gibt es gerade im Bereich Identitätsmanagement ausgeklügelte Programme, die Unmengen unterschiedlicher Datenbestände zusam­menführen können (siehe Beitrag Seite 34ff). Für die Bekämpfung von kleiner und großer Kriminalität sind solche Tools unerlässlich, keine Frage. Aber sie dürfen nicht absolut gesetzt werden. Die »Informationelle Selbstbestimmung« wurde vor fast 25 Jahren vom deutschen Bundesverfassungsgericht quasi durch höchstrichterlichen Spruch dem Grundrechtskatalog unserer Verfassung hinzugefügt. Das Urteil erging im Zuge des heftigen Meinungsstreits um die damalige Volkszählung. Verglichen mit der heutigen Sammelwut und den automatischen Verknüpfungspotenzialen wirkt der damalige Streitpunkt geradezu altertümlich, ebenso wie der seinerzeit allgemein akzeptierte Grundsatz, dass der »beste Datenschutz immer die Datenvermeidung ist«. Lang, lang ist’s her. Ist es aber deshalb obsolet? Ich denke nicht, denn die Grundsatzfrage lautet auch im Zeitalter der IT-technischen Errungenschaften wie seit alters her: »Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure?«

Ihr Jürgen Höfling juergen.hoefling@staatundit.de


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