Onlinehändler Digital Worldnet lässt zur Kasse bitten: Hunderte Onlineshops von Abmahnwelle betroffen

30. März 2006, 0:00 Uhr | Martin Fryba

Onlinehändler Digital Worldnet lässt zur Kasse bitten: Hunderte Onlineshops von Abmahnwelle betroffen. Der Berliner IT-Händler Digital Worldnet lässt derzeit gegen Hunderte Wettbewerber Abmahnungen wegen angeblicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verschicken. Wie immer in solchen Fällen geht es um Kleinigkeiten. Nicht so für die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei: Die könnte locker über 450.000 Euro einnehmen, falls sich die Betroffenen nicht wehren. Das tun sie aber.

Onlinehändler Digital Worldnet lässt zur Kasse bitten: Hunderte Onlineshops von Abmahnwelle betroffen

Wieder einmal rollt eine Abmahnwelle auf Online-Shops zu und dieses Mal trifft es IT-Händler. Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Rubinstein Jäger verschickt derzeit im großen Stil Abmahnschreiben wegen angeblicher Verstöße gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Konkreter Vorwurf: Die für Waren im Rahmen des Fernabsatzgesetzes geforderten Preise im Online-Shop müssen Umsatzsteuer sowie sonstige Preisbestandteile für Verbraucher aufzeigen, und zwar unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren. Das sei bei den Adressaten der Schreiben nicht der Fall, daher ist dem Fax eine Unterlassungserklärung beigefügt, und in Punkt drei sollen sich die Abgemahnten mit der Übernahme der Kosten für diese Abmahnung einverstanden erklären. Wenige Tage später flattern dem Händler die Kostennoten von Rubinstein Jäger ins Haus: satte 756,09 Euro.

Das lassen viele Online-Händler freilich nicht auf sich sitzen. »Wir haben die Angelegenheit der Rechtsabteilung unserer zuständigen IHK gemeldet. Diese leitet sie an die Hauptstelle nach Berlin weiter«, versicherte ein Geschäftsführer eines Shops gegenüber Computer Reseller News. Nach unseren Recherchen könnten 500 bis 600 Händler von der aktuellen Abmahnwelle betroffen sein, im besten Fall also könnten Kostennoten im Gesamtwert von über 450.000 Euro verschickt sein. Unglücklicherweise hatte die Rechtsanwaltskanzlei offensichtlich die Zählnummer ihres Faxgeräts nicht deaktiviert. Alles deutet auf einen Massenversand hin, und das wiederum ist erneut unglücklich für den Betreiber der Abmahnungen, die Berliner Digital Worldnet und seines Erfüllungsgehilfen Rubinstein Jäger. Denn einige Händler haben bereits Strafanzeige gegen Digital Worldnet, Geschäftsführer Ralf Haimerl, sowie gegen die Rechtsanwaltskanzlei Rubinstein Jäger gestellt.

Geprügelte Hunde

Ein Einzelfall ist die aktuelle Abmahnwelle beileibe nicht. Im Zuge unserer Berichterstattung teilte uns ein Online-Händler aus dem Sauerland mit, dass er jüngst auf Betreiben des Wilhelmshavener Wettbewerbers Mindfactory ebenfalls ein Abmahnschreiben erhalten hat. Der Vorwurf ist exakt derselbe, mit dem die Kanzlei Rubinstein Jäger die Online-Händlerschaft überzieht.

Immer wieder müssen sich Firmen mit diesem einmaligen deutschen (Recht)-Unwesen auseinandersetzen. »Dog Law« nennt Maximilian Herberger das Instrument der Abmahnung. »Wie einem Hund vermittelt man das Wissen um ein Fehlverhalten hinterher durch Prügel«, zieht der Vorsitzende des Deutschen EDV-Gerichtstags und Lehrstuhlinhaber für Rechtsinformatik an der Universität des Saarlandes einen treffenden Vergleich. Betroffene haben sich bereits seit 2001 zum Verein Forschungsstelle Abmahnwelle (www.abmahnwelle.de) zusammengeschlossen. Juristische Laien, die nicht länger hinnehmen wollen, dass »über jedem ein Damoklesschwert lauert, der da unbedarft und arglos ein Geschäftchen im Internet aufbauen will«. Die Tücken und Fallstricke, die zahlreiche Gesetze in sich bergen, treffen insbesondere gewerbsmäßige Online-Shops. In 88 Prozent der vom Verein Abmahnwelle untersuchten Fälle sind sie betroffen, wogegen lediglich neun Prozent der Abmahnungen auf Zeitungswerbung entfallen.

(Siehe auch den Artikel »Was tun bei Abmahnungen?« in der Rubrik Unternehmen, ebenfalls in der Ausgabe 13/2006).


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